Schmallenberg. . Für den angeblichen Erstausbau in Altenilpe, Fleckenberg und Holthausen sollen Schmallenberger bis zu 44.000 Euro zahlen. Sie wollen sich wehren.
„Ich muss an meine Altersvorsorge gehen, die ich mir über Jahre angespart habe. Andere Betroffene verkaufen Grundstücke. Wir alle müssen unser nächstes Jahr umplanen, niemand kann in so kurzer Zeit so große Summen aufbringen“, sagt Johannes Bette betroffen. Er soll voraussichtlich 22.080,99 Euro für den Ausbau der innerörtlichen Straße in Altenilpe bezahlen, an der sein Grundstück liegt - laut Stadt ein Erstausbau (wir berichteten). Deswegen zahlen die Bürger 90 Prozent der Maßnahme, Beträge zwischen 9000 und 25.600 Euro werden fällig, 60 Prozent zu Beginn des Ausbaus.
Damit wollen sich die Altenilper nicht zufrieden geben: „Wir geben nicht auf, auch wenn bei der Stadt Fragen verwässert, nicht beantwortet oder ignoriert werden. Aber wir wollen Antworten“, so Thorsten Conze. Für die Anlieger steht fest: „Wenn der Bescheid kommt, dann werden wir klagen.“ Denn in ihren Augen sei das Bauvorhaben kein Erstausbau.
Der Unmut über die Vorhaben der Stadt wächst auch in zwei weiteren Ortsteilen: Holthausen und Fleckenberg. Auch dort sind Bürger von einem Erstausbau betroffen.
Altenilpe
Konkret geht es in Altenilpe um den Ausbau der Innerortsstraße abzweigend von der K 20 bis zum Ortsausgang Richtung Sellinghausen - rund 200 Meter sind betroffen und neun Anlieger. Sie sind sicher: „Es ist eine Verbindungsstraße, die schon lange existiert.“ Die Straße müsse nach KAG-Gebühren abgerechnet werden, „da müssten wir höchstens 50 Prozent zahlen, eher 30. Dazu wären alle bereit“, sagt Bette. Eine Anliegeranhörung gab es bereits im November, seitdem seien an die Betroffenen keinerlei Informationen weitergegeben worden.
Thorsten Conze beantragte Akteneinsicht für mehrere Dokumente, „mittlerweile habe ich diese zumindest teilweise bekommen.“ Und auch da falle auf: „1977 wurde die Kreisstraße erneuert. Auch an der betroffenen, selbst von der Stadt als Gemeindestraße titulierten, Straße wurden Arbeiten durchgeführt. Es scheint seit jeher eine offizielle Straße zu sein“, sagt Bette. Und: „Es gibt keine Argumente dafür, dass es eine Ersterschließung ist“ - es gebe Beleuchtung, Entwässerung, eine Teerdecke. Ein Bürgersteig sei zwar nicht vorhanden, die Straße werde aber seit jeher als Verbindungsstraße genutzt. „Stündlich fahren hier Pkw von Altenilpe nach Sellinghausen. Ebenso die städtische Müllabfuhr und der städtische Schulbus.“
Fleckenberg
Auch in Fleckenberg sollen die Anwohner der Straße „Rönneckeroth“ sowie einige Anwohner der Straße „Oberer Beerenweg“die Baumaßnahmen an der Straße zu 90 Prozent bezahlen. Beträge zwischen 9000 Euro und 44.000 Euro stehen im Raum, 15 Anwohner sind betroffen. Im Zuge der Maßnahme sollen unter anderem die Straßenbeleuchtung komplett erneuert oder die in Teilen vorhandene Freileitung zurückgebaut werden. Der vorhandene Oberbau der Straße soll komplett erneuert werden.
„Dass die Straße sanierungsbedürftig ist, steht außer Frage“, sagt Anlieger Holger Schmidt dazu. „Aber beim Kauf des Grundstücks habe ich den Preis für ein erschlossenes Grundstück bezahlt. Alle hier haben diesen Preis bezahlt, dann kann es doch keine Ersterschließung sein“, findet er. Auch wenn der Ärger über den Erstausbau bereits etwas abgeklungen ist - erledigt hat sich die Sache für die Fleckenberger noch lange nicht. „Uns fehlt am meisten das Mitspracherecht, wir zahlen schließlich den Ausbau zu 90 Prozent“, sagen sie. Vor allem in Sachen Kommunikation habe man mit der Stadt Probleme gehabt: Grundstücksflächen seien falsch berechnet worden, bei Wünschen der Anwohner - beispielsweise Leerrohre für Glasfaser gleich mit zu verlegen - habe sich die Stadt quergestellt.
