Bestwig. . Ein Stellwerk existiert noch am Bahnhof in Bestwig. Fahrdienstleiter müssen, ähnlich wie Fluglotsen, immer höchst konzentriert arbeiten.

Ein Signal ertönt, Knöpfe werden betätigt, dann rauscht dicht am Fenster ein Zug vorbei. Etwas abgeschottet, am Rand der Gleise, liegt am Bestwiger Bahnhof ein anspruchsvoller Arbeitsplatz. Seit 2005 steht am Bestwiger Bahnhof das einzige verbliebene Stellwerk. Früher gab es noch zwei in Nuttlar. „Die Technik ist moderner geworden, daher benötigt man nicht mehr so viele Stellwerke“, sagt Betriebsleiter Holger Knackstedt.

Was von außen wie ein unscheinbares Nebengebäude wirkt, entpuppt sich von innen als moderne Schaltanlage. Neben flackernden Flachbild-Computermonitoren befindet sich im Raum ein großer Stelltisch mit Dutzenden von Schaltern und Knöpfen. „Hier sorgen wir dafür, dass der Zugverkehr reibungslos laufen kann“, sagt Heinz Werner Strozoda.

Die Aufgaben am Stelltisch

Am Stelltisch werden, wie der Name schon vermuten lässt, Zugstraßen eingestellt. Die Mitarbeiter des Bestwiger Stellwerkes sind aber auch verantwortlich für alle vollbeschrankten Bahnübergänge, welche die Züge, die im Halb-Stunden-Takt durch Bestwig fahren, passieren.

„Wir regeln von hier die Schranken. Bei Vollschranken müssen wir reagieren können, falls mal ein Auto dazwischen gerät“, so Stozoda. Bei Bahnübergängen mit Halbschranken werden die Schranken dagegen automatisch geregelt. Hier kann der Straßenverkehr diesen in Fahrtrichtung verlassen und so den Übergang noch rechtzeitig räumen. „Das Umfahren der Halbschranken ist verboten und lebensgefährlich“, betont Holger Knackstedt.

Ein Zug nähert sich

Ein Signalton kündigt den nächsten Zug an. Heinz Werner Stozoda betätigt mit geübter Hand ein paar Knöpfe am Stelltisch. Die Zugstraße ist eingestellt, jetzt flackern die Monitore über dem Stelltisch auf. Ein Zug nähert sich dem Bahnübergang in Nuttlar.

„Dieser Übergang ist besonders schwierig, da er direkt an einer Kreuzung liegt. Oft fahren die Leute auf die Gleise, wenn sie über die Kreuzung wollen - manche auch mit voller Absicht, weil sie wissen, dass wir dann die Schranken nicht herunterlassen können“, ärgert sich. Ein Sicherheitsrisiko.

Gefahren wird im Raumabstand

Läuft es schlecht, kommt es durch Fahrzeuge auf den Gleisen zu Verspätungen im Zugverkehr und die ziehen sich dann durch. Dabei gilt das Andreaskreuz vor dem Bahnübergang als „Stoppschild“. Es muss also zum Beispiel bei einem Stau vor dem Andreaskreuz angehalten werden und der Bahnübergang frei bleiben. „Ein Zug hat einen Bremsweg von 1000 Metern, daher fahren wir hier im Raumabstand“, erklärt Betriebsleiter Holger Knackstedt. Das bedeutet, dass ein Zug, der von Bestwig nach Meschede unterwegs ist, erst ein grünes Signal vom Stellwerk bekommt, wenn der vorherige Zug den Mescheder Bahnhof verlassen hat.

Der Faktor Mensch

Fahrdienstleiter müssen, ähnlich wie Fluglotsen, immer höchst konzentriert arbeiten, denn es besteht immer die Gefahr, dass Züge auf ein falsches Gleis manövriert werden. „Wir hatten hier aber zum Glück noch keinen größeren Unfall, nur einmal eine Entgleisung beim rangieren“, so Holger Knackstedt. Für Sicherheit sorgt auch moderne Technik.

Das Risiko für Unfälle wie fatale Kollisionen sei dadurch deutlich geringer geworden. Aber natürlich spiele auch immer der Faktor Mensch eine Rolle, so ist ein Fahrdienstleiter im Bestwiger Stellwerk nie allein. „Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst. Hier wird Sicherheit produziert“, sagt Betriebsleiter Holger Knackstedt.

Gearbeitet wird dazu 365 Tage im Jahr im Drei-Schicht-System. Das Stellwerk ist rund um die Uhr besetzt, unter anderem mit Heinz Werner Strozoda. Er ist seit 1970 bei der Bahn und seit 1973 als Fahrdienstleiter in Bestwig: „Früher brauchte man für vieles, was heute mit einem Knopfdruck erledigt ist, viel Kraft. Denn da mussten die Hebel mit denen die Gleise verstellt wurden, noch von Hand betätigt werden.“

Ein spannender Job

Diese Zeit haben Marvin Eichler (24) und Dennis Mirau (23) nicht mehr erlebt. Die beiden jungen Männer haben in ihrer Ausbildung zum Fahrdienstleiter in Bestwig dagegen viel mit moderner Technik zu tun. „Der Job ist spannend und Abwechslungsreich und bietet mir die Möglichkeit mich später beruflich noch weiterzubilden“, erklärt Marvin Eichler, der durch einen Zufall zur Deutschen Bahn gekommen ist, seine Berufsentscheidung. „

Ich hatte eigentlich schon begonnen etwas ganz anderes zu studieren, dann habe ich ein Werbeplakat der Bahn gesehen und mich umentschieden. Ich hatte die Bahn vorher gar nicht auf dem Schirm.“, sagt der Auszubildende und wird sogleich vom nächsten Signalton unterbrochen, der einen Zug ankündigt. Jetzt ist am Stelltisch wieder volle Konzentration gefragt.

>>>HINTERGRUND<<<

Früher gab es im Raum Bestwig/Meschede noch Mechanische Stellwerke. Dabei wurden Signale und Weichen über Hebel und Drahtzüge per Hand gestellt. Weichen konnten damit nur bis zu 800 und Signale bis maximal 1800 Meter Entfernung gestellt werden. Daher gab es früher drei Stellwerke, statt wie heute nur eins.

Der Fahrdienstleiter stellte dort durch Augenschei n fest, ob die Gleise frei waren.

Drucktasten-Stellwerke wandeln heute Bedienhandlungen des Personals in elektrische Impulse um. Weichen und Signale stellen sich elektrisch um.

Die Betriebszustände der Signale und Weichen werden im Stellwerk über verschiedenfarbige Lichtpunkte angezeigt. Der Fahrdienstleiter überzeugt sich anhand der Anzeigen davon, dass die Gleise für Zug- oder Rangierfahrten frei sind.

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