Meschede. Hubert Sapp, Leiter der Polizeiwache Meschede, berichtet, wie sich die Schließung der ZUE auswirkt und bemängelt fehlenden Respekt.

Sorgen mache ihm in Meschede gar nichts, sagt Hubert Sapp, Leiter der Polizeiwache. Im Gespräch beklagt er aber vor allem den mangelnden Respekt gegenüber den Kollegen und nennt als Schwerpunkte seiner Arbeit in der Kreisstadt Drogen und Einbruchskriminalität.

Ende des vergangenen Jahres wurde die Flüchtlingsunterkunft (ZUE) an Klocken Kapelle geschlossen. Merkt das die Polizei?

Hubert Sapp: Ja, das merken wir. Ohne es statistisch belegen zu können, hatten wir in Meschede durch die dort untergebrachten Flüchtlinge zwar keine besorgniserregende Zunahme an Kriminalität – es gab Einsätze wegen Ladendiebstählen und sexuell motivierten Belästigungen – aber für uns gab es vor allem regelmäßig Einsätze in der ZUE. Was einfach auch mit der Art der Unterbringung zu tun hatte: Viele Menschen unterschiedlicher Nationalitäten auf engem Raum, da gab es Streit, Handgreiflichkeiten und gegenseitige Bedrohungen. Allerdings möchte ich auch betonen, dass die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen vor Ort die ganze Zeit hervorragend war.

Regelmäßig gab es Polizeieinsätze an der Flüchtlingsunterkunft.
Regelmäßig gab es Polizeieinsätze an der Flüchtlingsunterkunft. © Privat

Sie haben in dieser Zeit auch mal gegen Zuwanderer, die hier immer wieder Streit suchten, ein Platzverbot ausgesprochen. Das hat funktioniert?

Ja, das hat wirklich gut funktioniert. Die jungen Männer haben sich sehr gut daran gehalten und sich gemeldet, wenn sie für Behördengänge in die Stadt kommen mussten. Mittlerweile hat sich das Problem entschärft, weil die Streithähne verzogen sind. Ich bin ein Freund von Konsequenz und nutze auch ungewöhnliche Maßnahmen im Spielraum der rechtlichen Möglichkeiten. Gegen diese Maßnahme ist sogar versucht worden vor dem Verwaltungsgericht zu klagen. Aber sie hatte Bestand. In einem ähnlichen Fall würde ich wieder so reagieren.

Gerade erst hat die Gewerkschaft der Polizei die zunehmenden Angriffe auf Polizisten beklagt. Gilt das auch fürs Sauerland und gibt es dazu Zahlen?

Die offizielle Statistik hat dazu für uns keine Zahlen mehr, weil vor ein paar Jahren der Widerstand gegen alle Vollstreckungsbeamten - also auch beispielsweise Zoll und Finanzbehörden - zusammengefasst wurden, aber wir führen hier eine interne Statistik. Unsere Zahlen umfassen im Wesentlichen Widerstand, Beleidigungen, Bedrohungen und Körperverletzung und gelten für den gesamten Hochsauerlandkreis und alle Dienststellen. Ganz überwiegend sind aber die Kollegen und Kolleginnen im Streifendienst betroffen. Und während wir im Jahr 2016 noch 66 Übergriffe hatten, waren es 2018 schon 107 und im laufenden Jahr bis Ende Mai bereits 52. Das zeigt klar, dass der Respekt gegenüber den Ordnungskräften insgesamt abgenommen hat, und das fördert natürlich auch den Frust bei den Kollegen.

Selbst wenn die Polizei  ein Gelände absperrt, wird das oftmals ignoriert.
Selbst wenn die Polizei ein Gelände absperrt, wird das oftmals ignoriert. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Wo fehlt der Respekt. Haben Sie konkrete Beispiele?

