Bestwig. Das Ende der Realschule in Bestwig ist gekommen. Wie fühlt sich eigentlich ein Schulleiter, dessen Schule in wenigen Tagen Geschichte sein wird?
Es sind Tage der Wehmut an der Realschule Bestwig. Ende der Woche werden die letzten 10er-klassen verabschiedet, dann ist die Schule ein Stück Bestwiger Geschichte. Ebenso wie die Hauptschule. Wir haben mit Peter Kazalla über die letzten Tage an der Realschule gesprochen, die er als Konrektor kommissarisch leitet.
Wie fühlt es sich an, den letzten Jahrgang der Realschule Bestwig ins Leben zu entlassen?
Peter Kazalla Diese Frage hatte ich befürchtet (lacht). Wir hatten ja lange Zeit, um uns auf diesen Moment vorzubereiten. Deswegen geht es mir eigentlich ganz gut. Traurig ist diese Auflösungsphase natürlich trotzdem. Wir sind seit einiger Zeit dabei, alles zu entsorgen, was von der Sekundarschule nicht übernommen wird. Es wird ja nicht nur die Realschule aufgelöst, sondern auch die Hauptschule. Gemeinsam haben wir bereits einen 40-Kubikmeter-Container gefüllt. Der wird allerdings nicht reichen. In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich auch die Schüler loben. Die haben wirklich toll angepackt. Sie hätten ja genauso gut sagen können: Was geht mich diese Schule noch an, das soll doch die Gemeinde machen.
Da schwingt doch bestimmt Wehmut und ein Stück Nostalgie mit?
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Sicherlich. Wenn man durch die Klassen geht, sieht man noch alte Schülerplakate, bei denen man nochmal an den ein oder anderen Schüler denkt. Im Computerraum stand noch eine alte Ampelanlage, die unser erster Informatiklehrer aufgebaut hat. Tja, die schmeiße ich jetzt weg und man weiß genau: Mit diesem Kollegen hast du 15 Jahre zusammen gearbeitet. Das Wegwerfen macht Sinn und hätte vielleicht sogar schon viel früher geschehen müssen. Aber Wehmut kommt dabei natürlich trotzdem auf. Grundsätzlich aber ist die Sache abgehakt. Möglicherweise wird beim Abschluss am Freitag noch einmal die ein oder andere Sache aufkommen, aber ich denke, da muss man professionell mit umgehen.
Nehmen Sie sich ein Erinnerungsstück mit?
In erster Linie sind da die Erinnerungen im Kopf. Natürlich gibt es auch noch jede Menge Bilder auf dem Rechner und die alten Notenbücher daheim. Aber zwei Sachen werde ich tatsächlich mitnehmen: Zum einen, die alte Schulglocke, die mir mein Vorgänger überlassen hat, für den Fall, dass die Technik mal versagt. Und zum anderen werde ich die Tafel mitnehmen, mit der damals die Stundenpläne geplant worden sind. Ich weiß zwar genau, dass die bei mir im Keller liegen wird. Aber trotzdem! (lacht).
Was ist denn bei den Erinnerungen ganz besonders hängen geblieben?
Vorrangig die intensive Zeit, die man mit den Kollegen verbracht hat. Wir waren immer eine Schule mit einer tollen Atmosphäre, bei der das Kollegium sehr schnell neue Kollegen aufgenommen hat. Das habe ich vor 20 Jahren selbst erfahren, als ich hier als Lehrer angefangen habe. In dieser Zeit sind viele Freundschaften gewachsen, die man mitnimmt und die ich auch nicht missen möchte.
Wird im Schulzentrum künftig noch etwas an die Realschule erinnern?
Es gibt noch die Abschlussgeschenke, die die ehemaligen 10er der Schule gemacht haben - wie etwa eine Bank auf dem Schulhof, Handabdrücke oder den ein oder anderen Baum. Im Gebäude selbst werden wir die Abschlussfotos aber sicherlich noch abhängen. Für die Sekundarschule sind sie ja ohne Bedeutung. Was auch noch bleibt, ist das Selbstlernzentrum samt Schülerbücherei, das wir geschaffen haben und das sehr stark vom Förderverein mitfinanziert worden ist. Das übergeben wir so an die Sekundarschule.
Wie nehmen die Schüler das Ende der Schule wahr?
Die Schüler haben schon gemerkt, dass sie einige Dinge nicht so machen konnten, wie die Jahrgänge zuvor. Ausgefallen ist in diesem Jahr zum Beispiel der Chaostag, weil es ja keine Zuschauer mehr für die Spielchen mit den Lehrern gab. Wir haben dafür als kleine Überraschung aber einen Eiswagen bestellt. Auf der anderen Seite sind die aktuellen 10er und die beiden Jahrgänge zuvor in den Genuss höherer Zuschüsse gekommen - etwa bei den Klassenfahrten und den Abschlusspullis. Und es hat sehr teure Projekte gegeben, die man vorher niemals finanziert hätte.
Wie hat denn vor den Aufräumarbeiten zuletzt der Schulalltag ausgesehen.
Insgesamt sind wir hier ja nur noch sechs Kollegen für 46 Schüler. Viele davon sind schon abgeordnet an ihre neue Schule und pendeln quasi tageweise hin und her. Wenn die Kollegen, dann hier waren, hatten sie sechs Stunden Unterricht nur bei den 10ern. Das ist schon anstrengend, wenn man den ganzen Tag die gleichen Schüler unterrichtet, ohne zwischendurch mal eine Klasse fünf oder eine Klasse sieben zu haben. Andersherum ist es aber auch für die Schüler sicherlich nicht einfach gewesen, wenn sie sechs Stunden lang immer nur die gleichen Lehrer sehen mussten (lacht). Aber ich denke die Schüler haben das gut überstanden und wir als Lehrer auch.
Warum wird es keinen offiziellen Akt zum Ende der Schule geben?
Das hängt in erster Linie mit der Doppelbelastung durch die Pendelei der Kollegen zusammen, die gerade jetzt zum Endes des Schuljahres durch die Konferenzen enorm ist. Es fehlen einfach die Kapazitäten für die Vorbereitung. Auf der anderen Seite ist die Auflösung der Schule für uns aber auch kein Grund zum Feiern. Sicherlich werden am Freitag beim Abschluss der 10er im Rathaus ein paar Worte fallen. Aber dort sollten auch in diesem Jahr die Schüler im Mittelpunkt stehen.
Wie sieht ihre berufliche Zukunft und die ihrer Kolleginnen und Kollegen aus?
Diese Frage hat damals für die größte Unruhe gesorgt, als die Entscheidung getroffen wurde, Haupt- und Realschule aufzulösen und die Sekundarschule einzuführen: Wie geht es weiter? Als Schulleitung haben wir damals einen Schwerpunkt darauf gelegt, herauszufinden, an welche Schulen die Kolleginnen und Kollegen gern wechseln möchten. Der Wechsel zur Wunschschule hat tatsächlich in allen Fällen funktioniert. Ich selbst werde als Konrektor an die Realschule in Lipperode wechseln.