Meschede. . Unerlaubte Werbeanrufe und Abzocke am Telefon: Die Bundesnetzagentur geht gegen diese Betrugsmaschen vor - von Meschede aus.

„Machen Sie, dass es aufhört!“ Die Menschen, die sich an die Bundesnetzagentur wenden, sind im besten Fall genervt, oft verzweifelt. Sie erhalten Anrufe, die sie nicht wollen, als Abzocke oder Abo-Werbung. Ihre Anrufe und Mails kommen aus dem ganzen Bundesgebiet. Nur die wenigsten wissen: Die Experten sitzen in Meschede.

In der Nördeltstraße zog nach der Privatisierung des Post- und Fernmeldedienstes ein Teil der heutigen Bundesnetzagentur ein. Heute arbeiten dort 22 Männer und Frauen unter der Leitung von Jürgen Masuth. Ihre Hauptaufgabe: Betrügern im Internet und am Telefon das Handwerk zu legen. Die inoffizielle Berufsbezeichnung von Josef Wüllner, Guido Brüschke und Thomas Berndt lautet daher auch „Ermittler“.

Ping-Anrufe

Ende 2017 schnellten die Beschwerden hoch. „Damals begann eine Welle der so genannten Ping-Anrufe“, erinnert sich Josef Wüllner. „Rund 75.000 Kontakte gab es damals in Meschede, fast 50.000 in zwei Monaten.“ Die Spitze eines Eisbergs. „Das müssen Millionen Betrugs-Anrufe gewesen sein, denn es meldet sich nur ein Bruchteil der Betroffenen bei uns.“

Bei den Telefonkunden klingelt es einmal, auf dem Display erscheint eine Nummer, deren Vorwahl so ähnlich aussieht wie die eines deutschen Ortsnetz – tatsächlich aber handelt es sich um eine ausländische Rufnummer. „Wer zurückruft, merkt das natürlich nach ein paar Minuten, aber schon da sind Kosten entstanden.“

 Ermittler Thomas Berndt mit dem Leiter der Mescheder Außenstelle Jürgen Masuth.
Ermittler Thomas Berndt mit dem Leiter der Mescheder Außenstelle Jürgen Masuth. © Ute Tolksdorf

Wüllner kennt auch Kunden, die nach einem automatischen Rückruf 60 Minuten über eine Bandansage in der Leitung gehalten wurden. „Besonders schlimm traf es eine Redaktion, deren Filmteam in unwegsamem Gelände unterwegs und nur über ein Satellitentelefon erreichbar war.“ Sie erhielt einen Anruf, auf dem sie seltsame Geräusche und Stöhnen hörte. Die Kollegen waren alarmiert, mussten glauben, dass dem Team etwas zugestoßen ist. Erst ein eigener Anruf gab das erlösende: „Hier ist alles ok.“

Die Bundesnetzagentur verfolgt solche Anrufer. Josef Wüllner meldet sich auch schon mal persönlich dort. Vor allem aber kann die Behörde durch ein so genanntes Rechnungslegungs- und Inkassierungsverbot verhindern, dass die Betrüger ihre Kosten auch eintreiben. Offenbar funktionieren die Maßnahmen: Die Beschwerden gingen deutlich – auf jetzt 600 pro Monat – zurück. Trotzdem sein Tipp: „Man sollte auf jeden Fall die nachfolgende Rechnung überprüfen.“

Was Telefonkunden selbst tun können

1.Die eigene Telefonnummer sollte man nur gezielt weitergeben.

2. Vorsicht bei Anrufen von unbekannten Nummern.

3.Vor dem Rückruf stets überprüfen, ob es sich um eine hochpreisig, beispielsweise Auslandsnummer handelt.

4. Unbekannte Links in E-Mails ignorieren.

5.Die Telefonrechnung stets sorgsam prüfen.

6.Schützen Sie sich durch Rufnummernsperren vor unliebsamen Forderungen.

7.Rufen Sie entsprechende Lastschriften gegebenenfalls auch vorsorglich zurück.


