Velmede. Die Wespen machen den Eisdielen das Leben schwer. Das Eiscafé SchokoVanille in Velmede hat jetzt erste Konsequenzen gezogen.

Eisessen im Freien wird aktuell zu einer Zerreißprobe für die Nerven: Wespen vermiesen beim Löffeln nicht nur den Genuss, sondern manch einem auch die gute Laune. Das Eiscafé SchokoVanille in Velmede hat jetzt erste Konsequenzen gezogen und verkauft aktuell keine Amarena-Becher mehr. Die Kirschen darauf wirken wie ein Magnet auf die schwarz-gelben Plagegeister.

„So schlimm wie in diesem Jahr war es wirklich noch nie“, sagt Steffi Hartmann vom Eisdielen-Team. In der vergangenen Woche musste eine Mitarbeiterin nach einem Wespenstich wegen einer allergischen Reaktion sogar mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden. „Spaß macht das hinter Theke im Moment nicht wirklich“, sagt Steffi Hartmann. Auch sie ist allergisch. Und auch sie ist schon gestochen worden - hatte aber immerhin ihre Tabletten schnell zur Hand.

Hinweis an alle Eltern

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Schon in der vergangenen Woche hatte das Eisdielen-Team seine Kunden auf der Facebook-Seite gewarnt: „Bitte denkt daran, bevor ihr uns besuchen kommt, wir haben Wespen.“ Und hinterhergeschoben: „Es ist uns leider noch nicht gelungen, sie zu dressieren oder sie gar zu einem Umzug zu bewegen.“ Zuletzt ging das Team sogar noch einen Schritt weiter: „Wir möchten unseren Kunden mit Kindern ans Herz legen, genau darüber nachzudenken, Eis essen zu gehen.“ Die Lage habe sich eher verschlimmert als verbessert.

„Das haben wir ja nicht aus Spaß geschrieben und uns sehr wohl überlegt“, sagt Steffi Hartmann im Gespräch mit unserer Zeitung. Kurz habe man wegen der Wespen-Plage sogar angedacht, komplett zu schließen. Inzwischen aber hat die Eisdiele ein Mittel gefunden, um das Problem wenigstens halbwegs in den Griff zu bekommen: Das Team hat auf dem Boden kleine Eisbecher mit süßen Sachen aufgestellt, auf die sich die Wespen stürzen dürfen. In der Theorie klappt das eigentlich ganz gut. Und in der Praxis eigentlich auch - zumindest so lange bis Gäste die kleinen Becher entsorgen, weil sie sie für Müll halten.

Höhepunkt noch nicht erreicht

Wolfgang Jenke als Wespenbeauftragter des Hochsauerlandkreises kann die aktuell von vielen Menschen als schlimm empfundene Situation nur bestätigen. Hoffnung auf eine baldige Besserung kann er leider nicht machen. Ganz im Gegenteil: „Wir haben den Höhepunkt noch nicht erreicht. Die Völker wachsen weiter“, sagt er. Bis Ende Oktober, Anfang November müsse man damit rechnen, beim Essen im Freien von Wespen belästigt zu werden - wenn auch nicht immer so schlimm wie im Moment.

Die kleinen Becher mit den Alternativen auf dem Boden der Eisdiele hält Jenke tatsächlich für die beste Lösung. Alles andere helfe nicht wirklich. Erst kürzlich hatte der Experte für einen Fernsehsender zahlreiche der angebotenen Mittel ausprobiert, die gegen die Plagegeister helfen sollen - vom Räucherstäbchen, über Sprays bis zum UV-Licht. Ergebnis: Das Geld dafür könne man sich sparen. Der Erfolg sei durchweg mäßig bis schlecht gewesen. „Vielleicht wirken diese Mittelchen auf Menschen beruhigend, aber die meisten Wespen stören sich daran nicht“, sagt Jenke.

10.000 bis 15.000 Tiere pro Nest

Aber warum stürzen sich die Wespen gerade im Moment auf die gedeckten Tische? „Sie brauchen zum Wachsen Kohlenhydrate“, erklärt Jenke. Weil es aktuell kaum Blüten und auch wenig reifes Obst gebe, suchten sich die Tiere ihre Nahrung eben auf anderem Weg. Und wenn man bedenke, dass allein ein einziges Wespennest 10.000 bis 15.000 Tiere beherberge, könne man sich vorstellen, welche Masse hier benötigt werde.

„Ein bisschen sensibilisieren“

Steffi Hartmann vom Eiscafé SchokoVanille machen indes nicht nur die Wespen rasend, sondern auch manch ein verständnisloser Gast. „Man glaubt es nicht“, sagt sie, „aber wir müssen manchmal wirklich lange diskutieren, warum es im Moment keine Amarena-Becher gibt.“

Sie wünsche sich hier ein wenig mehr Verständnis. „Wir wollen ja nur, dass die Menschen ihr Eis auch genießen können“, sagt sie. Und das sei vor allem bei Amarena-Bechern im Moment einfach nicht möglich. „Wir wollen unseren Gästen ja nur gut und sie ein bisschen sensibilisieren“, sagt Hartmann. Wenn man als Eiscafé-Betreiber Eltern darauf hinweise, sich zu überlegen, mit Kindern Eis essen zu gehen, dann sei das schon ein Schritt, der richtig Geld koste. Aber hier sehe sie sich selbst auch als Mutter in der Pflicht.

  • Es sind nur zwei der sozialen Wespen-Arten, die uns auf der Terrasse am Kaffeetisch oder beim Grillen besuchen: die Gemeine Wespe und die Deutsche Wespe, die zu den so genannten Kurzkopfwespen zählen.
  • Wie alle anderen Wespenarten sind sie recht nützlich, weil sie zur Fütterung der Brut tierisches Eiweiß brauchen und dafür andere Insekten, beispielsweise Fliegen oder Mücken, jagen. Allerdings lieben nur sie Süßspeisen und Säfte sowie Fleisch und Wurst. Daher fliegen sie auch auf Steaks, Süßigkeiten, Kuchen und Eis und schaden so dem Ruf der gesamten Wespen-Familie.
  • Die negativen Folgen treffen vor allem die Langkopfwespen. Da ihre Nester frei hängen und gut sichtbar sind, werden sie vorschnell als Störenfriede deklariert und bekämpft, obwohl sie unter Naturschutz stehen.
  • Wespen stechen, sobald sie sich bedroht fühlen. Deshalb sollten heftige Bewegungen und das Schlagen nach den Tieren vermieden werden. Ebenso wie das Anpusten: Das Kohlendioxid in der Atemluft ist ein Alarmsignal für die Tiere und versetzt sie in Angriffshaltung.
  • Nahrungsmittel im Freien sollten konsequent abgedeckt werden. Reste sofort wegräumen. Nach dem Essen den Kindern den Mund gründlich abwischen. Obst rechtzeitig abernten und aufsammeln, am besten an Regentagen oder in den Abendstunden.
  • Gerade Kinder sollten nicht aus offenen Flaschen oder Dosen trinken, sondern Strohhalme benutzen. Sinnvoll kann es auch sein, Wespen durch eine abseits stehende Flasche mit süßem Inhalt abzulenken - ihnen also einen eigenen Fressplatz einzurichten und sie so abzulenken. Wespen werden von dem süßlichen Geruch von Parfüm und Autan angezogen, darauf sollte aktuell ebenfalls verzichtet werden.