Meschede. Was erleben Elektriker im 24-Stunden-Notdienst? Thomas Kramer von Elektro Kramer in Meschede erzählt. Das ist seine Top-10-Liste.

„Hat jemand zufällig ein Backofenkabel über? Dringend!“, mit diesem Facebook-Hilferuf an einem Feiertag, rief eine Meschederin den Notdienst von Elektro Kramer auf den Plan. Zwar wurde der Frau schlussendlich in der Nachbarschaft geholfen, aber uns stellte sich die Frage: Was erlebt man im Notdienst als Elektriker? Thomas Kramer (57), Geschäftsführer der Anton und Hans Kramer GmbH in Meschede, gewährt einen kleinen Einblick. Dies ist seine Liste der ungewöhnlichsten Einsätze:

1. Die Hochzeitsnacht

März 1988. Thomas Kramer hatte gerade seine Anzugshose abgelegt und wollte sich nach der Feier ins Bett legen. Da klingelte der städtische Betriebshof an seiner Tür. Handys gab es noch nicht. „Wir brauchen Deine Hilfe, unsere Pumpen in Laer saufen ab.“ Gemeint war die damalige Pumpstation zwischen Ruhrbrücke und Kreisverkehr (Enste) am Ufer, damals im Eigentum der Stadt. Die Ruhr führte Hochwasser, die Pumpen streikten bei den Wassermassen und mussten abwechselnd überbrückt werden, bis der Druck nachließ. Der Einsatz dauerte bis zum Morgengrauen. Thomas Kramer: „Das war meine Hochzeitsnacht.“

2. Die Spülmaschine

Ein heißer Sommertag vor zehn Jahren. In der Eisdiele Venezia brummte der Bär. Doch plötzlich streikte die Spülmaschine. Eine Katastrophe im laufenden Geschäft. „Wir haben es hinbekommen, die Maschine wieder ans Laufen zu kriegen“, erzählt Thomas Kramer. Dies sei im Notdienst allerdings die Ausnahme, da bei weißer Ware meist ermüdete Einzelteile als Fehlerquelle ausgemacht werden, die bestellt werden müssen. Gleiches gilt zum Beispiel bei Gefrierschränken. „Wir bieten dann zur Überbrückung Leihgeräte an oder der Kunde kann sein Gefriergut bei uns einfrieren.“

3. Das Weihnachtsfest I

Am ersten Weihnachtstag klingelte morgens um 6 Uhr das Telefon bei Kramers zu Hause. „Herr Kramer, meine Wohnung ist schrecklich kalt“, bibberte ein älterer Herr. Der Nachtspeicherofen (strombetrieben) blieb kühl. Kramer reparierte das alte Öfchen, doch am Zweiten Weihnachtstag klingelte das Telefon erneut. Wieder um 6 Uhr. An der Strippe war der ältere Herr mit dem Nachtspeicherofen: „Herr Kramer, ich möchte mich nur bedanken. Die Wohnung ist wieder schön warm.“ Herr Kramer bedankte sich auch für den zweiten Tag in Folge, der für ihn um 6 Uhr begann.

4. Das W-Lan

In einem Sechs-Familien-Haus war es zu einem Defekt am Unitymedia-Schaltkasten gekommen. Im Flur standen bereits sechs Bewohner mit ihren Handys in den Händen, die sich darüber beklagten, dass das Internet nicht funktionierte. Das war der Moment als Thomas Kramer feststellte: Früher war das Schlimmste, wenn der Fernseher nicht mehr lief. Heute ist es eher das W-Lan.

5. Die Feuerwehr

Früher wurde Elektro Kramer auch zu Brandeinsätzen der Feuerwehr gerufen, um aus Sicherheitsgründen die Hauptsicherung abzudrehen. Heute geschieht dies direkt über den Netzbetreiber Westnetz.

6. Die Fernbedienung

Ein verzweifeltes „Ömeken“ meldet sich an Heiligabend am Telefon, sie könne ihren Fernseher nicht mehr einschalten. Ihr war die Fernbedienung runtergefallen, nun tat sie es nicht mehr. Thomas Kramer half via Fernsprecherdiagnose: Die Batterien waren rausgefallen und er erklärte ihr, was nun zu tun war. „Ich wäre aber auch hingefahren, die Dame tat mir so leid.“

7. Das Gewitter

Strom weg oder Gerät defekt – in diesen Fällen rückt der Notdienst am häufigsten aus. Die Elektriker kümmern sich dann um eine pragmatische Lösung vor Ort. Viele Einsätze gibt es nach heftigen Gewittern. „Davon blieben wir in den vergangenen drei Jahren aber glücklicherweise verschont“, so Kramer.

