Meschde. . Birgitt Braun vom Demenz-Servicezentrum Südwestfalen berichtet im Interview über ihre Arbeit.
Demenz verändert das Leben von Patienten und Angehörigen. Das Demenz-Servicezentrum Region Südwestfalen möchte genau diesen Menschen helfen und ist auch für Betroffene in Meschede Ansprechpartner. Wie genau das Servicezentrum arbeitet, erklärt Sozialpädagogin Birgitt Braun im Interview.
Was macht das Demenz-Servicezentrum Region Südwestfalen?
Birgitt Braun: Wir sind Teil der Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein Westfalen. Wir sind eins von 12 regionalen Demenz-Servicezentren und für den Kreis Siegen-Wittgenstein, den Kreis Olpe und den Hochsauerlandkreis zuständig. Unsere Aufgabe ist es, die Situation für Menschen mit Demenz in der Region zu optimieren. Wir haben sieben regionale Demenz-Netzwerke in den Regionen initiiert, stehen ihnen beratend zur Seite und leisten intensive Netzwerkarbeit. Alle Akteure, die mit dem Thema Demenz zu tun haben, versuchen wir an einen Tisch zu bringen, initiieren Veranstaltungen, Projekte und bieten eine Plattform für den Austausch. Auch die Enttabuisierung des Themas Demenz ist eines unserer Arbeitsbereiche. Gerade im ländlichen Raum ist Demenz häufig immer noch ein Tabuthema und bei Betroffenen und Angehörigen mit Scharm verbunden.
Wie viele regionale Netzwerke gibt es im HSK?
Wir begleiten drei Demenz-Netzwerke im HSK, eins im Altkreis Brilon, eins in Arnsberg und eins in Meschede. Für die Netzwerke agieren wir als Impulsgeber, wir bringen Akteure zusammen und regen Veranstaltungen und Projekte für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen an. Eines unserer Schwerpunkte ist die Initiierung von Projekten zur kulturellen und gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Demenz und ihren Begleitpersonen. Im Kreis Siegen-Wittgenstein gibt es Museumsbesuche, Stadtspaziergänge und Tanzveranstaltungen für Menschen mit und ohne
Demenz.
Gibt es diese Veranstaltungen hier im HSK auch schon?
In Arnsberg gibt es bereits viele Angebote und Projekte bezüglich der gesellschaftlichen und kulturellen Teilhabe wie eben beschrieben. In anderen Regionen im Hochsauerlandkreis stehen wir z. T. noch am Anfang, aber wir arbeiten mit den Netzwerkakteuren daran.
Wer kann sich an Sie wenden?
Angehörige und Betroffene können sich direkt an uns wenden. Wir können allerdings nicht selbst beraten, sondern vermitteln dann weiter. Wir sind außerdem Ansprechpartner für Kommunen, Institutionen, Initiativen und
alle Akteure in den Landkreisen, die sich dem Thema Demenz widmen.
Was genau ist Demenz?
Eine dementielle Erkrankung führt zu einer entscheidenden Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit und zum Verlust von Alltagskompetenz. Grundsätzlich unterscheidet man bei Demenz zwischen einer primären und einer sekundären Demenz. Bei der primären Demenz sterben Gehirnzellen ab. Die Krankheit verläuft chronisch und stetig progredient, d.h. die Abnahme der Gedächtnisleistung schreitet unaufhörlich voran. Bei der sekundären Demenz leidet der Betroffene an einer anderen Grunderkrankung z.B. an einer Störung der Schilddrüse und zeigt dadurch dementielle Symptome, die bei Behandlung der Grunderkrankung rückgängig sind. Die häufigste primäre Demenzform ist die Alzheimer-Demenz. Zunächst werden Betroffene vergesslich, sie verlegen Gegenstände, die Konzentration leidet. Dann vergessen sie Dinge, die alltäglich sind, zum Beispiel, wie man bei der Bank Geld holt. Ihnen fallen Wörter nicht mehr ein und sie können sich in fremder Umgebung schlechter orientieren. Bei einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung ist auch das Langzeitgedächtnis betroffen, so dass Erinnerungen verblassen.
