Meschede. Dr. Gabriel saniert Heimtieren das Gebiss. Die Patienten kommen von weit her. Vorsorge ist die beste Medizin: Hier die Tipps für Tierfreunde.
Tierarzt Dr. Stefan Gabriel (63) saniert Katzen und Hunden täglich das Gebiss. In der Aufwachstation erholen sich gerade zwei Kaninchen aus Frankfurt von der Narkose. Die tierischen Patienten kommen auch aus der weiteren Umgebung, weil Gabriel einer der wenigen Tierärzte ist, die sich auf Zahnheilkunde spezialisiert haben.
Im vergangenen Jahr waren es mehrere hundert Operationen in seiner Mescheder Praxis. Darunter besonders viele Kaninchen und Meerschweinchen, aber auch Hunde und Katzen. Denn jede Tierart kommt mit eigenen Zahnproblemen. Ein Überblick.
Hunde
„Ein alter Hund müffelt aus dem Maul. Ich dachte, das sei normal“, sagen die Halter oft, wenn sie zu Dr.
Gabriel in die Praxis kommen. „Nein, ist es nicht“, antwortet er dann entschieden. Die Zähne eines Hundes, egal wie alt, sollten ohne bräunliche Ablagerungen sein, das Zahnfleisch rosig. „Da Hunde heute oft nicht mehr richtig kauen und an Knochen nagen, werden die Zähne meistens nicht mehr genügend benutzt. Parodontitis entsteht“, erklärt Gabriel. Das Zahnfleisch entzündet sich, Bakterien lösen Zähne auf, greifen den Knochen an, wandern ins Blut und von dort ins Herz und andere Organe.
Oft chronische Entzündung im Gebiss
„Oft leiden Hunde so unter einer permanenten Blutvergiftung“, so Gabriel. Wird der Hund aus unklaren Gründen schwächer, liege das oft an einer chronischen Entzündung im Gebiss.
Weg mit dem weichen Futter
Was können Halter also tun? „Den Hund kauen lassen! Weg mit dem weichen Futter! Und Zähneputzen – so albern das für manchen klingen mag.“ Der wichtigste Tipp lautet jedoch: „Schauen Sie Ihrem Hund regelmäßig ins Maul.“
Sind die Zähne nicht mehr zu retten, werden sie gezogen, das befallene Gewebe entfernt. „Jedem Hund geht es nach einer Zahnsanierung besser. Er ist fitter“, so Gabriel. Die OP erfolgt unter Narkose, die Kosten sind dreistellig. Ersatzzähne gibt es nur für Arbeitshunde wie bei der Polizei. „Die brauchen ihre Zähne zum Beißen.“
Interessanter Fakt: „Drogenspürhunde haben stets perfekt-gepflegte Gebisse. Denn eine Zahnfleischentzündung trübt den Geruchssinn.“
Katzen
Katzen lassen sich ungern ins Maul schauen, deshalb fallen Zahnprobleme oft spät auf; zum Beispiel erst, wenn die Katze tagelang schlecht gefressen hat. Die Tiere leiden oft unter einer fortschreitenden Zahnerkrankung – mit dem Namen FORL. „Die Ursache ist noch unbekannt.“
Das Katzengebiss reinige sich nicht – wie beim Hund – durchs Kauen. „Katzen schlingen“, so Gabriel. „Eine Maus ist daher die beste Zahnbürste.“ Ansonsten helfe es nur, wenn der Tierarzt regelmäßig nachschaue. Gegebenenfalls muss dann die Zahnsanierung in Narkose erfolgen.
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Kaninchen und Meerschweinchen
„Falsches Futter!“ Das ist laut Gabriel die häufigste Ursache für Zahnprobleme bei Kleinsäugern und Nagern. Die Zähne eines Kaninchens wachsen nämlich immer weiter, 2 bis 3 Millimeter pro Woche. Im Vergleich: Beim Pferd sind es 2 bis 3 Millimeter im Jahr.
„Kaninchen hobeln ihre Zähne ab, aber nur bei geeignetem Futter. Wer seinem Kaninchen oder Meerschweinchen allerdings Drops, Pellets und Körner gibt, tötet es auf lange Sicht. Es kann am Ende verhungern, weil die Zähne zu lang werden und sie irgendwann nicht mehr kauen können.“ Von Außen ist das fast nicht zu bemerken, weil nur die vorderen Schneidezähne sichtbar sind.
Heu, Gras, Löwenzahnblätter für Kaninchen – keine Drops oder Knabberstangen
„Vorsorge ist daher der beste Tipp. Geben Sie Ihren Kaninchen Blattfutter. Heu, Gras, Löwenzahnblätter.“ Halter sollten sich von dem Gedanken verabschieden, ihrem Tier etwas Gutes tun zu wollen, um ihm dann Zuckerdrops aus der Zoohandlung zu kaufen. „Meerschweinchen kommen mit dem kargsten Steppengras aus. Seit 35 Millionen Jahren.“ Zur Anschauung hat er die „Kiste des Grauens“ angelegt, gefüllt mit allerlei Leckerlis, die der Handel zu bieten hat. „Bitte kaufen Sie das nicht. Und sagen Sie es auch Ihren Kindern.“
Zahn-Korrektur rettet Kaninchen das Leben
Mit einer Zahn-Korrektur können die Tiere gerettet und die Lebensbedingungen verbessert werden. Die Zähne werden unter Narkose abgeschliffen. „Viele
schrecken davor zurück, aber es ist der einzige Weg - die Alternative wäre langsames Verhungern des Tieres.“ Zu jeder Operation gehört auch immer ein Stück Aufklärung, denn „Vorsorge ist der beste Schutz. Es geht hier auch nicht um Schuld, viele wissen es einfach nicht besser. Zumal der Handel es den Haltern auch schwer macht. Tiernahrung ist ein Riesengeschäft. Gehen Sie in einen Discounter Ihrer Wahl: Das Regal mit der Tiernahrung ist länger als das für Babybrei.“
Weitere Infos:
- Dr. Stefan Gabriel (63) arbeitet seit 1984 in Meschede als Tierarzt. Er kommt aus Bielefeld, seine Frau ist Esloherin.
- In diesem Jahr legte Gabriel die Prüfung zum „Fachtierarzt für Heimtiere“ ab. Er darf nun auch Tierärzte weiterbilden. Ihm sei das sehr wichtig gewesen, denn so könne er seine angestellte Tierärztin Nora Papenheim auch zur Fachtierärztin weiterbilden. Die Olsbergerin soll – so der Plan – die Praxis weiterführen, wenn Gabriel mal in Ruhestand geht.
- Assistentin TÄ Nora Papenheim absolvierte ihre Ausbildung als Tierarzthelferin in der Praxis und studierte später Tiermedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.
- Zur Behandlung von Kleintieren hat Gabriel spezielle dentalmedizinische Instrumente entwickelt, mit denen er Kollegen in ganz Europa beliefert. „Mein Vater war Feinmechaniker, das liegt also in der Familie.“
- Dr. Gabriel hält bundesweit Fachvorträge und Seminare und hat auch ein Lehrbuch für Kollegen geschrieben. Denn: „Zahnmedizin ist nicht Gegenstand des Tiermedizin-Studiums, es ist auch ein Handwerk, das man erlernen muss“