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Meistens sind es derzeit Defekte, die durch Überspannung ausgelöst werden. So können gleich eine Reihe Geräte Schaden nehmen, da heutzutage die meisten über eine Elektronik verfügen. In einem aktuellen Fall waren gleich Router, Heizungsanlage und Kabel-TV-Verstärker beschädigt. „Ein Fall für die Versicherung“, so Kramer.

8. Das Weihnachtsfest II

Der Schutzschalter war schon Tage zuvor häufiger rausgeflogen, aber ausgerechnet an Weihnachten schmorte der Zählerkasten durch und legte die Stromversorgung im Mehrfamilienhaus einer auswärtigen Genossenschaft lahm. Die Genossenschaft war eigentlich kein Kramer-Kunde, „aber da lebten auch viele kleine Kinder im Haus. Da haben wir natürlich geholfen“, erinnert sich Kramer. Der Elektromeister sorgte dafür, dass die Lichtlein am Tannenbaum wieder brannten. Wenige Wochen später beauftragte ihn die Genossenschaft für die Elektro-Installationen in zwei Wohnhäuser. „Das war anständig“, sagt Kramer.

9. Die Hochzeit

Einen privaten Notdienst leistete Thomas Kramer als Gast auf einer Hochzeit. Der Caterer baute das Essen auf, steckte die Büffetwärmer ein und es gab einen lauten Knall: Alles lag im Dunkeln. Mit Bauleuchten und Doppelsteckern zauberte der Elektrofachmann eine stimmungsvolle Festbeleuchtung. „Und die Feier war wirklich gelungen.“

10. Die Renovierung

Über Ostern hatte das Ehepaar im Haus geschuftet und aufwändig die Räume tapeziert. Es roch sogar noch nach Kleister. Dann kam ein heftiges Gewitter: Stromausfall. „Um das fehlerhafte Kabel zu finden, mussten wir einige Wände aufstemmen. Die Begeisterung hielt sich schwer in Grenzen.“ Letztlich war es das Kabel, das von der Wandverteilung zum Fernseher führte. „Ich bot an, eine Überbrückung einzurichten“, erzählt Thomas Kramer. Aber die Eigentümerin lehnte ab. Der Fernseher blieb über Ostern aus und die Spiele wurden rausgeholt. „Die Reaktion fand ich stark“, so Kramer.

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Der Notdienst bei Elektro Kramer ist auf die Schultern der gesamten Monteure verteilt. Insgesamt arbeiten mehr als 30 Mens chen in dem Betrieb „Am Kreishaus“. Sie wechseln sich ab.

Das Geschäft von Elektro Kramer am Kreishaus in Meschede.
Das Geschäft von Elektro Kramer am Kreishaus in Meschede. © Archiv

Etwa 80 bis 100 Einsätze fahren die Elektriker im Jahr. Früher stemmte Thomas Kramer jahrelang den Notdienst an Wochenenden und Feiertagen ganz allein, die Anrufe der Kunden landeten via Standleitung bei ihm zu Hause. Heute werden die Anrufe auf das Diensthandy des jeweils diensthabenden Mitarbeiters weitergeleitet.

Für den Notdiensteinsatz wird eine Pauschale von 20 bis max. 40 Euro berechnet (je nach Aufwand und Zeitpunkt); hinzu kommt dann der reguläre Stundenlohn. „Viele Kunden fürchten Preise wie beim Schlüsseldienst. Das ist bei uns natürlich nicht so, wir sehen das eher als Service“, erklärt Geschäftsführer Thomas Kramer.

Elektro Kramer nutzt Känale wie Facebook intensiv, um nach eigenen Angaben Kunden zu gewinnen, aber auch um künftige Lehrlinge für zu begeistern. „Das hat in diesem Jahr gut geklappt“, so Kramer. Im August begannen drei junge Menschen ihre Ausbildung.