Meschede. Trotz Hausverbots stieg ein 20-Jähriger in Meschede in die RB17. Mit schwerwiegenden Folgen - ein Fall für das Amtsgericht.

Dass man sich in Meschede immer zweimal sieht, wurde einem 20-Jährigen zum Verhängnis. Vor Gericht gab es nämlich nun ein unerfreuliches Wiedersehen mit einer Zugbegleiterin, die er schon wiederholt beleidigt hatte, und mit einer Jugendrichterin, die ihn im Dezember wegen Körperverletzung verurteilt hatte. Der Ausdruck „arabisches Spucken“ und ein Hitler-Vergleich waren ebenfalls Gegenstand der Verhandlung.

Beförderungsverbot der Bahn

Der aktuelle Fall: Am 30. Juni 2019 soll der 20-Jährige die Zugbegleiterin bespuckt und beschimpft haben. Außerdem hatte er gegen das Beförderungsverbot der Bahn verstoßen, und damit Hausfriedensbruch begangen. Das Unternehmen hatte ihm bis 2020 untersagt, die Züge der Bahn zu nutzen. Die Zugbegleiterin hatte ihn an Bord sofort erkannt, weil das Verbot wegen eines Angriffs auf sie ausgesprochen wurde.

Im Dezember 2018 wurde der junge Arbeitslose nämlich zu einer Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro verurteilt, weil er eben diese Zugbegleiterin körperlich misshandelt und bedroht hatte. Damals eskalierte der Streit um eine gefälschte Fahrkarte. Gleichzeitig hatte er von der Frau mehr „Respekt“ gefordert. Dem Afghanen, der 2016 allein nach Deutschland geflohen war, wurde während der Verhandlung ein “machohaftes Verhalten“ attestiert. Ein Verhalten, das er auch im aktuellen Prozess an den Tag legte. Seine erste Handlung war nämlich, einen anderen Richter zu fordern, weil er von Jugendrichterin Mareike Vogt nichts halte. Sie hatte im Dezember das Urteil gefällt.

Zweijähriges Nutzungsverbot

Die DB Regio machte nach dem vergangenen Prozess von ihrem Hausrecht Gebrauch und sprach ein zweijähriges Nutzungsverbot aus – zugestellt per Brief. Der laut Angeklagtem jedoch nie angekommen war.

Blick auf das Amtsgericht in Meschede: Hier wurde der Fall verhandelt.
Blick auf das Amtsgericht in Meschede: Hier wurde der Fall verhandelt. © Unbekannt | Jürgen Kortmann


Im Juni 2019 hatte die Schaffnerin dem Angeklagten mehrfach gesagt, dass er die Züge nicht betreten dürfe. Zweimal habe sie ihn weiterfahren lassen. „Aus Angst“ vor ihm, wie sie sagt. Denn nach dem letzten Angriff war sie mehrere Wochen krankgeschrieben, sie plagten Angstzuständen und Albträume. Auf einer Fahrt von Meschede nach Freienohl setzte sie jedoch das Fahrverbot durch und beförderte den 20-Jährigen vor die Tür.

Er trat gegen die Tür, beschimpfte sie und „spuckte ohne Spucke“. Die Frau nannte diese Handlung „arabisches Spucken“ und empfand es „ehrverletzend, beleidigend und ekelhaft“. An die Schimpfwörter konnte sie sich nicht erinnern. „Das erlebe ich ja täglich. Die genauen Worte weiß ich nicht mehr.“

Auf den Begriff „arabisches Spucken“ sagte der Angeklagte: „Das haben wir von Hitler.“ Das war der Moment, in dem Richterin Vogt sehr laut wurde. Zuvor hatte sie den 20-Jährigen schon mehrfach zur Ordnung gerufen, weil er ungefragt gesprochen und wiederholt seine Kappe aufgesetzt hatte. Von „Anpassungsschwierigkeiten“ war auch im Bericht des Jugendamtes die Rede.

Gruppenleiter als Fürsprecher

Als Fürsprecher hatte der Angeklagte einen Gruppenleiter eines Jugendtreffs dabei. Dem Mann hatte sich der 20-Jährige nach dem Zwischenfall mit der Zugbegleiterin im Juni anvertraut. „Wir möchten unsere Jugendliche für den Rechtsstaat begeistern, aber hier sei ein Gefühl von Willkür aufgekommen“, schildert er. Harte Strafen trügen dazu bei, „das Ankommen“ zu erschweren. Er habe dem 20-Jährigen gesagt, dass so ein Verhalten „Mist“ und dass eine Entschuldigung fällig sei. Davon war allerdings im Gerichtssaal keine Rede. Im Gegenteil: Er bezeichnete die Frau als Lügnerin und sagte, dass in ihrem Kopf etwas „kaputt“ sei.

Da der Flüchtling 20 Jahre alt ist, ist das Jugendamt nicht mehr zuständig. Zudem so berichtet ein Mitarbeiter des Kreises, fehle der Wille zur Kooperation, er war unter anderem aus einer Wohngruppe geflogen und nicht zu vereinbarten Terminen erschienen. Vereinbart wurde jedoch, dass der junge Mann zu einer offenen Beratungsstunde kommt, um über die Möglichkeit eines gesetzlichen Betreuers zu sprechen. „Denn so kann es nicht weitergehen. Am besten sie fangen eine Ausbildung an“, so Richterin Vogt.

Das Urteil

Das Jugendgericht verurteilte den 20-Jährigen wegen Hausfriedensbruchs und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 800 Euro. Die vorherige Strafe in Höhe von 1200 Euro stottert er noch ab. Er lebt von 350 Euro Sozialleistungen.

118 Übergriffe auf Bahnmitarbeiter gab es übrigens allein im Jahr 2018 auf den Linien durchs Sauerland.