Meschede. Elisabeth Schmidt und Wiltrud Grooten beerdigen im Dienst der katholischen Kirche. Das sei keine Mangelverwaltung, sondern eine Modernisierung.
„Jetzt wollen sie nicht mal mehr die Menschen unter die Erde bringen.“ Die Vorurteile, die der Kirche und da vor allem den Priestern entgegenschlagen, wenn Laien beerdigen, scheinen absehbar. Doch Wiltrud Grooten und Elisabeth Schmidt wissen, dass ihr Dienst auch vielen willkommen ist. Aus verschiedenen Gründen.
Die beiden Meschederinnen sind die ersten Laien im Pastoralen Raum Meschede-Bestwig, die im Auftrag des Erzbistums Paderborn beerdigen dürfen. Bei der ersten Anfrage hatte sich die Frau des Verstorbenen beim Pfarrbüro wegen einer Beerdigung gemeldet. Der diensthabende Priester fragte nach, ob sie sich auch vorstellen könnte, dass eine Frau das übernimmt, eine ausgebildete Laiin. Für die Witwe war das kein Problem.
Seelsorgliche Begleitung
„Es gibt andere, die das nicht möchten“, weiß Elisabeth Schmidt. Das sei dann auch in Ordnung. Beide Frauen haben mit einer Ablehnung kein Problem. „Dann beerdigen die Priester und wir erfahren davon gar nichts.“ So aber machte die 57-Jährige Elisabeth Schmidt einen Kondolenzbesuch, ließ sich von dem Verstorbenen erzählen und bereitete die Beerdigungsfeier vor. „Da wir auch Wortgottesleiterinnen sind, können wir zwar einen Wortgottesdienst feiern, wenn jemand aber eine Eucharistiefeier wünscht, muss ein Pastor kommen“, erklärt sie. Ein Wunsch, der aber in der zunehmend kirchenferneren Gesellschaft immer seltener wird. Die Sozialarbeiterin arbeitet als seelsorgliche Begleitung im Elisabeth-Seniorenheim. „Auch für meinen Beruf, ist die Übernahme des Begräbnisdienstes nur folgerichtig“, erklärt sie. „Ich begleite dort Menschen in den Tod, dann möchte ich sie auch beerdigen. Für mich hat das auch etwas mit Berufung zu tun.“
Für beide Frauen gilt: Der Glaube an die christliche Auferstehung trägt sie. Doch sie wissen auch, dass der Dienst sehr schwer werden kann: „Einen Menschen zu beerdigen, der ein erfülltes, langes Leben hatte, ist ungleich leichter als ein Kind oder eine junge Mutter beizusetzen.“ Dann, so ahnen sie, wird die Anklage kommen: „Warum? Und wo war Gott?“ Elisabeth Schmidt: „Dann muss ich mir eingestehen, dass ich darauf auch keine Antwort habe.“
Die ersten Beisetzungen, die Wiltrud Grooten übernahm, waren Beerdigungen von Menschen, die wenige oder keine Angehörige hatten, die in einem Altenheim gestorben waren. Auch dafür nahm sich die 67-Jährige Zeit. Erkundigte sich bei den Altenpflegern nach dem Verstorbenen, um Persönliches in die Trauerrede einfließen lassen zu können. „Für mich ist das ein letzter Dienst, den ich dem Menschen zuteil werden lasse“, erklärt sie.
Wiltrud Grooten war Oberamtsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Arnsberg: „Paragraf 1 des Grundgesetz gilt für mich bis zum Tod: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die Persönlichkeit eines Menschen hört nicht auf, weil ich ihn zu Grabe trage, unabhängig von der Anzahl der Trauernden bzw. der Größe der Trauergemeinde.“ Und sie nennt ein weiteres Motiv: „Die Erfahrungen, die ich bei den vielen Totengebeten gemacht habe, die ich gehalten habe.“
Demografische Gründe
Sicher, auch demografische Gründe machen den Dienst der Laien notwendig. „Der Rückgang der Priesterzahl ist absehbar“, weiß Wiltrud Grooten. In einer Woche habe es schon bis zu 17 Beerdigungen im Pastoralen Raum Meschede-Bestwig gegeben. „Dann machen die Priester nichts anderes mehr.“ Aber es gehe hier nicht nur um Mangelverwaltung, betont Elisabeth Schmidt. „Das Amt wird geöffnet. Das ist auch eine Modernisierung.“
Beerdigungen sind in der katholischen Kirche als Werk der Barmherzigkeit nicht an den Priesterdienst gebunden. Da sei es nur folgerichtig, den Dienst auch auf mehrere Schultern zu verteilen. „Und als Laien möchten wir uns angesichts unserer Ausbildungen und Lebenserfahrung auch nicht mehr bezeichnen.“ Beide sind sicher: „Der Dienst ist wertvoll. Er hilft an vielen Stellen.“
>>> Zur Ausbildung
Wiltrud Grooten und Elisabeth Schmidt haben die Ausbildung zum Begräbnisleiter als erste Teilnehmer aus dem Pastoralen Raum Meschede-Bestwig abgeschlossen. Insgesamt nahmen 16 Männer und Frauen daran teil. Der Ausbildungskurs lief von Oktober bis Mai über sechs Kurseinheiten. Dabei beschäftigten sie sich auch mit dem eigenen Umgang mit Tod und Sterben, lernten ein Kondolenzgespräch zu führen, wurden über die rechtlichen Grundlagen für eine Beerdigung informiert und gestalteten einen Beerdigungsgottesdienst. Sie sagen selbst: „Wir haben in der Zeit viel über uns gelernt.“ Beide Frauen waren zuvor seit vielen Jahren in ihren Gemeinden, St. Walburga und Mariä Himmelfahrt ehrenamtlich tätig im Pfarrgemeinderat, als Lektorinnen und als Wort Gottesfeier-Leiterinnen.
Die offizielle Einführung der beiden Begräbnisleiterinnen findet am Sonntag, 8. September, um 11 Uhr in der Pfarrkirche St. Walburga im Rahmen des Gottesdienstes statt.