Meschede. Nach Angriff auf Richterin in Arnsberg im Jahr 2016: Mescheder Amtsgericht setzt auf Training für die Mitarbeiter.

Der Angriff wirkt nach. Im Juni 2016 springt im Amtsgericht Arnsberg ein Angeklagter auf und prügelt auf eine Richterin ein. Sie wird psychisch und physisch verletzt. Die Attacke war ein Grund, warum sich das Amtsgericht Meschede jetzt im Rahmen seiner Gesundheitsvorsorge für einen Kurs zu Selbstverteidigung entschieden hat. „Es gibt Kollegen, denen bei dem Gedanken an den Vorfall in der direkten Nachbarschaft immer noch mulmig ist“, sagt Ursula Dyk. Sie wünschten sich einen Selbstverteidigungskurs.

Schlagstocktraining

Die stellvertretende Geschäftsleiterin des Amtsgerichts Meschede leitet die Planungsgruppe Gesundheitsmanagement im Haus. „Die Wachtmeister werden bei uns sowieso viermal im Jahr in Selbstverteidigung inklusive Schlagstocktraining geschult“, erzählt sie. Für die normalen Justizangestellten sei das aber nicht vorgesehen.

Doch auch diese treffen im Gerichtssaal oder in Büros immer wieder auf Menschen, die sich in Ausnahmesituationen befinden. „Meist werden sie nur laut“, sagt Ursula Dyk, bisher sei es äußerst selten vorgekommen, dass jemand handgreiflich wurde.

Doch auch brüllende Menschen, die sich drohend vor einem aufbauen, können Angst einflößen. „Und hier arbeiten 90 Prozent Frauen“, erklärt Ursula Dyk, die schon körperlich den meisten Angreifern unterlegen wären. Sie ist sicher: „Insgesamt hat der Respekt vor dem Gericht und den Leuten, die hier arbeiten, in den vergangenen Jahren schwer gelitten.“

Unschöne Szenen

Unschöne Szenen spielten sich dabei weniger im Gerichtssaal ab, da werden in kritischen Fällen Wachtmeister angefordert, „sondern vor allem in der Rechtsantragsstelle.“ Diese ist für die meisten Besucher die erste Anlaufstelle, zum Beispiel für Beratungs- oder Prozesskostenhilfe. Auch wenn das Sozialamt Gelder streicht, das Lohnkonto gepfändet wird oder die Zwangsvollstreckung droht, kommen viele Bürger erstmal in die Steinstraße. Ursula Dyk: „Für viele ist das Amtsgericht dann der Urheber des Bösen, weil unter dem amtlichen Dokument immer eine Rechtsmittelbelehrung steht, und darin ist von Gerichten die Rede.“

Wachtmeister in der Nähe

Auch Frauen, die eine einstweilige Verfügung gegen ihren Mann beantragen wollen, damit er sich der gemeinsamen Wohnung nicht mehr nähert, kommen zur Rechtsantragsstelle. Das scheint zwar erstmal unproblematisch, aber wenn dann der Mann anschließend im Büro stehe,

Im Rahmen des Gesundheitsmanagements

Der Selbstverteidigungskurs fand im Rahmen des Gesundheitsmanagements statt, das es am Amtsgericht Meschede, finanziert vom Land NRW, seit 2014 gibt.

Auch Rückenkurse, eine Arbeitsplatzbegehung und Augentraining für die Arbeit am Computer fanden so bereits statt. Jeweils einen Tag lang trainierten je zwölf Frauen und Männer gemeinsam mit Ludger Hilgenhaus, dem Inhaber des Bestwiger Unternehmens LH Security.

Er zeigte vor allem Befreiungstechniken. Der Fachmann gibt zu bedenken: „Aus so einem einmaligen Kurs langfristige Erfolge zu erzielen, ist schwierig.“ Im Angriffsfall machten es Überraschungsmoment, Stress und Panik schwer zu reagieren. „Da haben selbst gute Kampfsportler Probleme.“

Aber Hilgenhaus weiß aus seiner Erfahrung auch, dass die Seele dessen, der sich wehrt und den Täter konkret angeht, anschreit oder schlägt, weniger leidet. Auch der Täter lasse dann schon mal ab. „Der will ja schließlich ein Opfer.“

so Dyk, sei es oft gut, dass die Wachtmeister in direkter Nähe sind.

„Die haben an der Schleuse auch schon so manche Waffe rausgefischt, wie Taschenmesser, Schlagringe und Pfefferspray.“ Das offensichtlich Unauffälligste war ein Spazierstock, der aber aus Vollmetall war und in dessen Innern ein Degen steckte.

Auch wenn es das Amtsgericht mal wieder mit Beteiligten zu tun hat, die das Bestehen der Bundesrepublik bezweifeln und deren Gesetze nicht anerkennen, ist Ursula Dyk, die für die Zwangsversteigerungen in Meschede, Eslohe, Bestwig und Schmallenberg zuständig ist, froh, dass die Wachtmeister vorher die Besucher genau in Augenschein nehmen. „Die sind oft schon sehr auf Krawall gebürstet.

Das Harmloseste ist noch, dass irgendwer mit dem Handy alles filmt und wir im Anschluss den Prozess samt höhnischer Kommentare bei Youtube finden.“ Mittlerweile patrouillieren bei kritischen Terminen zwei Wachtmeister in den Reihen der Zuschauer.

Deeskalation als nächstes Thema

Ursula Dyk ist klar, dass so ein Selbstverteidigungskurs auch nur einen Einblick bieten kann. „Wer dranbleiben will, muss das regelmäßig üben.“ Doch auch eine solche Einführung kann schon etwas bewirken. Die Rechtspflegerin berichtet schmunzelnd, wie sie mal einen Trainer, der sie überraschend von hinten packte und der zuvor gesagt hatte, sie müsse einem Angreifer mit den Handflächen auf die Ohren schlagen, übel mitgespielt hatte.

„Ich habe nicht nachgedacht und nur reagiert. Dem haben die Ohren ganz schön geklingelt.“ Im Rahmen des Gesundheitsmanagements will sie allerdings als nächstes ein Deeskalationstraining anbieten. „Es ist ja nicht so, dass wir immer sofort zuschlagen.“

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