Zwei Sängerinnen erzählen, was für sie den Reiz des Chorsingens ausmacht und warum sie trotz des Alltagsstresses Zeit für die Probe finden.

Es ist der Moment, in dem sie sich in das gemeinsame Singen verliebt – und den Entschluss fasst: „Das will ich auch machen.“ Ines Lütteke kann sich noch genau erinnern. Angefangen hat alles bei einem Weihnachtskonzert des Jungen Chores Eslohe.

Mittlerweile ist die 17-Jährige aus Büemke seit elf Jahren dabei, zu Beginn noch beim Kinderchor, seit anderthalb Jahren mischt sie allerdings bei den „Großen“ mit. Bei der Erinnerung an den Anfang muss sie selbst schmunzeln. „Es gibt sogar einen Gästebucheintrag von mir, dass ich unbedingt mal mit dem Chor auf der Bühne stehen will“, verrät sie. „Als dann ein halbes Jahr später der Kinderchor gegründet wurde, habe ich alles stehen und liegen gelassen und bin eingetreten.“

Seitdem bestimmt Musik ihr Leben. Lütteke spielt Klavier und macht außerdem noch eine Orgel- und Dirigentenausbildung mit dem Ziel, irgendwann einen Kirchenchor zu leiten. Und ganz nebenbei hat sie gerade auch ihr Abitur gemacht.

Musikalisch ausprobieren

Ines Lütteke, 17 Jahre, spielt Klavier, singt und hat gerade ihr Abitur gemacht.
Ines Lütteke, 17 Jahre, spielt Klavier, singt und hat gerade ihr Abitur gemacht. © Lisa Dröttboom

Wie schafft sie es, bei so vielen Terminen noch genug Zeit für die Schule zu haben? „Das Singen ist Stressabbau für mich. Ich merke das immer in den Sommerferien oder wenn ich eine Weile nicht hingehen konnte. Dann freue ich mich wieder richtig darauf, mit den anderen singen zu können.“

Deswegen reicht es ihr auch nicht, nur Zuhause zu singen. „Das Tolle am Chorsingen ist die Gemeinschaft. Wir kommen aus verschiedenen Altersklassen, aber wir haben dieselbe Leidenschaft und je mehr Leute singen, desto cooler und beeindruckender wird es“, schwärmt Lütteke. „Egal, wie groß unser Altersunterschied ist, wenn wir singen, sind wir ein Chor.“

Welche Musik dabei gesungen ist, spielt für sie keine große Rolle. „Ich finde es toll, so viel ausprobieren zu können.“ Sie selbst mag Klassik und Pop, sowohl die flotteren Stücke als auch die langsameren. „Es ist cool, dass wir alles machen und uns nicht auf eine Schiene konzentrieren.“

Herausforderung gesucht

Das kann auch Chorkollegin Stefanie Blome bestätigen. Die 50-Jährige aus Sundern-Hellefeld ist seit ihrer Jugend immer wieder in Chören gewesen, meist in Projektchören, wie zum Beispiel beim Kunstsommer Arnsberg. Zuletzt war sie auf der Suche nach einem Chor, der ihr eine Herausforderung bieten kann. Beim Jungen Chor Eslohe ist sie fündig geworden und nun seit zwei Jahren regelmäßig dabei. „Vorher war ich fünf Jahre in einem Dorfchor, das war toll, aber hat mich nicht gefordert.“ Statt Kirchenmusik erfreut sie sich jetzt an einer bunten Mischung aus Klassikern und modernen Hits. „Da sind Stücke bei, die kann man nicht so eben heruntersingen. Die muss man üben“, erklärt sie mit leuchtenden Augen.

Publikum als Reaktion

Stefanie Blome war auf der Suche nach einer Herausforderung und ist im Jungen Chor Eslohe fündig geworden.
Stefanie Blome war auf der Suche nach einer Herausforderung und ist im Jungen Chor Eslohe fündig geworden. © Lisa Dröttboom

Von Vorteil ist hier die Größe des Chors, die es ermöglicht, mehr verschiedene Stimmen einzusetzen und so auch schwierigere Stücke anzugehen. „Wir können viel komplexere Stücke singen“, sagt Blome. Warum sie nicht für sich allein zuhause singt? „Wenn ich alleine singe, habe ich kein Feedback. Bei einem Konzert sehe ich die Reaktionen des Publikums. Das ist ein ganz anderes Gefühl.“

Bei all der Herausforderung findet sie es aber trotzdem schön, dass es im Jungen Chor Eslohe gemeinschaftlich und locker zugeht. „Ich muss nicht zuhause üben. Ich kann hingehen und Spaß haben. Wenn ich wenig Zeit habe, dann kann ich immer noch mit den anderen Musik machen“, sagt Blome. „Wir haben hier einfach Spaß am Singen in der Gruppe.“



Was man mit der Stimme anstellen kann

Wenn die Chorprobe anfängt, dann tönt es in dem großen Saal der Kardinal-von-Galen-Schule. Für Außenstehende klingt es wie ein Röcheln, Stöhnen und Jaulen, tatsächlich wird mit verschiedenen Stimmübungen aber die Muskulatur aufgewärmt, wie Chorleiter Michael Nathen erklärt. „Tönen nennt man das. Singen hat schließlich auch viel mit Technik zu tun.“

Spaß macht es der Truppe aber trotzdem, wie man dem Gelächter immer wieder entnehmen kann. Nathen weiß, dass es bei der Chorprobe auf die richtige Mischung ankommt. „Grundvoraussetzung für alle, die bei uns mitmachen wollen, ist der Spaß am Singen. Hier kann man alles lernen, was man mit der Stimme anstellen kann und zu was ein Chor fähig ist. Am wichtigsten ist aber, dass die Mitglieder Spaß haben. Etwas anderes erwarten wir gar nicht.“

Chor aus Realschülern gebildet

Michael Nathen, Leiter des Jungen Chors Eslohe, bei einem Konzert in der St. Blasius.
Michael Nathen, Leiter des Jungen Chors Eslohe, bei einem Konzert in der St. Blasius. © Privat

Der 46-Jährige leitet den Jungen Chor Eslohe bereits seit 1993, ist aber schon seit 1988 dabei. „Damals waren wir fast 60 Leute zwischen 16 und 28 Jahren.“ Der Chor habe sich damals aus Realschülern gebildet, die nach der Schule noch gemeinsam singen wollten. Und heute? „Jetzt haben wir knapp 40 aktive Mitglieder“, verrät Nathen und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: „Im Sommer sind es auch mal nur 20.“ Dabei hätte der Chor mit Mitgliedern zwischen 16 und Mitte 50 einen „gesunden Schnitt“, wie es der Lennestädter bezeichnet.

Singen auf Augenhöhe

Nathen begrüßt diese Zahl, vor allem, da sich in letzter Zeit immer mehr einseitige Gruppen bilden würden: Die Jungen zusammen, die Alten zusammen. „Das ist hier zum Glück nicht so. Wir kennen hier kein Alter, wir sind einfach eine bunte Truppe, die sich auf Augenhöhe begegnet.“

Kommt denn auch genug Nachwuchs in einer Zeit, in der immer mehr Chöre aufgelöst werden? „Ja“, sagt Nathen mit einem kräftigen Kopfnicken. „Wir bekommen über unsere Kinder- und Jugendchöre Nachwuchs, aber auch viel über das Erzählen und Hörensagen.“

Manchmal brächten die Sänger auch ihre Freunde mit zur Probe. Dass durch Studium und Ausbildung auch immer wieder welche wegbrechen, das „gehört einfach dazu“.

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