Meschede. Eine neue Form der Spielsucht ist entstanden. Ein Betroffener aus der Fachklinik Bad Fredeburg berichtet darüber beim Aktionstag in Meschede.

Ob Spielautomaten, Online-Spiele oder Sportwetten - es gibt verschiedene Arten von Glücksspielsucht. Wir haben mit einem Patienten der Johannesbad-Fachklinik aus Bad Fredeburg über sein Schicksal gesprochen. Er berichtete anlässlich eines Aktionstages in Meschede, was ihn in die Sportwettensucht trieb und was die Folgen waren. Der Betroffene möchte anonym bleiben und andere Spieler warnen.

Den Betreibern war es egal

Wie sind Sie zum Spielen gekommen?

Ich habe Fußball im Verein gespielt. Viele meiner Teamkollegen begannen in Wettbüros zu gehen. Das hat mein Interesse geweckt, und ich wurde neugierig, wie Sportwetten funktionieren. Zu dem Zeitpunkt war ich 16 Jahre alt. Ich war Fußballer, hatte deshalb Interesse an der Bundesliga und ging mit ins Wettbüro. Dass ich minderjährig war, war den Betreibern egal. Es gab keine Kontrollen. Ich ging regelmäßig - immer vor dem Training mit meinen Teamkollegen, vor allem, wenn ich Langeweile, Stress oder andere Probleme hatte. Ich empfand es als gutes Mittel, um Frust abzubauen.

Wie wurde das zur Sucht?

Meine Einsätze erhöhten sich stetig, Verluste führten zu mehr Frust, Gewinne spornten an. Und ein falscher Freundeskreis trug viel dazu bei, dass ich in die Sucht geraten bin. Wir hatten eine Whats-App-Gruppe, in der wir uns gegenseitig angespornt haben. Anfangs habe ich nur auf Fußballspiele in der Zweiten Bundesliga gewettet, später aber auch auf andere Sportarten wie Tennis, Basketball, Volleyball und vieles mehr. Ich steigerte mich in das Wetten hinein, verlor die Kontrolle und verspielte oft mein ganzes Geld.

„Ich habe oft gelogen“

Was ist dann passiert?

Sobald das Geld verspielt war, musste ich den Rest des Monats auf die Zähne beißen, bis der nächste Lohn kam. Ich habe nie Schulden gemacht, das hatte ich unter Kontrolle. Das ist bei vielen anders. Andere Süchtige in der Klinik haben große Schulden; deren Partnerschaften haben sehr unter der Spielerei gelitten. Trotzdem habe auch ich oft gelogen. Ich war schnell reizbar, aggressiv und habe meine Angehörigen enttäuscht. Natürlich habe ich versucht, mit dem Wetten aufzuhören. Ich nahm mir abends vor, am nächsten Tag nicht ins Wettbüro zu gehen. Doch ich ging – wieder und wieder. Ich hinterfragte mich oft: Warum kann ich nicht aufhören? Ich bekam Schlafstörungen. Da wusste ich, dass ich Hilfe brauchte.

Wie sah die Hilfe aus?

Mit 20, vier Jahre nachdem ich mit dem Wetten begonnen hatte, suchte ich mir zunächst einmal in der Woche ambulante Hilfe. Sportwetten waren aber neu, und Therapeuten hatten zu der Zeit kaum Erfahrung mit dem Thema. Deshalb bemerkte ich schnell, dass mir die Behandlung nichts brachte. Ich dachte, ich schaffe es allein. Doch kurze Zeit später begann ich wieder mit kleinen Einsätzen, und der Teufelskreis begann erneut. Jetzt, mit 25, habe ich mir deshalb bewusst stationäre Hilfe gesucht. Seit acht Wochen bin ich deshalb in der Johannesbad-Fachklinik Hochsauerland. Die Therapeuten sind auf Glücksspiel einschließlich Sportwetten geschult. Seitdem geht es mir sehr viel besser.

Offen mit Problemen umgehen

Was empfehlen Sie Betroffenen?

Ich habe mir vorgenommen ehrlich zu sein, offen mit meinen Problemen umzugehen und das Geld in der ersten Zeit nach meiner Therapie von meinen Angehörigen verwalten zu lassen. Anderen Betroffenen rate ich: Gesteht euch euer Problem ein, sucht euch Hilfe bei Beratungsstellen und bleibt unbedingt den Wettbüros fern.

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Sich ein maximales Spielbudget zu setzen oder andere Selbstversuche mit kontrolliertem Glücksspiel sind nie erfolgreich. Angehörige von Glücksspielern sollten sich zunächst selbst informieren. Erste Anzeichen für Spielsucht sind, wenn das Geld schnell weg ist und sich das Verhalten des Betroffenen schlagartig ändert. Abhängigen hilft Zuspruch sehr viel mehr als Vorwürfe. Deshalb holt euch gemeinsam Hilfe, denn es gibt Therapien für die ganze Familie.