Meschede. Eva Linhoff ist seit mehr als 40 Jahren Buchhändlerin. Was das mit ihrem ersten Berufswunsch Kinderärztin zu tun hat, erzählt sie im Seegespräch.

Eigentlich wollte Eva Linhoff Ärztin werden wie ihr Vater Dr. Michael Witte - am liebsten Kinderärztin. Kinderseelen heilen - mit Büchern als „Medizin“ - macht ihr bis heute besondere Freude. Seit 42 Jahren ist sie Buchhändlerin, seit 38 Jahren in der eigenen Buchhandlung. Im Seegespräch geht es um die Medizin, das Sauerland und natürlich um Bücher und Autoren.

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Ihr Vater war fast 40 Jahre Hausarzt in Meschede, einer Ihrer Brüder ist Mediziner in Berlin, Ihre Tochter Internistin. Stand es für Sie nie zur Debatte auch Ärztin zu werden?

Eva Linhoff: Doch, eigentlich war für mich immer klar, ich möchte Kinderärztin werden. Aber mein Abi-Schnitt reichte nicht aus. Ich habe mich dann an der Uni Bonn für Literatur- und Kunstwissenschaften eingeschrieben. Ab Beginn des Studiums hatte ich einen Job in einer Bonner Buchhandlung, erinnerte mich gleichzeitig immer wieder an die kleine wunderbare Buchhandlung Bernzen in Meschede, in der ich so viel Zeit meiner Kindheit und Jugend verbracht habe, und so war die Ausbildung zur Buchhändlerin bald mein neues Ziel. Das Studium entpuppte sich für mich als zu theoretisch.

Zurück nach Meschede?

Auch wenn es kitschig klingt, der Liebe wegen. Mein Mann ist auch Mescheder und war bei unserem Kennenlernen als Referendar in Arnsberg. Als sich abzeichnete, dass er im Sauerland bleibt, und als meine Eltern dann sagten: „Das Mescheder Reisebüro verlässt das Geschäftslokal bei uns in der Bahnhofstraße - traust du dir zu, dich jetzt schon mit deiner eigenen Buchhandlung selbstständig zu machen?“ Da bin ich ins kalte Wasser gesprungen. Mit 26 Jahren.

Eva Linhoff, Inhaberin der gleichnamigen Bücherstube der gleichnamigen Bücherstube, ist seit mehr als 40 Jahren Buchhändlerin. Was das mit ihrem ersten Berufswunsch Kinderärztin zu tun hat, erzählt sie im Seegespräch mit Redakteurin Ute Tolksdorf. 
Eva Linhoff, Inhaberin der gleichnamigen Bücherstube der gleichnamigen Bücherstube, ist seit mehr als 40 Jahren Buchhändlerin. Was das mit ihrem ersten Berufswunsch Kinderärztin zu tun hat, erzählt sie im Seegespräch mit Redakteurin Ute Tolksdorf.  © WP - Ute Tolksdorf | Ute Tolksdorf

Jahrzehnte waren Sie dann Geschäftsfrau, Ehefrau und Mutter.

Ja, das hat mich geprägt. Natürlich hatte ich den Vorteil, dass mein Mann als Lehrer sich seine Zeit nachmittags freier einteilen konnte. Und dennoch habe ich auch deshalb immer sensibel auf die Forderungen reagiert, Öffnungszeiten im Einzelhandel auszuweiten. Denn ich war eben nicht ab freitagmittags oder samstagmorgens zu Hause bei meiner Familie. Der Sonntag ist mir heilig. Bis heute finde ich es wichtig und schön, einen Tag zu haben, der nicht von Kommerz bestimmt ist.

In Meschede ist mit und nach der Regionale einiges im Stadtbild passiert. Wie sehen Sie dazu die Entwicklung des Einzelhandels - eher positiv oder eher negativ?

Es wird nicht leichter. Aber ich sehe und spüre überall den Wunsch – aktuell zum Beispiel bei den Anliegern in der Ruhrstraße, zu denen ich privat auch gehöre - unsere Stadt zu verschönern und zu modernisieren. Ich hoffe jetzt, dass die begonnenen Veränderungen unsere Innenstadt attraktiver machen. Ich freue mich auf die neuzupflanzenden Bäume, viele Spielgeräte und eine lebendige Außengastronomie. Von allem könnte es übrigens meiner Meinung nach ruhig mehr geben. Eine Rutsche, ein dauerhafter Sandkasten unter anderem auf dem Von-Stephan-Platz würden zum Beispiel prima passen. Doch letztlich ist auch eine Fußgängerzone immer nur der Weg – die Ziele sind die Geschäfte mit abwechslungsreichen Angeboten, sie ziehen die Kundschaft an.

Der stationäre Buchhandel ist schon oft totgesagt worden. Was braucht er, um zu überleben?

Ich denke in Großstädten kann man sich spezialisieren. Wir bieten hier in Meschede ein breites Sortiment und eine professionelle, persönliche - mir ist sogar wichtig, eine herzliche Beratung - aber ohne jeden Kaufdruck. Dazu Service-Angebote wie zum Beispiel Bücherabende für Erzieherinnen und Lehrer, Eltern und Kinder. Und dann profitieren wir natürlich von unseren vielen treuen jahrzehntelangen Stammkunden. Früher haben wir auch viele Veranstaltungen organisiert. Die Autoren Arno Surminski, Hanns-Josef Ortheil, Rafik Schami, Max von der Grün, Martin Suter, Paul Maar und Erhard Dietl waren zum Beispiel unsere Gäste. Am 13. September kommt erneut Rezitator Oliver Steller - diesmal mit seinem Robert-Gernhardt-Programm. Jedoch sind Autorenlesungen heute wesentlich kostspieliger und damit ein finanzielles Risiko für uns als Veranstalter.

Im Rückblick bedauern Sie es, nicht Kinderärztin geworden zu sein?

Nein, meine Tochter meinte einmal zu mir. Mama, du heilst zwar keine Kinderkrankheiten, aber mit dem richtigen Buch seit 40 Jahren sicher so manche Kinderseele.

Wir sind am Hennesee. Was bedeutet er Ihnen?

Viel. Ich war hier schon als Kind mit meinen Eltern zum Schwimmen, habe als Jugendliche lauschige Abende am Lagerfeuer erlebt, und genieße heute mit meiner Familie, Freunden und Gästen diesen schönen Ort. Der See, Meschede und ich - wir sind zeitlebens verbunden.

Zum Schluss: Haben Sie noch einen Buchtipp für den Sommer?

Aus dem Riesenangebot fische ich Laetitia Colombanis „Der Zopf“ heraus, gerade als Taschenbuch erschienen. Die Autorin verbindet das Schicksal dreier Frauen auf drei Kontinenten auf unvorhersehbare Weise und kann wunderbar erzählen.

>>>HINTERGRUND

Eva Linhoff ist verheiratet mit Peter Linhoff. Das Paar hat zwei erwachsene Kinder und d rei Enkelinnen.

Nach dem Abitur am Städtischen Gymnasium, begann die Eva Linhoff ein Studium in Bonn.

Ihre Lehre zur Buchhändlerin machte sie in der Soester Bücherstube Ellinghaus. Nach weiteren drei Jahren in einer Buchhandlung in Warstein machte sie sich im März 1982 mit der Bücherstube Linhoff in der Le-Puy-Straße selbstständig.

Seit Bestehen der Buchhandlung bildete sie 14 Buchhändler und Buchhändlerinnen aus.