Meschede. Es hat einmal viele Kneipen in Meschede gegeben - so wie den „Ratskeller“ am Rathaus, aus dem dann das „Niveau“ wurde. Die Räume gibt es noch.

Die Stadtväter im Mescheder Rathaus waren praktisch veranlagt: Sie nutzten den Raum nebenan im Gebäude sowohl über als auch unter der Stadtbücherei aus – oben darüber liegt bis heute der Sitzungssaal für den Stadtrat und seine Fachausschüsse, in dem Fragen der Kommunalpolitik diskutiert werden. Und ganz unten lag buchstäblich der „Ratskeller“: Nach hitzigen Debatten konnten sich die Politiker dort beim Pils in der Kneipe wieder vertragen. Dieses Kapitel ist allerdings längst Geschichte – eines der Kapitel in der Geschichte der vielen Kneipen, die es einst gab in Meschede.

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Früher gab es im Rathaus nicht nur Personalausweise und Abfallkalender. Es gab auch Bier und Musik. Die Stadt Meschede trat selbst als Verpächter auf. Unter der heutigen Stadtbücherei befand sich lange Zeit der „Ratskeller“, es war ein beliebtes Restaurant. Später eröffnete dort das „Niveau“, eine Mischung aus Kneipe und Diskothek. Die Nächte dort waren lang. Seit Sommer 1989 gehören sie der Vergangenheit an.

Gehobene Unterhaltung

Wer aufmerksam hinter der Stadtbücherei schaut, der wundert sich vielleicht über die markante Treppe, die hinunter führt. Dort unten war der Eingang zum „Ratskeller“ bzw. zum „Niveau“. In der Eingangstür ist bis heute das Guckloch erhalten. Das „Niveau“ verstand sich so, wie es klang, es sollte gehobene Abend- und Nacht-Unterhaltung in etwas stilvollerer Atmosphäre geboten werden.

Nur der Fußboden und Abdrücke, wo sich einst Theke und Tanzfläche befanden, erinnern noch an die Kneipen-Vergangenheit. Heute lagert die Stadtverwaltung hier ihre Akten ein.
Nur der Fußboden und Abdrücke, wo sich einst Theke und Tanzfläche befanden, erinnern noch an die Kneipen-Vergangenheit. Heute lagert die Stadtverwaltung hier ihre Akten ein. © Jürgen Kortmann

Die Besucher kamen erst zu späterer Stunde, vorher waren sie in den Kneipen unterwegs. Das „Niveau“ hatte eine große Fläche - es war quasi der Gegenentwurf zum „Keller“, der kleinen Diskothek in der Briloner Straße. Auch das Publikum war tendenziell älter. Das Licht war gedimmt, unter der Decke kreisten Discokugeln. An einer Stelle gab es eine runde Tanzfläche. Und drumherum waren Stühle und Tische aufgebaut. Erlaubt war - anders als in klassischen Kneipen - die Öffnung bis in die frühen Morgenstunden, weil das Lokal eher als Disco eingestuft war. Entsprechend kennen viele noch die ein oder andere Anekdote zum „Niveau“ - und sei es, dass Gäste mal versehentlich auf der Toilette eingeschlafen und beinahe eingeschlossen worden waren...

Davor muss man heute keine Sorgen haben. Glamour strahlt das ehemalige „Niveau“ nicht mehr aus. Die Stadtverwaltung hat stattdessen eine ganz pragmatische Lösung für die leerstehende Kneipe gefunden: Als Aktenkeller. Aktenmeter um Aktenmeter stehen in Regalen. „Hier wird das aufbewahrt, wofür in unseren Büros kein Platz ist“, sagt Kämmerer Jürgen Bartholme. Kaum etwas erinnert noch an die Kneipenvergangenheit. Man muss schon genau hinschauen, dann sieht man am Boden und in der Decke noch Spuren, wo einst die Theke und die Tanzfläche waren. Und am Rand sind Wände im Küchenbereich noch gefliest – auch dort lagern überall Akten.

>>>HINTERGRUND<<<

Der Aktenkeller ist für die Stadtverwaltung noch die Vorstufe fürs Stadtarchiv: Hier lagert alles, was quasi noch zu jung ist, um ins Archiv aufgenommen zu werden.

Die gesetzliche Aufbewahrungsfrist für Unterlagen der Stadtverwaltung ist unterschiedlich – ab zehn Jahren bis hin zu unendlich, etwa bei den Jahresabschlüssen der Haushalte.

Das Innere der ehemaligen Kneipe ist dafür komplett zurückgebaut worden. „Das ist nie mehr zu verpachten“, sagt Kämmerer Bartholme. Tageslicht zum Beispiel gibt es gar nicht.