Meschede. Peter Honsel verkauft sein Elternhaus an der Hardtstraße. Wir erzählen die Geschichte des Hauses und zeigen die Bilder.
Die einen schwärmen vom parkähnlichen und gepflegten Garten, die anderen vom Blick oder von der Geschichte der letzten Unternehmer-Villa. Für Peter Honsel ist es sein Elternhaus.
Alle vier Kinder von Emmy und Hans Honsel sind an der Hardtstraße 11 geboren und aufgewachsen. Doch jetzt – vier Jahre nach dem Tod seiner Mutter - will er es verkaufen.
Nach und nach Abschied genommen
„Die Zeit habe ich gebraucht“, sagt der 62-Jährige. Nach und nach hat er Abschied genommen. „Seitdem das Haus leergeräumt ist, hat es auch seine Seele verloren.“
Nur weniges erinnert noch an die Familie, das Bild der Großmutter Clara im Wohnzimmer, dahinter war ein Waffenschrank. Hans Honsel war ein begeisterter Jäger.
Davon zeugen auch noch einige Gehörne und Tierköpfe an der Wand. „Hier hingen überall Tier-Gemälde“, erzählt Peter Honsel. Beim Gang durch die Villa, kommen Erinnerungen hoch.
„Ich hatte hier eine schöne Kindheit“, erzählt er. Und die angrenzende Deitmecke war der große Abenteuerspielplatz.
Emi-Schnellkochtöpfe als „Tupper-Party“
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„Wir hatten ein offenes Haus“. Regelmäßig wurden Feste gefeiert. „In der Eingangshalle wurde dann das Büfett aufgebaut, es gab Musik und schöne Kleider.“ Und in der Küche fanden Vorführungen für die Emi-Schnellkochtöpfe aus dem Hause Honsel statt. „Quasi eine der ersten Tupperpartys“, sagt Peter Honsel und lacht.
Hans Honsel hatte seine zweite Frau Emmy, die letzte Besitzerin und Bewohnerin des Hauses beim Skifahren kennengelernt. „Er hat sie umgefahren und anschließend im Krankenhaus besucht“, erzählt Peter Honsel.
„Ich brachte ihr Blumen, und dann konnte ich sie schließlich auch heiraten“, habe sein Vater immer scherzhaft erzählt. 1952 heirateten die beiden und zogen in die Hardtstraße.
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Zuvor hatte Hans Honsel all’ seine Beziehungen aufbieten müssen, um an die Baumaterialien zu kommen. Das zeigen alte Unterlagen aus dem Privat-Archiv der Familie. Am Ende des Krieges – wahrscheinlich 1944 - war das Haus bis auf die Grundmauern abgebrannt. Nur nachrangig erhielten die Unternehmer die Erlaubnis, es wieder aufzubauen.
Erst mussten die weniger zerstörten Häuser bewohnbar gemacht werden. Er suchte Holz, Zement, Leim und Farbe. In einem Brief schrieb Ellen Honsel 1947 an ihren Schwager: „Denkst du nicht auch daran, mit Deinem Haus etwas zu unternehmen. Solch schöne Lage bekommst du in ganz Meschede nicht wieder.“
341 Quadratmeter
341 Quadratmeter hatte das Haus nach einigen Anbauten zuletzt. Ein Schwimmbad, in dem der kriegsverletzte Hans Honsel regelmäßig krankengymnastische Übungen machte, vierzehn Zimmer, sechs Bäder, einen Wintergarten, ein Ess- und ein Wohnzimmer mit großem Kamin. „Das waren andere Zeiten“, betont Peter Honsel.
Die Unternehmerfamilie beschäftigte Personal, eine Hauwirtschafterin, einen Gärtner, einen Jäger, und regelmäßig kamen Kindermädchen, die mit Peter, Barbara, Ann-Cathrin und Claus-Michael vorwiegend französisch sprechen sollten.
„Mein Vater war vor allem über Telex präsent.“ Er schrieb kurze Nachrichten aus dem Fernschreiber.
1960 kaufte Hans Honsel die angrenzenden Grundstücke den Honsel-Werken ab. Es entstand das große, parkähnliche Grundstück zwischen Hardtstraße und Falkenaue mit seinen 4730 Quadratmetern, wie man es heute kennt.
Für Emmy Honsel (geboren 1930) war das Haus die Heimat, die sie für die Hochzeit mit dem Mescheder Industriellen aufgegeben hatte. Sie stammte aus Villingen im Schwarzwald, eine gelernte Vulkanisateurin, die als Prokuristen im elterlichen Reifenhandel gearbeitet hatte und Französisch genauso gut wie Deutsch sprach. Als Hans Honsel 1977 starb, sah sie das Haus auch als Nest für die Kinder.
Kaufpreis 895.000 Euro
Auch wenn das Gebäude vor allem im unteren Bereich sehr großzügig gebaut ist, wirkt es in den oberen Etagen eher „normal“. Treppenhaus und Kinderzimmer sind kleiner als in vielen modernen Neubauten.
Die Elternschlafzimmer wurden nach dem Tod des Vaters abgetrennt und so entstand eine rund 70 Quadratmeter großen Einliegerwohnung.
895 000 Euro beträgt der Kaufpreis. Peter Honsel weiß, dass das Haus diese Summe allein nie wert wäre.
Ein Käufer müsste es grundsanieren. Es ist das Grundstück, die Lage. Trotzdem wünscht er sich, dass ein Käufer es erhält und nicht einfach abreißt, um die Gesamtfläche zuzubauen.
Bei Abriss ist Peter Honsel nicht in Meschede
Er stellt sich vor, dass dort vielleicht ein betreutes Wohnen entsteht, mit der Villa als Mittelpunkt und umliegenden barrierefreien Bauten. Warum er es nicht selbst in die Hand nimmt? „Ich bin 62, habe ein schönes Haus. Ich muss nicht noch mal die Welt neu erfinden.“
Aber er gibt auch zu: „Wenn sich ein Käufer findet, der diese letzte Honsel-Villa abreißt und das Grundstück in Parzellen zerschneidet, muss ich es erdulden. Aber am Tag des Abrisses bin ich dann sicher nicht in Meschede.“
>>>HINTERGRUND
Laut Informationen von Stadtarchivarin Ursula Jung stand an gleicher Stelle schon vor der heutigen Honsel Villa ein Haus, erbaut höchstwahrscheinlich von Oberstleutnant Egon Kropff (+1917) im Jahr 1914. Er war Kommandant des Kriegsgefangenenlagers aus dem 1. Weltkrieg.
Im Jahr 1924 schloss seine Witwe, Ella Kropff, geb. Meyer, einen Weiterführungsvertrag bei der Westfälischen Provinzial Feuerversicherung für ihr Haus ab. Sie gab an, dass das Haus zehn Jahre alt sei.
Auch zur Größe werden damals Angaben gemacht: Bebaute Fläche 206 qm. Dazu kommen noch eine Veranda und ein Geräteschuppen
Wie lange Frau Kropff gelebt hat und wann das Haus in andere Hände - wahrscheinlich in die der Familie Honsel - kam, geht aus den Feuerversicherungsakten nicht hervor.
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