Meschede. . Was müssen sich Polizistinnen gefallen lassen? Auch eine vulgäre Bezeichnung auf Türkisch? In Meschede wird ein Gerichtsverfahren fast zur Posse.

900 Euro als Geldstrafe muss ein 23 Jahre alter Mann für die Beleidigung von Polizistinnen bezahlen. Bei der Aufklärung ging es beim Prozess im Amtsgericht Meschede vulgär zu: Dort musste entschieden werden, ob die türkischen Worte rund um das ordinäre „F***“ denn tatsächlich beleidigend gemeint waren. Streckenweise wurde das zur Posse.

Prügelei im „Embassy“

Nicht nachgewiesen werden konnte dem Arbeiter aus Bestwig, vor der Beleidigung in der Tatnacht im Juni 2018 auch einen 30-Jährigen in der Diskothek „Embassy“ geschlagen und verletzt zu haben. Der Mescheder stand frühmorgens an der Theke, als er noch merkte, dass nebenan eine Rangelei entstanden war: „Auf einmal habe ich einen Schlag ins Gesicht bekommen.“

Er stürzte, ein Zahn brach ab, er wurde am Arm verletzt – er war ein Zufallsopfer. Der Angeklagte sagte, er habe ein Mädchen an der Theke angesprochen, daraufhin sei er von einer Gruppe „umzingelt, angerempelt und geschubst“ worden; ja, er habe auch zurückgeschlagen. Niemand hat aber gesehen, wer genau den 30-Jährigen geschlagen hatte.

Angaben alle erlogen

Der 23-Jährige verließ danach mit seiner Freundin das „Embassy“. Auf der Zeughausstraße hielt ihn die alarmierte Polizeistreife an: Weil die beiden Polizistinnen aber weiter hinauf zur Disco mussten, wo immer noch Trubel war, nahmen sie zwar seine Personalien auf, konnten sie aber in der Hektik nicht vor Ort überprüfen.

Einen Ausweis hatte der Mann nicht dabei. Nachher stellte sich heraus, dass der 23-Jährige all seine Angaben erlogen hatte: Geburtsdatum und Adresse waren falsch, seine angebliche Telefonnummer gehörte zu einer Pizzeria – und sein angeblicher Name war eine derbe türkische Beleidigung, die die Polizei mit „F*** euch“ übersetzte.

Durch Foto Identität ermittelt

Die Polizei konnte die Identität des Mannes dennoch klären und ihn ermitteln: Vor Ort war von ihm ein Foto gemacht worden. Eine der Polizistinnen sagte über die Beleidigung aus: „Das macht einen schon ganz schön sauer.“

Tatsächlich seien die vulgären Worte aber gar keine Herabwürdigung der Polizistinnen gewesen, meinte der Anwalt des Mannes. Die Polizei habe falsch übersetzt: „Die Polizei hat keine gescheite Übersetzung gemacht.“ Denn in Wirklichkeit habe sein Mandant auf Türkisch nicht „F*** euch“, sondern „F**** Schwanz“ gesagt – und diese Bezeichnung habe er stolz auf sich selbst bezogen, quasi wie einen Künstlernamen. „Das war eine Selbstbetitelung“, sagte der 23-Jährige: „Ich wollte vor meiner Freundin cool wirken.“

„Herabwürdigung der Beamten“

Sein Anwalt forderte einen Freispruch. Er sagte auch, so schlimm sei die Beleidigung doch nicht: „Polizisten müssen ein dickes Fell haben.“

Die Staatsanwaltschaft sah das deutlich anders: „Es hat schon eine andere Qualität, wenn man nur sagt, „Mein Name ist Hase.“ Denn natürlich sei die Beleidigung mit dem „F***“-Wort eine „Herabwürdigung der Beamten“ gewesen: „Da müssen wir nicht drüber diskutieren: Polizisten werden im Dienst nicht beleidigt“, so die Staatsanwältin.

Das sah auch Richter Dr. Sebastian Siepe in seinem Urteil so: „Selbstverständlich ist das eine Beleidigung“ – es sei subjektiv und objektiv eine Herabwürdigung von Polizisten, die ihrer Arbeit nachkämen. Siepe: „Der Angeklagte hat versucht, die Polizisten nicht für voll zu nehmen.“

>>>HINTERGRUND<<<

Juristisch gesehen gibt es keinen eigenen Straftatbestand der Beamtenbeleidigung – es gelten die gleichen Regelungen wie für andere Menschen, egal welcher Berufsgruppe.

Verurteilt wurde der Angeklagte nach Paragraf 185 Strafgesetzbuch: Darin ist die Beleidigung geregelt.

Eine Besonderheit: Wird ein Beamter im aktiven Dienst beleidigt, kann auch der Vorgesetzte einen Strafantrag stellen

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