Wennemen. . Bei Kunstschmied Rafael Jürgens lernt zum ersten Mal eine Meschederin. Bewerbungen erhält er aus ganz Deutschland.

Funken fliegen, die Temperatur in der Werkstatt der Kunstschmiede Jürgens in Wennemen ist hoch. Wer hier arbeitet, verrichtet noch echte Handarbeit – Schweiß und Schwielen an den Händen inklusive. Wer denkt harte Handarbeit ist nicht mehr gefragt, der irrt sich, denn aus ganz Deutschland und manchmal sogar aus dem Ausland erreichen Rafael Jürgens Bewerbungen.

Bewerbungen aus Berlin

„Viele kommen aus Berlin, oder Süd-Deutschland“, sagt der Kunstschmied. Warum das so ist? „In Deutschland gibt es nur noch 10 bis 20 Betriebe, die noch klassisch schmieden, wie es bei uns der Fall ist.“ So bewerben sich eben auch Leute aus fernen Großstädten in Meschede. „Mein letzter Auszubildender kam aus Gütersloh, er ist extra für die Arbeit hier nach Wallen gezogen“, so der Kunstschmied. Trotzdem sei es nicht immer einfach einen passenden Auszubildenden zu finden.

„Die Qualität der Bewerbungen ist leider oft ziemlich schlecht. Bei einigen scheint jegliche Motivation für den Job zu fehlen.“ Aus den diesjährigen Bewerbungen kristallisierte sich dann aber doch jemand heraus: Ronja Domeier. Die 19-Jährige wird nach 20 Jahren die erste Meschederin sein, die ihre Ausbildung in der Kunstschmiede beginnt. Und: Sie ist die erste Frau im Betrieb.

Abitur im Bereich Gestaltung

Ronja Domeier hat gerade ihr Abitur im Bereich Gestaltung bestanden. „Für mich war klar, dass ich ins Handwerk möchte“, sagt sie. „Am Kunstschmieden gefällt mir der künstlerische Aspekt.“ Jedes Stück, das in der Kunstschmiede in Wennemen gefertigt wird, ist ein Unikat und Handarbeit. „Bei uns ist schon auch Muskelkraft gefragt“, sagt Rafael Jürgens.

Ronja Domeier schreckt diese Tatsache nicht ab. Schließlich konnte sie in einem Praktikum vorab das Schmieden schon einmal ausprobieren. „Es war anstrengend, aber es hat auch Spaß gemacht“, so die 19-Jährige. Ein bisschen Respekt vor dem Job und der körperlichen Anstrengung bleibe aber. Rafael Jürgens hat schon einige junge Leute im Schmiedehandwerk ausgebildet, nicht jeder habe dabei bis zum Ende durchgehalten: „Es gab Zeiten, da hat jeder Zweite in der Probezeit aufgegeben.

Es ist eben ein körperlich sehr anstrengender Job. Das Handwerk hat sich in den letzten 100 Jahren kaum verändert“, so Jürgens. Bei der Berufsberatung in der Schule traf Ronja Domeier daher auch nicht immer auf Verständnis, wenn sie berichtete, dass sie eine Ausbildung zur Kunstschmiedin machen möchte. „Einige haben versucht, mich zu überzeugen, etwas anderes zu machen.

Es wurde auch gesagt, dass ich mit meinem Abitur doch besser ein Studium anfangen soll.“ Die 19-Jährige aber blieb bei ihrem Berufswunsch. Am 1. August startete sie daher nun ihre Ausbildung zur Metallbauerin mit Fachrichtung Metallgestaltung. „Leider kommt es immer mal wieder vor, dass die jungen Leute nicht gut beraten werden“, so Rafael Jürgens. „Dabei sind viele Studiengänge überlaufen und im Handwerk werden Leute gesucht.“

Ausbildung als solide Grundlage

Für Ronja Domeier ist die Ausbildung in der Kunstschmiede erst einmal eine solide Grundlage. „Ich hatte auch noch keine Lust, studieren zu gehen, die Unis sind eh alle total überlaufen und ich möchte nicht auf einer Treppe im Hörsaal sitzen, um überhaupt einen Platz zu bekommen.“ Die 19-Jährige überlegt nach der Ausbildung noch den Meister zu machen oder eben doch noch ein Studium im Bereich der Metallbranche anzuschließen.

Die Chancen seien schließlich vielfältig. Auch Rafael Jürgens blickt für seinen Betrieb optimistisch in die Zukunft. „Meine Kunden schätzen die Qualität und dass sie bei uns noch echte Handarbeit bekommen.“ Handläufe, Geländer, Zäune – die Auftragslage ist für den Kunstschmied stabil und gut.

>>>HINTERGRUND

Beim Schmieden wird Stahl auf eine Temperatur zwischen 800 und 1200 Grad erhitzt. Bei dieser Temperatur wird der Stahl weich. Der Schmied nutzt diese Eigenschaft, um das Material zu verformen.

Welche Temperatur der Stahl hat, erkennt der Schmied übrigens an seiner Glühfarbe „Bei 800 Grad glüht er dunkelrot, bei 1250 Grad weißgelb“, so Rafael Jürgens.

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