Schmallenberg. . Schmallenberger Anwalt Friedrich von Weichs erklärt, was eine Entscheidung für das Wisentprojekt und für die Waldbauern bedeuten könnte.
Mit großer Spannung schauen Waldbauern aus der Region am Freitag nach Karlsruhe: Gut fünf Jahre nach der Auswilderung der Wisente könnte am Bundesgerichtshof in einem Revisionsverfahren dann eine erste Entscheidung fallen, wie es mit dem Wisentprojekt weitergehen soll.
Anwalt Friedrich von Weichs, der mit Dr. Dieter Schulz Waldbauer Hubertus Dohle vertritt, erzählt im Interview, was eine Entscheidung am Freitag bedeuten könnte.
Jetzt ist es nicht mehr lange. Freitag könnte in Sachen Wisentprojekt eine Entscheidung fallen. Was bedeutet das für Sie?
Friedrich von Weichs: Eine Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof ist für uns Neuland. Wir schreiben hier teilweise Rechtsgeschichte – einen ähnlichen Fall in diese Richtung hat es noch nicht gegeben.
Für uns als Begleiter ist das sehr spannend. Auch, weil die Entscheidung Auswirkungen auf weitere Verfahren hat. Wir werden aber an diesem Tag nur im Publikum sitzen.
Warum?
Es gibt nur wenige Anwälte, die am Bundesgerichtshof zugelassen sind. Wir werden sicherheitshalber eine Robe dabei haben, denn es kann sein, dass wir nach einer Beurteilung gefragt werden. Außerdem wollten wir Herrn Dohle an diesem Tag nicht alleine lassen.
Die Entscheidung ist wichtig – auch für uns. Wir haben das Projekt vom Anfang bis zum Ende begleitet. Das ist meine Arbeit, mein Herzblut – auch das von Dr. Schulz, der die Akten federführend bearbeitet hat.
Gehen Sie denn davon aus, dass ein Urteil fällt?
Es könnte auch passieren, dass keine Entscheidung fällt und der Fall für eine weitere Beweisaufnahme zurück ans Oberlandesgericht geht oder sogar zum Europäischen Gerichtshof. Aber sagen wir es so: Ich halte es für wahrscheinlich, dass eine Entscheidung fallen wird.
Wie stehen Ihre Chancen?
Wie sagt man so schön: Vor Gericht und auf hoher See weiß man nie, was passiert. Wir rechnen uns zwar gute Chancen aus, ob wir gewinnen, können wir aber nicht sagen.
Im besten Fall muss der Trägerverein geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Tiere von den Grundstücken der klagenden Waldbauern fernzuhalten. Welche Maßnahmen das sind, wird aber nicht der BGH entscheiden.
Das muss der Trägerverein dann selbst sicherstellen. Es könnte beispielsweise über eine Ablenk-Fütterung oder auch einen Zaun sichergestellt werden.
Die Herde gilt als wild. Könnte das denn funktionieren?
Wir glauben: Die Herde ist noch nicht wild – und auch nicht scheu. Sie kommen nah an den Menschen heran. Das konnte man schon mehrfach beobachten. Wir denken: Man kann sie durchaus füttern oder lenken.
Und was wäre das schlechteste Ergebnis?
Das schlechteste Ergebnis für uns wäre, dass wir verlieren. Bedeutet konkret: Die Wisente können weiterhin, ohne dabei beeinträchtigt zu werden, Schäden bei unseren Mandanten in den Waldgebieten verursachen.
Der Verein zahlt zwar aktuell Schadensersatz für die entstandenen Schäden an den Bäumen, aber unsere Mandanten wollen nicht das Geld. Sie wollen einfach ihre Buchen gesund großziehen. Die beschädigten Bäume werden nie gesunde, gute Bäume werden.
Wie sehen Sie generell das Wisentprojekt?
Das Tourismus-Projekt in Jagdhaus ist gut. Aber die Freilassung der Tiere halten wir für fragwürdig, gefährlich und schädlich für die heimischen Wälder. Wir haben nichts gegen Wisente oder den Verein. Wir wollen nur, dass die Buchen nicht mehr beschädigt werden.
Es besteht weiterhin der Konflikt: geschützte Art und geschützte Buche. Wir leben hier in einem FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat). Auch die Buche ist geschützt – und die, war schon immer hier. Die Landnutzer fühlen sich zunehmend unverstanden. Je näher man an die großen Städte kommt, desto eher findet man auch Befürworter für das Wisentprojekt.
Wie kommt das?
Grundsätzlich gibt es in Deutschland oft einen Stadt-Land Konflikt. Die Menschen, die auf dem Land leben, leben auch oft vom Land. Ein immer größer werdender Teil der Bevölkerung sieht das Land als Urlaubs- und Erholungsgebiet.
Für Familien, die seit teilweise 150 Jahren Waldbau betreiben, sind die Schälschäden, die die Wisente verursachen, ein großer wirtschaftlicher Schaden. Bleibt jetzt abzuwarten, was am Freitag passiert.
>>>> INFO: Parteien mit letzter Entscheidung unzufrieden
Im Wisent-Streit hatte das Oberlandesgericht in Hamm sein Urteil gefällt: Beide Parteien waren jedoch mit der Entscheidung unzufrieden und gingen in Revision.
Der Trägerverein soll laut Urteil des OLG mit „geeigneten Maßnahmen“ dafür sorgen, dass die Wisente keine Schäden mehr in den Wäldern der Waldbauern anrichten. Die Voraussetzung: Die zuständige Naturschutzbehörde muss dafür eine Ausnahmegenehmigung erteilen, da die Tiere unter Naturschutz stehen.
Die Schäden, die Wisente durch das Schälen von Baumrinde anrichten, erstattet der Trägerverein über einen Fonds.
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