8. Die Bundesnetzagentur kann keine Gelder eintreiben. Bei zivilrechtlichen Ansprüchen helfen die Verbraucherzentralen oder Anwälte.

9. Beschwerdeformulare gibt es auf www.bundesnetzagentur.de/rufnummernmissbrauch, per Mail ist die Bundesnetzagentur erreichbar: rufnummernmissbrauch@bnetza.de

10.

Per Telefon sind die Ermittler unter 0291/9955206 erreichbar.

Internet Popup

Darauf fallen besonders gern junge Leute herein: Der Internet-Nutzer surft unbedarft im Netz, plötzlich erscheint ein Popup-Fenster mit einem Windows-Symbol, und eine Stimme warnt in Endlos-Schleife, man solle im Sinne der Netzsicherheit dringend die Nummer xy anrufen.

„Die Seite ist ein Fake“, warnt Thomas Berndt. „Man sollte über Steuerung/Alt/Entfernen den Explorer sofort schließen, den Computer ausschalten und neu starten“, rät er. Hat man die falschen Experten erst mal auf seinen Computer gelassen, finden sie immer einen Fehler, der kostenpflichtig beseitigt werden muss.

„100 bis 1500 Euro verlangen sie dann gern, um die vermeintliche Schadsoftware, die sie vorher möglicherweise selbst installiert haben, angeblich zu löschen“, weiß der Experte. Für die Verfolgung solcher Betrüger, braucht Berndt - wie seine Kollegen genaue Angaben: am besten einen Screenshot des Popup-Fensters, um die Abschaltung der Rufnummern einzuleiten.

Predictive Dialer

Das nervt – und ist verboten: Von einem Callcenter aus, ruft ein Computer gleichzeitig zu allen Tagen und Zeiten viele verschiedene Rufnummern an. „Bei Ihnen zu Hause klingelt es, wenn Sie abheben ist keiner dran, weil die Call-Center-Mitarbeiter gar nicht alle Anrufe erledigen können“, erläutert Ermittler Guido Brüschke. Auch diese Belästigung verfolgt die Bundesnetzagentur. Die Mescheder Experten bitten allerdings auch hier um genaue Angaben. „Wir brauchen die Häufigkeit der Anrufe, möglichst genaue Daten, die Uhrzeit, um tätig werden zu können.“

>>>HINTERGRUND

Die Bundesnetzagentur in Meschede liegt in der Nördeltstraße 5, hat dort aber keine Sprechzeiten, sondern bietet nur Telefonkontakt. In dem 1920 erbauten Gebäude war früher das Landesstraßenbauamt untergebracht. In den 50er-Jahren entstand links ein Anbau. Von 1967 bis 1978 hatte die Firma Truco dort ihr Verwaltungsgebäude.

 Früher war an dieser Stelle von 1920 bis 1967 erst das Landesstraßenbauamt (Anbau 50er Jahre), dann das Unternehmen Truco bis 1978. Von 1978 bis 1991 die Kreispolizeibehörde, daher die vergitterten Fenster.1991 wurde das Gebäude kernsaniert, seitdem ist dort erst die Bundesanstalt für Post- und Telekommunikation, dann die Regulierungsbehörde  für Telekom und Post und jetzt die Bundesnetzagentur.
Früher war an dieser Stelle von 1920 bis 1967 erst das Landesstraßenbauamt (Anbau 50er Jahre), dann das Unternehmen Truco bis 1978. Von 1978 bis 1991 die Kreispolizeibehörde, daher die vergitterten Fenster.1991 wurde das Gebäude kernsaniert, seitdem ist dort erst die Bundesanstalt für Post- und Telekommunikation, dann die Regulierungsbehörde  für Telekom und Post und jetzt die Bundesnetzagentur. © Ute Tolksdorf

Von 1978 bis 1991 war in dem Gebäude die Kreispolizeibehörde untergebracht. Aus dieser Zeit stammen auch noch die vergitterten Fenster. Im Anschluss wurde das Gebäude kernsaniert und das Bundesamt für Post und Telekommunikation zog ein, das dann zur Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post und später zur Bundesnetzagentur wurde.

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