Wann wird aus Vergesslichkeit eine Krankheit?
Es gibt eine normale Vergesslichkeit, und nicht jede Vergesslichkeit ist der Anfang einer Demenzerkrankung. Jeder vergisst mal einen Termin oder verlegt seine Brille. Wenn einem aber Dinge über einen längeren Zeitraum nicht mehr einfallen oder Dinge, die früher alltäglich waren, nicht mehr funktionieren, sollte man einen Arzt aufsuchen, der eine Diagnose stellen
Sozialpädagogin aus dem Oberbergischen Kreis
Birgitt Braun ist 59 Jahre alt und Sozialpädagogin und wohnt im Oberbergischen Kreis.
Das Thema Demenz war für Braun beruflich immer ein Schwerpunkt.
kann.
Gibt es Risikofaktoren?
Die Forschung kann die Ursachen für die Demenzerkrankungen leider noch nicht benennen. Aber wir werden immer älter und mit dem Alter steigt auch das Risiko an einer Demenz zu erkranken. Frauen werden in der Regel älter als Männer, daher besteht für sie ein höheres Risiko. Neben dem höheren Lebensalter sind genetische Faktoren und natürlich unser Lebensstil bezogen auf Alkohol, Nikotin, Bluthochdruck, Übergewicht und Diabetes Risikofaktoren.
Ist Demenz erblich?
Grundsätzlich kann man nicht sagen, dass Demenz erblich ist. Nur weil die Großmutter im Alter an Demenz erkrankt ist, heißt das nicht, dass die Krankheit vererbt wird. Es gibt aber seltene erbliche Formen der Demenzerkrankung, die dazu führen, dass die Krankheit schon in jüngeren Jahren auftritt.
Gibt es Heilungschancen?
Die meisten Demenzkrankheiten sowie die Alzheimer-Krankheit sind nicht heilbar. Es gibt aber Medikamente und Therapien, die den Krankheitsverlauf bei Alzheimer verlangsamen und die Lebensqualität erhöhen. Dazu gehört auch kognitives Training. Bewegung ist für Menschen mit Demenz wichtig und das ihre Sinne angeregt werden und Betroffene sich nicht in ihre eigene Welt verabschieden. Betroffene sollten das Leben so lange wie möglich genießen. Glückliche Momente sind wichtig, auch wenn sie danach wieder vergessen werden. In dem Moment ist der Betroffene glücklich und das tut gut. Auch wenn Demenz noch nicht heilbar ist, sollte man die Hoffnung nicht aufgeben. Ich erwarte zwar nicht, dass die Krankheit in den nächsten zehn Jahren heilbar ist, aber es wird weiter intensiv an neuen Methoden geforscht.
Wie verläuft eine Demenzerkrankung?
Die Verläufe sind unterschiedlich. Die häufigste Form ist Alzheimer. Sie verläuft in der Regel in drei Phasen. Das frühe Stadium, das mittlere Stadium und das schwere Stadium. Je länger die Erkrankung andauert, umso stärker werden die Symptome. Eine Demenzerkrankung endet mit schwerster Pflegebedürftigkeit und führt zum Tod. Man stirbt nicht an der Demenzerkrankung, sondern an den Folgen wie z. B. an einer Lungenentzündung oder an den Folgen eines Sturzes.
Was raten sie Angehörigen?
Begleitpersonen von Menschen mit Demenz müssen sich Hilfe und Unterstützung holen. Angehörige, die sich keine Hilfe suchen, werden auf Dauer krank, weil die Situation zu belastend ist. Diesen 24-Stunden-Job kann man nicht alleine schaffen. Angehörige brauchen viel Geduld und viel Verständnis, denn Betroffene brauchen Trost und aufmunternde Worte. Sie müssen das Gefühl haben, verstanden zu werden, denn sie verlieren langsam alles, das ihnen in ihrem Leben immer ein Gefühl von Sicherheit gegeben hat. Um das leisten zu können, brauchen Angehörige und Begleitpersonen Entlastung, Auszeiten und Atempausen - Zeit für sich.
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