Holthausen
In Holthausen sind zehn Anlieger der Schützenstraße betroffen. „Wir müssen Beträge von 7000 bis 25.000 Euro stemmen“, sagt Wolfgang Schürmann dazu. „Die Behauptung der Stadt, dass es sich um einen Erstausbau handelt, streiten wir ab“, sagt er. Im Rahmen einer Maßnahme 1974 sei die Straße bereits ausgebaut worden: „Land, Stadt und Bürger haben bei dieser Maßnahme gezahlt, früher hieß die Straße noch ,Zum Alten Feld’“, so Schürmann.
In seinen Augen hätte die Politik die Anliegen der Bürger besser vertreten müssen. „Das was hier passiert, ist nicht bürgerfreundlich. Über das Vorgehen der Politik bin ich sehr irritiert,“ betont er. Dass sich die CDU als Mehrheitsfraktion - so dermaßen gegen den Bürger stelle, sei in seinen Augen unverantwortlich. Zudem sei das Ausbauvorhaben viel zu aufwändig gestaltet. Eigene Berechnungen der Anlieger hätten ergeben, dass man auch deutlich günstiger bauen könne. Auch in Holthausen ist der Tenor eindeutig: Die ersten Anlieger stehen bereits mit Anwälten in Kontakt und „wollen gegen den Beitragsbescheid klagen“.
Die Sicht der Stadt
Bei zwei der Maßnahmen habe die Stadt Schmallenberg einen Fachanwalt hinzugezogen. Mit dem Ergebnis: „Die rechtlichen Einschätzungen decken sich mit denen der Stadt, es handelt sich in den Orten um Erstausbaumaßnahmen, also Straßen, die erstmalig entsprechend der heutigen Ausbaukriterien der Satzung hergestellt werden müssen“, so König.
In allen drei Orten sehe die Situation ähnlich aus: Die Straßen seien niemals nach den üblichen Standards - mit einer ausreichenden Beleuchtung, einheitlicher Asphaltdecke, Bürgersteigen und einer Straßenentwässerungseinrichtung - hergestellt worden. „Es handelt es sich bei den vorhandenen Anlagen um frühere Wirtschaftswege, an die nach und nach angebaut wurde“, erläutert Andreas Plett, Leiter der Finanzabteilung. „Sie wurden aber bislang nicht nach den Kriterien ausgebaut, die an solche Erschließungsanlagen zu stellen sind.“
Im weiteren Beitragsverfahren stehe für die Anlieger der weitere Rechtsweg offen. Die Einschätzung der Stadt würde dann von einem Verwaltungsgericht überprüft. Für Holthausen und Fleckenberg werden derzeit die eingegangenen Angebote der Tiefbaufirmen ausgewertet. Daraus werde ein Vergabevorschlag entwickelt, der dann zunächst dem Technischen Ausschuss vorgelegt wird und im Anschluss von der Stadtvertretung beschlossen werden muss.
Maßnahme in Altenilpe
Die Maßnahme in Altenilpe wurde noch nicht ausgeschrieben, „weil nicht alle städtischen Bauvorhaben zeitgleich umgesetzt werden können“, so die Verwaltung. Mit Beginn der Ausbaumaßnahmen müssen die Anlieger dann eine Vorausleistung (circa 60 Prozent der kalkulierten Gesamtkosten) zahlen. „Es ist aber möglich, die Beitragslast über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren in Form einen Ratenzahlung und zu einem aktuell günstigen Zinssatz von 1,2 Prozent zu stunden. Bei Fragen zum Beitragsverfahren können sich die Anlieger immer an die Stadt wenden“, betont Andreas Plett.
Beigeordneter König: „Wir versuchen, durch die Wahl des Bauprogramms die Kosten der Maßnahmen gering zu halten und den Anliegern durch Einräumung von Stundungsmöglichkeiten soweit wie möglich entgegenzukommen“.
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