Wasserfall. . Die drei Angeklagten im Amtsgericht Schmallenberg ärgerten sich über die Wartezeit an der Achterbahn im Fort Fun – der Auslöser einer Schlägerei.
Nach einer Schlägerei an der Achterbahn im Freizeitpark Fort Fun hat das Amtsgericht Schmallenberg drei Männer wegen gefährlicher Körperverletzung zu jeweils drei Wochen Dauerarrest verurteilt. Aus einem nichtigen Anlass hatte sich die Auseinandersetzung Anfang Juli 2018 entwickelt.
Angeklagt waren drei Männer, einer aus dem Irak, zwei aus Syrien, 19, 20 und 28 Jahre alt. Alle drei sind 2015 nach Deutschland gekommen, alle ohne ihre Familien. Einer lebt inzwischen in Leverkusen, zwei in Schmallenberg.
Ein vollkommen banaler Anlass
Der Anlass war banal. Zwei von ihnen waren nach einer Fahrt in der Achterbahn sitzen geblieben, und wollten mit dem dritten, der keinen Platz gefunden hatte, noch einmal fahren. An der Achterbahn war aber eine Warteschlange: Die Männer hätten nach einer Runde aussteigen müssen und sich hinten wieder anstellen müssen. Das teilte eine Frau aus der Schlange auch dem Personal mit.
Die Angeklagten mussten aussteigen. Sie beleidigten die Frau und ihren Freund, schubsten und schlugen ihn. Dem 22 Jahre alten Studenten aus Iserlohn wollte wiederum sein 31-jähriger Freund zu Hilfe kommen – der dann auch Schläge und Tritte abbekam. Der 31 Jahre alte Justizvollzugsbeamte war danach drei Wochen arbeitsunfähig: „Ich habe es von allen Seiten gekriegt“, sagte er.
Schlechte Laune wegen Wartezeiten
„Der Tag fing harmlos an“, erinnerte sich ein 29 Jahre alter Angestellter des Parks, der Dienst an der Achterbahn hatte. Bis die Angeklagten kamen: Die hätten schon schlechte Laune gehabt, weil es Wartezeiten gab, seien verbotenerweise aufs Geländer geklettert. Einer habe sich vorgedrängelt. Ein aggressiver Ton sei von ihnen ausgegangen, sagte er. Auch sein Arbeitskollege (19) sagte aus, der erste Schlag sei dann von den Angeklagten ausgegangen.
Richter Ralf Fischer kritisierte die drei Männer scharf: Sie hätten sich „in einer Art und Weise benommen, die absolut inakzeptabel und schädlich für alle Flüchtlinge ist.“ Denn sie hätten durch ihr Verhalten nur Vorurteile bestätigt: Sie wären laut gewesen, hätten sich vorgedrängelt und „ein Riesenaggressionspotenzial“ gezeigt: „Damit haben Sie allen anderen Flüchtlingen einen Bärendienst erwiesen.“
Täter beschuldigen die Zeugen
Die Flüchtlinge wiederum beschuldigten die beiden Iserlohner, dass sie mit dem Streit angefangen hätten. Sie seien als „Hurensöhne“ beleidigt worden, der 22-Jährige sei ohne Grund auf den 19-jährigen Syrer losgegangen: „Dann haben wir das nicht ausgehalten, dass unser Freund vor unseren Augen verprügelt wurde“, sagte der 20 Jahre alte Iraker. Er und der 28-Jährige seien nur eingeschritten, um zu helfen.
Das glaubte ihnen weder Richter Ralf Fischer noch Staatsanwalt Henning Michels. Während die beiden Iserlohner mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, blieben die drei Flüchtlinge unverletzt. Die beiden hätten „geschauspielert“, so der Iraker. Richter Fischer widersprach: Die Verletzungen seien ja durch Ärzte dokumentiert worden.
Uneinsichtigkeit bei Angeklagten
Ein vierter Flüchtling, ein 17-Jähriger, wird sich demnächst wohl wegen Falschaussage vor Gericht verantworten müssen. Das kündigte Staatsanwalt Michels direkt an. Sehr offensichtlich hatte sich der 17-Jährige, der zwar nicht an der Prügelei beteiligt war, aber alles gesehen haben musste, mit den drei Angeklagten abgesprochen – er benutzte sogar die gleiche Wortwahl.
Auch er sagte aus, die Aggressivität sei von den beiden Deutschen ausgegangen. Michels glaubte schon die Behauptung nicht, von den Iserlohnern seien die Beleidigungen ausgegangen – „der Ausdruck Hurensohn ist in Deutschland gar nicht so gebräuchlich.“
Höheres Strafmaß
Richter Fischer ging im Strafmaß um eine Woche Dauerarrest über die Forderung der Staatsanwalt hinaus. Denn in ihren Schlussworten vor dem Urteil war das Trio uneinsichtig geblieben, nannte die Opfer „Lügner“ und sagten, in Deutschland „wird der Schlechte nicht bestraft“.
Einer machte Vorwürfe, durch eine Verurteilung werde ihm seine Ausbildung zerstört. Allen Zeugen Falschaussagen zu unterstellen, sei „beleidigend“, sagte der Richter: „Das darf strafverschärfend berücksichtigt werden.“ „Gewalt ist für nichts, für gar nichts eine Lösung“, betonte er: „Das hat man in einem Rechtsstaat zu akzeptieren.“
Als Heranwachsende wurden alle drei nach Jugendstrafrecht verurteilt. Staatsanwalt Michels machte darauf aufmerksam, dass es juristische Praxis vom übergeordneten Landgericht sei, bei unbegleiteten Flüchtlingen von einer Reifeverzögerung auszugehen. Eine Sorge nahm Richter Fischer: Wegen eines Dauerarrestes dürfe eine Ausbildung nicht gekündigt werden.
>>>HINTERGRUND<<<
Richter Ralf Fischer warnte die Zeugen: „Es gibt kein einziges Delikt, wo so viel gelogen wird, wie bei Körperverletzungen.“
Denn als Zeuge solidarisiere man sich meistens: Entweder mit den Opfern oder mit den Angeklagten. Das könne Zeugen wiederum eine Anklage wegen einer Falschaussage einbringen.
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