Meschede. . Er wird gespannt den ESC in Israel verfolgen: Bruder Benedikt von der Abtei Königsmünster in Meschede saß in der Jury, die die „S!sters“ wählte.
Samstagabend wird Bruder Benedikt ganz fest die Daumen drücken: Den beiden Damen vom Duo „S!sters“, die in Tel Aviv Deutschland beim Eurovision Song Contest vertreten. Benedikt Müller war schließlich einer von den 100 Juroren beim deutschen ESC-Vorentscheid in Berlin, die am Ende das „S!sters“-Lied „Sister“ am meisten beeindruckt hatte. Dass der 46 Jahre alte Mönch der Benediktiner-Abtei Königsmünster in der Jury saß, war nur konsequent: Er ist nicht nur ein Riesenfan des ESC-Festivals, sondern er ist ein wandelndes Lexikon dazu.
Bruder Benedikt war in seinem Mönchs-Habit zum Vorentscheid gereist: „Ich verkleide mich schließlich nicht.“ Fernsehgerecht wurde er in die erste Reihe gesetzt und Moderatorin Barbara Schöneberger freute sich über den „geistlichen Beistand“ aus Meschede. „Ich habe Punkte im höheren Bereich an die S!sters gegeben“, so viel darf Benedikt heute verraten.
Verliebt in eine Norwegerin
Begonnen hatte die ESC-Leidenschaft für Benedikt Müller zu Zeiten, als der Wettbewerb noch Grand Prix Eurovision de la Chanson hieß. Für ihn in den 80-er Jahren, als er ihn mit den Eltern im Fernsehen sah. Und als 15-Jähriger verliebte er sich in Kate Gulbrandsen. Kate wer? Genau, hier öffnet sich das ESC-Wissen von Bruder Benedikt.
Kate Gulbrandsen war 1987 die Sängerin des Liedes „Mitt Liv“, dem norwegischen Beitrag: „Ich habe mich sofort in das Lied und die Sängerin verliebt.“ Er kaufte sich danach eine norwegische Fahne, dachte sogar daran, auszuwandern. In Norwegen kennt man „Mitt Liv“ immer noch: Ein Lied, wie Benedikt später erfuhr, über eine Pubertierende, die erwachsen wird – und damit ein Beispiel dafür, dass in ESC-Liedern eben auch Botschaften stecken.
Bei Gebeten setzt er Lieder mit ein
Diese Botschaften verwendet der Mönch heute ganz bewusst selbst. Er ist Koordinator für den Bereich Jugend und Bildung, zuständig unter anderem für die Oberstufenakademie und Schulbesinnungstage.
Bei Gebeten mit Jugendlichen setzt er auch ESC-Lieder ein; solche, in denen die Schöpfung, Umwelt oder Liebe vorkommen: „Ein ESC-Lied muss in drei Minuten ein Gefühl herüberbringen. Die Kunst liegt darin, dass dieses Lied berührt.“ Übrigens: Wieder kommt hier das lexikalische Wissen durch – Bruder Benedikt weiß sogar, dass die Mutter der jungen schwedischen Umweltaktivistin Greta Thunberg 2009 auch beim ESC auftrat, „in Moskau, 21. Platz“.
Beim ESC in Israel sieht er das deutsche Duo am Ende auf einem der Plätze zwischen 12 und 17: „Ich kann auch mit einem 15. Platz leben.“ Die Favoriten kommen für ihn aus den Niederlanden, aus Schweden und Russland. Was ihn richtig aufregt und ärgert: Das Miesmachen des deutschen Beitrags schon im Vorfeld im eigenen Land: „Europa lacht darüber, wie schlecht wir uns machen.“ Im Internet hat er schon Hass entdeckt, der den jungen „S!sters“ entgegenschlägt.
Das ist in anderen Ländern nicht so. Bruder Benedikt berichtet von einer finnischen Austausch-Klasse, die Meschede besuchte: Er schrieb zur Begrüßung und zum Mitsingen für die Deutschen den Text des finnischen ESC-Beitrags von 1985 an die Tafel – „und die Finnen haben das sofort mitgesungen.“
Das Wort zum Sonntag - vor dem ESC
Und auch die Jahre, in denen Deutschland weit vorne beim ESC landen werde, kommen wieder, meint er: Das ESC-Lexikon namens Bruder Benedikt Müller weiß schließlich, das Deutschland bei 62 Teilnahmen schon 35 Top-Ten-Plätze erreicht hat.
Selbst einmal hinfahren zum ESC möchte er gar nicht. Für ihn ist und bleibt dieser gigantische europäische Kulturwettbewerb eine Fernsehveranstaltung, die ihre ganze Magie eben nur vor dem Fernseher entfaltet. Er hätte einen ganz anderen großen persönlichen Traum: „Einmal das Wort zum Sonntag vor der ESC-Übertragung sprechen!“
>>>HINTERGRUND<<<
Bruder Benedikt verfolgt auf YouTube alles rund um den ESC. Seine aktuelle Neuentdeckung: Das Lied „Dschinghis Khan“, gesungen auf Jiddisch.
Die Gruppe „Dschinghis Khan“ war mit dem gleichnamigen Lied der deutsche Vertreter 1979 beim damaligen Grand Prix in Jerusalem. Seinerzeit gab es Ärger in Deutschland, mit einem Lied über einen Mongolenherrscher ausgerechnet nach Israel zu reisen. Im Ausland machte man kein Problem daraus: Das Lied belegte Platz 4
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