Machen die Kollegen eine Absperrung an einer Einsatzstelle, dann wird diese ignoriert oder lautstark darüber lamentiert, was das denn soll. Das geht übrigens quer durch alle Schichten, Nationalitäten und kommt von Männern und Frauen. Das gilt genauso für Beleidigungen. Und immer wieder gibt es auch Widerstand gegen unsere Anordnungen und Angriffe gegen Kollegen – vor allem aus einer aufgeheizten Atmosphäre heraus zum Beispiel bei Schlägereien nach größeren Festen. Typisch eher für Männer mit einem traditionell geprägten Frauenbild ist, dass einige - nicht alle - die Anweisungen von Polizeibeamtinnen ignorieren. Erst wenn der männliche Kollege die Aufforderung wiederholt, wird sie befolgt.

Zu ihrer Wache gehört auch der Hundeführer, der in Brilon verurteilt wurde und sich jetzt auch in Meschede verantworten muss, weil sein Hund erneut in einer aggressiven, aufgeheizten Atmosphäre zubiss. Auch das frustriert die Kollegen?

Zum laufenden Strafverfahren gegen den Beamten werde ich nichts sagen. Aber klar, natürlich wird das unter den Kollegen diskutiert.

Vor rund zwei Monaten wurde eine junge Frau an der Hünenburg von sechs jungen Männern belästigt. Gibt es dazu schon neue Informationen?

Wir hatten im Anschluss Hinweise aus der Bevölkerung auf bestimmte Personen, die auch vernommen wurden. Ein konkreter Tatverdacht hat sich daraus aber nicht ergeben. Gerade in der Wohngegend ist so ein Vorfall eher ungewöhnlich, wir haben aber trotzdem unsere Präsenz dort erhöht. Einen ähnlichen Vorfall hatten wir weder vorher noch nachher.

Tatort Hünenburgstraße: Hier sollen die Täter die junge Frau festgehalten und ihr die Hand vor den Mund gehalten haben. Sie biss zu und vertrieb so die Täter. Die liefen in die Straße Am Maiknapp davon. 
Tatort Hünenburgstraße: Hier sollen die Täter die junge Frau festgehalten und ihr die Hand vor den Mund gehalten haben. Sie biss zu und vertrieb so die Täter. Die liefen in die Straße Am Maiknapp davon.  © Ute Tolksdorf

Gibt es Orte, an denen man in Meschede vorsichtig sein sollte?

Nein, so genannte kriminogene Orte, an denen die Zahl der Verbrechen sich häuft, gibt es bei uns nicht. Trotzdem hat natürlich jeder persönliche Ecken, wo er nicht gern hergeht. Aber unsere polizeilichen Erkenntnisse oder gar Statistiken geben das nicht her.

Was macht Ihnen in Meschede Sorgen?

Nichts. Wir konnten die Anzahl der Straftaten insgesamt um sechs Prozent senken, bei den Wohnungseinbrüchen sogar um 50 Prozent – von 28 auf 14. Und unsere Aufklärungsquote bei Kriminalitätsdelikten ist mit 70 Prozent sehr gut. Im Land liegt sie bei 54 Prozent. Das ist eine Folge der regelmäßigen Straßenkontrollen und der guten Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei. Auf Wohnungseinbrüchen und Drogen wird weiterhin unser Hauptaugenmerk liegen.

>>>HINTERGRUND

Hubert Sapp leitet seit November 2016 die Polizeiwache Meschede und ist damit für 35 Beamtinnen und Beamte im Wachdienst und fünf Bezirksbeamte zuständig. Auch die zwei Hundeführer des HSK sind ihm zentral unterstellt.

Die Wache Meschede umfasst neben der Kreisstadt auch die Gemeinden Eslohe und Bestwig – insgesamt rund 51.000 Einwohner und eine Gesamtfläche von rund 400 Quadratkilometer. Sie hat damit die größte Fläche aller HSK-Wachen.

Hubert Sapp ist 58 Jahre alt, lebt in Arpe und ist verheiratet. Als Hobbys nennt er Fußball, Wandern, Natur und Garten.