Ebbinghof. Schmallenbergerin Daniela Tigges packte den Notfall-Koffer für ihr Hotel und fuhr einfach mit ihren Töchtern los. „Jeder kann das“, sagt sie
Urlaub? Der wird bei Selbstständigen in der Regel abgezwackt. Nur wenige Tage sind im Jahr möglich. Daniela Tigges aber hat es einfach gemacht. Sie hat sich und ihren zwei Töchtern Henrike (10) und Theresa (4) eine Auszeit ermöglicht. Drei Monate vom 30. März bis zum 26. Juni reiste die Unternehmerin mit Auto, Zelt und Dachbox durch Südeuropa. Ein Gewinn für alle, ist sie überzeugt – für die Kinder, für die Mutter, das Unternehmen und das Team.
Wie ist die Idee entstanden?
Daniela Tigges: Ich hatte schon lange die Sehnsucht, eine intensivere Zeit mit den Kindern zu erleben. Als dann Henrikes Lehrerin sagte, dass für meine Tochter eine zusätzliche Herausforderung gut wäre, habe ich mich getraut, auch mit der Direktorin über eine „Unternehmerische Auszeit“ zu sprechen. Denn dass diese
Pause auch fürs Unternehmen gut sein würde, davon war ich überzeugt.
Das Team wird selbstständiger und ich erkenne, was wirklich meine Aufgaben als Unternehmerin sind, ohne mich im Alltäglichen aufzureiben.
Als das Ok der Schule kam, habe ich mich mit meiner großen Tochter vor den Weltatlas gesetzt und überlegt, wo es hingehen sollte. Dabei habe ich darauf geachtet, nicht zu viel zu planen.
Und der Betrieb?
Ein Coach hat mir geholfen, die Abläufe noch mal genau durchzustrukturieren und sie dann einzelnen Mitarbeitern zuzuordnen. Ich wollte ja möglichst überflüssig werden.
Also gab es für jeden Aufgabenbereich einen Zuständigen plus Stellvertreter - und die hatten wiederum einen Telefon-Joker, über den man auch mich hätte erreichen können.
Im Grunde habe ich den Notfallkoffer erstellt, der sowieso von jedem Unternehmer erwartet wird, für den Fall, dass er mal ausfällt.
Das hat geklappt?
(lacht) Ich bin genau einmal angerufen worden. Und ich bin sehr dankbar dafür. Denn ich weiß, dass mein Team dafür oft harte Arbeit geleistet hat.
Wohin und wie sind Sie gereist?
Nur mit dem Auto, einer Dachbox und Zelt. Die ersten Stationen waren klar und dann haben wir uns auch ein wenig treiben lassen. Wir haben natürlich auch mal bei Kollegen übernachtet, aber auch in der WG von Freilerner-Familien, die gegen Mitarbeit Kost und Logis anbieten.
Wir waren in Österreich, in der Schweiz, haben St. Tropez, Venedig und Pisa gesehen und Wale im Meer bei Spanien gesucht (leider war es eine Nullfahrt, dank Mikroplastik & Co...).
Zum Schluss waren wir noch auf der Schweibenalp: ein Seminarzentrum, das als Stiftung die fünf Weltreligionen vereint und nachhaltige Landwirtschaft mit Permakultur betreibt. Das war sehr beeindruckend.
Ein Kinder- oder ein Erwachsenen-Urlaub?
Das war erstaunlich entspannt für beide Seiten. Natürlich hätte ich jetzt nicht stundenlang ein Museum besucht. Und wenn ich mir eine Innenstadt ansehen wollte, habe ich den Mädchen ein Eis versprochen und bin auf dem Weg zickzack durch die Stadt gelaufen. Aber wir haben viele andere Familien getroffen und das hat ihnen gut gefallen.
Ganz toll war auch, dass Henrikes Klasse unsere Reise auf einer Europa-Karte verfolgt hat und für jede Postkarte gab es dort eine Markierungsnadel.
Drei Monate Freiheit. Und was sagen Sie im Rückblick?
Ich bin heilfroh, dass ich es gemacht habe. Viele wünschen sich das ja, aber dann findet man immer wieder Ausreden, warum es gerade jetzt nicht passt. Dabei kann es, wie man an mir sieht - als alleinerziehende Mutter und Unternehmerin - wirklich fast jeder machen. Auch das Geld dürfte keine Rolle spielen. Uns drei hat jeder Tag 33 Euro mehr gekostet als wären wir daheim geblieben - inklusive Maut, Sprit, Unterkunft und Verpflegung. Und es geht noch günstiger. Ich möchte mit meinen Erfahrungen gern allen Mut machen, es zu versuchen. Es stellt sich doch nur eine wichtige Frage: Mache ich es in diesem Leben oder in einem anderen?
>>>> HINTERGRUND: Steckbrief
Daniela Tigges ist 40 Jahre alt, alleinstehend und hat zwei Töchter, vier und zehn Jahre alt.
Die gelernte Hotelfachfrau und Hotelbetriebswirtin leitet seit 2009 das Familotel Ebbinghof mit 70 Mitarbeitern.
Ihre Hobbys sind Lesen und Wandern. Außerdem hat sie mit einer Freundin den spirituellen Kreis Sauerland gegründet. Ein Zusammenschluss von Sauerländern, die auf den unterschiedlichsten Gebieten, ob bei der Ernährung, Körperwahrnehmung oder Naturbetrachtung über den Tellerrand hinausblicken
wollen.
Über ihre Erfahrungen mit der Auszeit schreibt sie ein Buch und bietet Vorträge an.