Niedersalwey/Meschede. . Einer Frau aus Niedersalwey wurde das Handy gestohlen. Darauf die letzte Nachricht ihres Mannes, kurz vor seinem Tod. Die Witwe bittet um Hilfe.
„Hallo Spatzl, versuchst du bitte pünktlich zu sein? Passt scho. Ich lieb’ dich.“ Das war die letzte Nachricht, die Sabine Gießler von ihrem Mann aufs Handy bekam. 30 Minuten später war ihr Heinz tot. Lungenembolie.
Sabine Gießler fand ihn nach der Arbeit im Schlafzimmer. Im Juli ist dieser schreckliche Tag zwei Jahre her. Seine letzten Worte konnte die 59-Jährige nie löschen. Sein letztes Lebenszeichen trug sie wie einen Schatz bei sich. „Die Nachricht war so süß.“ Doch am Freitag wurde in Meschede ihr Handy gestohlen. Und mit ihr Heinz’ letzte Nachricht. Die letzte Sprachnachricht. Die letzten Fotos.
„In diesem Moment muss jemand zugegriffen haben“
Ja, sie hätte eine Kopie sichern müssen. „Aber wissen Sie was? Um diese technischen Sachen hat sich immer mein Mann gekümmert.“ Und ja, sie hätte besser aufpassen müssen an diesem Freitag am Bushäuschen in Meschede. „Ich achte sonst immer sehr auf meine Wertsachen.“ Und dennoch ist es passiert.
Sabine Gießler war am Freitagmorgen auf dem Markt in Meschede und hatte drei Taschen dabei. Vor der AOK wartete sie gegen 13 Uhr auf den Bus nach Eslohe. Sie saß auf der zweiten Bank, rechts von ihr ein junger Mann mit Rucksack, links eine Mutter mit Kleinkind. Der Bus kam um kurz nach 13 Uhr. Es war viel los. Auch Schulkinder wollten mit in den Bus steigen. Sabine Gießler steckte ihr Handy in die Handtasche und packte das Portemonnaie aus, um die Fahrkarte zu zeigen. Die Handtasche stand also für eine kurze Zeit offen. „In diesem Moment muss jemand zugegriffen haben.“
Sie hofft nun auf weitere Zeugen: Vielleicht hat die Busfahrerin etwas gesehen? Oder die anderen Fahrgäste? Die Schüler? Jeder Tipp wäre hilfreich, so Gießler. Zeugen melden sich bitte bei der Polizei unter: 0291/90200.
Anzeige gegen Unbekannt erstattet
Die 59-Jährige hat nun noch zwei Hoffnungen: Dass die Handykarte gefunden wird. Oder Vodafone die Daten rekonstruieren kann. Beides ist ungewiss. Bei der Polizei erstattete sie eine Anzeige gegen Unbekannt und auf Facebook postete sie einen Hilferuf. Er ist direkt an den Dieb gerichtet. „Behalte das Handy, aber gib mir die Karte zurück“, steht dort. Der Aufruf wurde bereits mehr als 1000 Mal geteilt. „Die Anteilnahme ist sehr groß.
„Mit geht es wirklich nur um die Karte“
Das ist total schön, aber ich bin trotzdem geschockt, dass mir so etwas passiert ist.“ Das Handy war ein Huawai P20 Pro. Flammneu. „Das lässt sich ersetzen. Mir geht es wirklich nur um die Karte.“
Denn auch die Daten auf Heinz’ Telefon gibt es nicht mehr. „Ich habe das Handy meinem Enkel geschenkt und auf Werkseinstellung gesetzt.“
Sabine und Heinz Gießler waren ein ulkiges Paar: Er mit seinen riesenhaften 1,90 Meter und sie mit ihren 1,63 Meter. „Wenn ich dich gieße, wächst du dann noch?“, ihr Heinz liebte es, sie aufzuziehen. Oder ihr jede Menge Wissen mit auf den Weg zu geben. In den Tagen vor seinem Tod schickte er noch sechs Fotos einer Kirche. „Hier wurde kein einziger Nagel verbaut“, schrieb er dazu. Sie dachte nur: „Mensch Heinz, warum schickst du mir nur immer solche Sachen?“ Heute denkt sie ganz anders darüber. Wie sehr würde sie sich wünschen, dass er nochmal sein (für sie) unnützes Wissen, seine Begeisterung mit ihr teilt.
„Macht es, das Leben ist so kurz“
„Ich würde heute vieles anders machen“, sagt sie. Paaren möchte sie auf den Weg geben: „Genießt die Zeit zusammen. Nehmt Euch Auszeiten! Schiebt nichts auf! Macht es, das Leben ist so kurz.“
2013 zog das Paar von Wesel nach Niedersalwey. „Hier wollten wir unsere Rente verbringen.“ Dieser Umzug ins Sauerland war ihr Projekt. Heiligabend suchte Heinz Gießler nach Wohnungen, am 2. Feiertag telefonierte er, Neujahr gab es die Besichtigung. Das Sauerland fühlte sich für die Frau vom Niederrhein immer wie ein Zuhause an. „Wie Studenten schliefen wir erst nur auf Matratzen“, erinnert sich Sabine Gießler und muss immer wieder lachen, weil ihr neue Erinnerungen in den Sinn kommen. Erinnerungen wie diese: Das Wohnzimmer bestand zunächst nur aus Campingstühlen, Klapptisch und Elektro-Wok. Die weiteren Möbel sollten erst nach der Renovierung folgen.
Und in diesem Chaos begann Sabine Gießler das Fenster zu dekorieren. Heinz Geißler schüttelte nur den Kopf und fragte fassungslos: „Spatzl, was machst du denn da bloß? Wie haben noch nicht mal ein Sofa.“
Doch der Geruch ist nun verflogen
Im Juli werden es zwei Jahre. „Es ist schwer, seinen Partner zu verlieren“, sagt Sabine Gießler. Ihren Nachbarn sei sie sehr dankbar. „Sie haben mir immer geholfen, generell war es schön, wie toll wir im Dorf aufgenommen wurden.“ Deshalb wird sie auch nach seinem Tod bleiben. Ihr gemeinsames Projekt weiterführen.
„Den großen Schmerz kann einem keiner nehmen. Da muss man allein durch.“ Wenn es ganz schlimm war, nahm sie seine Lederjacke in die Arme und schnupperte daran, weil sie noch nach seinem Rasierwasser roch. Doch der Geruch ist nun verflogen.
Sabine Gießler hat Angst davor, dass sich auch der Klang seiner Stimme verflüchtig, wenn die letzte Sprachnachricht nicht wieder auftaucht. Heinz erklärt darin Details aus dem Krankenhaus. Medizinische Einzelheiten. Der Inhalt ist gar nicht so wichtig. Aber es ist diese Stimme. Diese vertraute Stimme, neben der sie 17 Jahre aufgewacht ist. Die „Hallo Spatzlfrau“ sagte, wenn sie „Hallo Spatz“ rief. So hatte sich das Paar immer genannt. Bis zum diesem 17. Juli 2017, der Sabine Gießler zur Witwe machte.
Hinweise bitte an die Polizei
Das Handy wurde am Freitag zwischen 13 und 13.15 Uhr am Winziger Platz gestohlen. Sabine Gießler wartete im Bushäuschen vor der AOK.
Es handelt sich dabei um ein Huwai P20. Die Karte ist von Vodafone.
Zeugen werden gebeten, sich bei der Polizei zu melden. 0291/90200.
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