Wenholthausen/Bestwig. . Im Hochsauerlandkreis soll am Wennefels ein viertes Klettergebiet entstehen. Die Auflagen für Sportkletterer durch den Naturschutz sind enorm.

In Wenholthausen soll im Frühling ein neues Klettergebiet entstehen. Der genaue Termin der Eröffnung steht aber noch nicht fest: Denn vorher muss erst ein Uhu mitspielen.

Klettern soll naturverträglich sein

Der Deutsche Alpenverein, in dem die Sportkletterer organisiert sind, kennt jeden Felsen im Hochsauerlandkreis. 4000 sind das insgesamt. 80 davon, hat eine Untersuchung des DAV ergeben, würden sich für das Sportklettern eignen. Wenn man 40 davon langfristig dafür nutzen könnte, wäre das schon ein Riesenerfolg, meint Paul Steinacker aus Neuastenberg. Die Realität sieht durch Auflagen aber ganz anders aus.

Der 75-Jährige ist Ehrenvorsitzender des Deutschen Alpenvereins in der Sektion Hochsauerland und Koordinator für das naturverträgliche Klettern im ganz NRW.

Der Kletterfelsen im ehemaligen Steinbruch am Bähnchen in Bestwig.
Der Kletterfelsen im ehemaligen Steinbruch am Bähnchen in Bestwig. © Foto Jürgen Kortmann

Denn tatsächlich scheinen 40 Klettergebiete illusorisch: Mit Wenholthausen würde erst das vierte Gebiet im Hochsauerlandkreis entstehen – nach Bestwig, Messinghausen und Udorf. Denn die Auflagen des Naturschutzes machen viele Projekte zunichte.

Touristische Abrundung

Geplant ist das Gebiet am „Wennefels“ am Wenne-Radweg, am Alten Bahnhof in Wenholthausen. Rund 15 Meter ist der Kalkfelsen hoch. 19 Routen für Kletterer sind darin vorgesehen. „Das wird eine willkommene Abrundung des touristischen Angebotes für die Region“, sagt Paul Steinacker.

Auch wenn das nur ein vergleichsweise kleines Klettergebiet sein wird: Es eignet sich mit seinen Routen sowohl für Anfänger und Familien als auch für Sportkletterer mit „sehr, sehr hohem Schwierigkeitsgrad“. Steinacker weist besonders auf die Lage in Wenholthausen hin: Zentral gelegen, könnten hier Kletterer aus dem ganzen Westkreis hier ihrem Sport nachkommen.

Planungen laufen seit acht Jahren

Seit 2011 laufen die Planungen für Wenholthausen, 2015 wurde eine Nutzungsvereinbarung mit dem Landesbetrieb Straßenbau in Meschede als Eigentümer des Felsens abgeschlossen: Ohne Zustimmung eines Eigentümers kann ein Felsen nicht genutzt werden – obwohl der nicht einmal haftet.

Doch die letztlich erforderliche Genehmigung der Unteren Landschaftsbehörde in Meschede ist seitdem noch nicht erteilt worden. Denn vom Verein für Natur- und Vogelschutz im Hochsauerlandkreis ist Einspruch erhoben worden: Oberhalb des Felsens wurde ein Uhu gesichtet. Und seltene Vögel und Kletterer vertragen sich nach Angaben von Steinacker angeblich nicht: In einem Papier der Bezirksregierung ist „Klettern ein schwerwiegender Eingriff in Natur und Landschaft“. „Das gibt es nur in NRW“, klagt Steinacker: „Im Zweifel wird gegen Kletterer entschieden. Es könnte ja Probleme geben.“

„Das gibt es seit 80 Jahren nicht mehr“

Bei den Olympischen Spielen in Tokio wird im Jahr 2020 das Klettern erstmals olympisch. Steinacker sagt, in den Behörden gebe es immer noch ein falsches Bild vom Klettern:

Eine der vielen Auflagen hier in Bestwig: Kletterer dürfen den Gipfel gar nicht erklimmen – sie könnten ja oben möglicherweise seltene Pflanzen zerstören.
Eine der vielen Auflagen hier in Bestwig: Kletterer dürfen den Gipfel gar nicht erklimmen – sie könnten ja oben möglicherweise seltene Pflanzen zerstören. © Jürgen Kortmann

Dass Eisen und Haken den Fels sprengen könnten, dass schwere Seile über den Felsen schaben und dabei Flechten und Moose zerstören, dass schwere Nagelschuhe Pflanzen zerstören. „Das gibt es seit 80 Jahren nicht mehr“, betont Steinacker. Statt Nagelschuhen zum Beispiel würden ultraleichte Schuhe genutzt, die eine profillose Gummisohle hätten: „Damit wird die perfekte Reibung am Felsen gesucht. Flechten und Moose würden wie Schmierseife wirken.“ Die einzige echte Hinterlassenschaft beim Klettern seien die Löcher für die Ringe, die im Felsen verankert werden und durch die dann die Seile der Kletterer verlaufen.

Vogelexperte sucht nach Brut

Im Klettergebiet mit seinen über 30 Routen am Bähnchen in Bestwig ist sogar die Höhe künstlich begrenzt. Geklettert werden darf nur bis zu einem Umlenker unterhalb der Höhe. Denn auf Gipfeln und Höhen könnten seltene Gräser wachsen – und von einem Gipfelstürmer zertreten werden.

Deshalb gilt inzwischen: „Wir verzichten auf den Gipfel“, sagt Steinacker: „Nicht das Erklimmen der Höhe, sondern der Weg ist das Ziel.“ Er sagt „Wir beweisen an kleinen Felsen, dass Klettern durchaus naturverträglich funktioniert.“ In dem ehemaligen Bestwiger Steinbruch hat der DAV eine Patenschaft übernommen (wie in jedem Klettergebiet): Er muss für die Sauberkeit und Pflege sorgen.

Für Wenholthausen ist inzwischen ein Kompromiss in Sicht. Ein Vogelexperte wird den Wennefels untersuchen und nach dem Uhu fahnden. Brütet er, wird die Vogelbrut abgewartet und die Eröffnung des Kletterfelsens verschoben. Brütet er nicht, darf geklettert werden.

>>>HINTERGRUND<<<

Mit rund 3700 Mitgliedern ist die Sektion Hochsauerland des Deutschen Alpenvereins eine kleine bis mittelgroße Sektion des Gesamtvereins mit mehr als 1,7 Millionen Mitglieder. Ehrenvorsitzender Paul Steinacker sieht den DAV im Hochsauerland als größten Sportverein.

Der DAV ist auf Bundesebene auch staatlich anerkannter Naturschutzverband – in NRW allerdings nicht.

In NRW steht dem Alpenverein damit, anders als den kleineren Naturschutzvereinen wie Nabu oder VNV, auch kein Verbandsklagerecht zu.

Gespräche für Änderungen und der Möglichkeit, auch dem Alpenverein ein Klagerecht zuzusprechen, hätten in NRW auch unter der schwarz-gelben Landesregierung nichts ergeben, so Steinacker: „Bisher waren das nichts als warme Worte.“

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