Velmede. . Vor einem Jahr ist die Eissorte Energy-Jägermeister am magischen Tisch in Velmede entstanden. Eine Schnapsidee mit ungeahnten Folgen - bis heute.
Es war im wahrsten Sinne des Wortes eine Schnapsidee, die bei einer Tasse Kaffee auf der Außenterrasse des Eiscafés „SchokoVanille“ an der B 7 in Bestwig entstanden ist.
Vor ziemlich genau einem Jahr hat der Nuttlarer Jörg Hartmann dort gemeinsam mit seiner Tochter Steffi die Eissorte Energy-Jägermeister erfunden. Was danach bis heute folgte, konnten die beiden beim besten Willen nicht ahnen: bundesweite Schlagzeilen, Anfragen von Fernsehsendern, eine Internetgemeinde, die die Kreation immer noch feiert, und zwei mittelschwere Herzattacken, von denen die jüngste gerade mal ein paar Tage zurück liegt: „Da hat mitten in der Nacht mein Handy geklingelt“, berichtet Steffi Hartmann.
Zu Tode erschrocken
Sie habe sich zu Tode erschrocken, weil sie dachte, dass irgendwem etwas passiert sein muss. Weit gefehlt! Am anderen Ende war nur eine Horde angetrunkener Jugendlicher, die sich zu nachtschlafender Zeit einfach mal erkundigen wollte, ob es das Eis wieder gibt. Da gab es das noch nicht. Inzwischen schon. „Ich will ja nicht noch mehr solcher Anrufe“, sagt die 36-Jährige und schmunzelt.
Durch die Decke gegangen
Seit 1996 betreibt Jörg Hartmann die Eisdiele an der B7 in Velmede. So einen Sommer wie den vergangenen habe er noch nicht erlebt. Es habe alles gepasst - das Wetter, die Mitbewerbersituation und dann eben diese Eiskreation, die durch die Decke ging. „Wobei man dazu sagen muss, dass sich der Hype um dieses Eis natürlich nicht 1:1 in den Verkaufszahlen widergespielt hat“, sagt Hartmann. Kommentiert und geteilt seien die Beiträge im Internet schnell. Trotzdem habe dieser Wirbel natürlich viele Kunden aus Neugier angelockt – und auch einen Vertreter von Jägermeister.
Mittelschwere Herzattacke
Er war damals der Grund für Steffi Hartmanns erste „mittelschwere Herzattacke“, weil sie Ärger wegen des Lizenzrechts befürchtet hatte. Wieder weit gefehlt! Der Jägermeister-Mann sei sehr nett gewesen und habe am Ende sogar noch zwei Schürzen da gelassen, sagt sie und lacht.
„Der hat auch erkannt, dass wir absolut nicht geahnt haben, was mit der Kreation auf uns zukommen würde“, sagt Jörg Hartmann. Zwei Änderungen hatte der Besuch dann aber doch zur Folge: Die Eissorte ist seitdem erst ab 18 Jahren und nicht bereits ab 16 Jahren erhältlich. Und der Name „Jägermeister“ steht nicht mehr vorne: Aus Jägermeister-Energy wurde Energy-Jägermeister. Das aber dürfte den meisten der Kunden herzlich egal sein.
Brokkoli- und Nacho-Eis
So ganz können Steffi und Jörg Hartmann den Rummel um dieses Eis sowieso nicht nachvollziehen. „Das ist wirklich nicht die beste Sorte, die wir erfunden haben“, findet der 51-Jährige. Da sei das Herrencreme-Eis mit Rum und Schokostückchen deutlich kreativer gewesen und das Brokkoli-Eis deutlich ungewöhnlicher. Brokkoli-Eis? „Wir experimentieren halt gern“, sagt Jörg Hartmann. Er genieße die Freiheit, als Inhaber sein eigenes Ding machen zu können. „Das ist das, was uns von vielen großen Eisdielen unterscheidet, die oft vorgegeben bekommen, was sie zu verkaufen haben.“
Deswegen werden an der B7 in Velmede von den 28 Sorten, die in der Theke stehen, 6 immer wieder ausgetauscht. Dann tauchen wie aus dem Nichts Kreationen wie Milchschnitte-Eis, Kaffee mit Honig oder Schwarzwald auf.
Der magische Tisch
„Dieser Tisch ist magisch“, sagt Steffi Hartmann und zeigt durch die Glastür nach draußen auf jene Stelle, an der all die Ideen für diese Kreationen bei einer Tasse Kaffee am Morgen entstehen. Auch die Idee für die neueste Kreation, die bald in der Theke stehen wird: Eis mit Nacho- und Käsesoßen-Geschmack. Und auch dann werden die Hartmanns und ihre Mitarbeiter wieder geduldig hinter der Theke abwarten, bis die Jugendlichen ausdiskutiert haben, wer von ihnen sich traut, das zu probieren. Einer traut sich immer! Schokolade, Vanille und Stracciatella kann schließlich jeder.
Mit einem Eiswagen fängt alles an
Der 51-jährige Jörg Hartmann ist gelernter Bankkaufmann. Bereits während seiner Zeit bei der Sparkasse war er an Wochenenden parallel mit seinem Eiswagen nebenbei auf Großveranstaltungen in Deutschland unterwegs. „Ich bin mit Eis groß geworden“, sagt er. „Mein Großonkel und meine Großtante hatten eine Eisdiele in Thüringen, in der mein Vater schon 1951 Eis gemacht hat.
Nach einem Jahr mit seinem Eismobil, entschied sich Jörg Hartmann, den Sparkassen-Job an den Nagel zu hängen und machte sich 1998 mit dem Eiscafé „SchokoVanille“ selbstständig. Nach den Anfängen in einem Doppelcontainer an der B 7 neben der Velmeder Schützenhalle baute er 2009 an der Stelle ein richtiges Gebäude. Zusammen mit der Außenterrasse ist dort Platz für knapp 180 Gäste. Seit 1999 hat der Nuttlarer eine weitere Filiale in Gensingen in Rheinland-Pfalz.
Menschen glücklich machen
„Es war definitiv die richtige Entscheidung, den Job als Bankkaufmann dranzugeben“, sagt Hartmann entschieden. „Das einzige, was mir damals schwer gefallen ist, war die Tatsache, dass du mit Beginn der Selbstständigkeit von jetzt auf gleich keine Arbeitskollegen mehr hast.“ Denen habe er ein bisschen hinterher gejammert. Umso mehr genieße er es aber inzwischen, ein nettes Produkt anzubieten, mit dem er die Menschen glücklich machen könne. „Die Leute kommen ja gut gelaunt und wollen genießen“, sagt der 51-Jährige.
Die Lieblingssorten der Bestwiger
Stracciatella, Amarena und Butterkeks sind übrigens die Sorten, die in Bestwig am liebsten geschleckt werden - zumindest was den Verkauf von Kugeln im Hörnchen angeht. Durch die Eisbecher und das beliebte Spaghettieis am Tisch wird mengenmäßig jedoch Vanille am meisten verbraucht. Und was isst der Inhaber am liebsten? Jörg Hartmann muss lachen. „Das ist wetterabhängig“, sagt er. „Wenn es draußen kalt und bewölkt ist, am liebsten Schoko. Bei 30 Grad im Schatten lieber Fruchteis.“ Tochter Steffi hingegen schwört auf Joghurt und Nuss - da ist das Wetter völlig egal.
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