Wehrstapel. . Sie bekam eine Gürtelrose. Daraus entwickelten sich schlimme Folgen. Eine Impfung hätte helfen können - und kann andere davor bewahren.
„Solche Schmerzen wünsche ich niemandem.“ Vor drei Jahren erkrankte Brigitte Bittner an Gürtelrose. Bis heute ist sie nicht schmerzfrei. Umso wichtiger ist es ihr auf eine neue Unterstützungsleistung der Kassen hinzuweisen, die zeigt, dass die Erkrankung von Ärzten und Kassen ernst genommen wird.
Kassen erstatten
„Künftig soll Menschen ab 60 Jahren die Impfungen gegen Gürtelrose von den Kassen erstattet werden, bei erhöhter Gefährdung schon ab 50 Jahren“, weiß sie und appelliert angesichts ihrer Krankheitsgeschichte: „Lassen Sie sich impfen!“
Im Frühjahr 2016 hatte die Gastronomin aus Wehrstapel viel zu tun. Als sie Schmerzen an der Seite spürte, ignorierte sie diese erst. Brigitte Bittner ist nicht wehleidig. „Zeit für Krankheiten hat man in der Gastronomie nicht.“ Auch der Arzt sah erstmals nichts, als sie ihn dann doch bat, sich die schmerzhafte Stelle anzusehen. „Er ordnete eine Magen- und Darmspiegelung an.“ Am nächsten Morgen im Krankenhaus zogen sich bereits Bläschen über die ganze Seite. Doch immer noch reagierte niemand. Trotz erster Diagnose Gürtelrose.
Tränen in den Augen
Die Arbeit zu Hause blieb. Erst acht Tage nach den ersten Symptomen und der Darmspiegelung ging sie mit höllischen Schmerzen erneut ins Krankenhaus. Dort erhielt sie dann die offizielle Diagnose Gürtelrose. „Ich hatte solche Schmerzen, dass mir die Tränen in den Augen standen. Ich konnte nicht Auto fahren, wusste nicht, wie ich liegen stehen oder duschen sollte und hatte ständig Angst, dass mir jemand zu nah kommt. Denn jede Berührung löste Schmerzattacken aus. “
Normalerweise heilt eine Gürtelrose nach zwei bis drei Wochen komplett von allein aus. Die Mediziner behandeln nur die Schmerzen. Bei Brigitte Bittner schlugen die Medikamente, nicht an, die Schmerzmittel wurden immer höher dosiert - mit Folgen. „Ich musste zur Entgiftung.“
Starke Schmerzmittel
Die damals 66-Jährige bewegte sich kaum noch, aus Angst vor den Schmerzen und bekam eine Thrombose. Mit einer Lungenembolie wurde sie ins Krankenhaus eingeliefert. Auch das überstand sie - doch die Schmerzen blieben. Selbst starke Schmerzmittel und medizinisches Cannabis halfen nicht. Man versuchte Schmerzbekämpfung sogar mit Chili-Pflaster: Schmerz mit Schmerz bekämpfen!
Heute weiß sie, dass sich bei ihr aus der Gürtelrose eine Zoster-Neuralgie entwickelte. „Fünf bis zehn Prozent der Patienten entwickeln einen solchen Schmerz“, erklärt Dr. Peter Kleeschulte, Leiter des Kreisgesundheitsamtes. Jahrelang könnten die Schmerzen bleiben, obwohl keine Hautveränderungen mehr zu erkennen sind.
Windpockeninfektion als Ursache
Ursache für die Gürtelrose ist eine Windpockeninfektion, die in der Regel im Kindesalter durchlaufen wird. Die Viren bleiben aber danach in den Nervenzellen des Körpers. Kommt es zu einer Reaktivierung des Virus tritt dann die Gürtelrose auf. Meist trifft es dann ältere und immungeschwächte Personen. Deren Erkrankung zeigt dann auch einen deutlich schwereren Verlauf. „Die Patienten haben oft starke Schmerzen“, weiß der Mediziner. Halbseitig treten Bläschen, Rötungen und Verschorfungen auf, die meist an Rumpf und Brustkorb, aber auch am Kopf. „Typischerweise findet man sie da, wo die Nervenäste auslaufen“, so Dr. Kleeschulte.
300.000 Menschen erkranken pro Jahr an einer Gürtelrose. Jeder, der Windpocken hatte, ist potenziell gefährdet. „Aber auch wer gegen Windpocken geimpft ist, ist nicht immun dagegen“, sagt Kleeschulte. „Man hofft nur, dass durch die Windpocken-Impfung irgendwann auch die Zahl der Gürtelrose-Fälle zurückgeht.“
Brigitte Bittner versucht sich heute mit ihren Schmerzen zu arrangieren. „Leider denke ich, das sie wohl nie verschwinden“, sagt sie. Sie ist sicher. Mit einer Impfung wäre ihr viel Leid erspart geblieben. „Wenn meine Geschichte jetzt wenigstes hilft, andere zu warnen“, sagt sie.
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Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen für Menschen ab 60 Jahren die Impfung gegen Gürtelrose - bei erhöhter Gefährdung schon ab 50 Jahren.
Beschlossen hat das der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken. Er kam einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission nach.
Ab 50 Jahren impfen lassen sollten sich Menschen mit Grunderkrankungen wie chronischen entzündlichen Darm- und Lungenkrankheiten, Nierenschwäche, HIV, Rheuma oder Diabetes.
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