Bad Fredeburg. . In der Kita der Johannesbad-Fachklinik Hochsauerland in Bad Fredeburg werden auch Kinder psychisch kranker Eltern betreut und behandelt.

Sarah Botzek hat immer noch Tränen in den Augen, wenn sie über ihre Vergangenheit spricht. Es ging ihr schlecht, in scheinbar harmlosen Situationen reagierte sie völlig über. Ihre Familie verstand die Welt nicht mehr, sie auch nicht.

Sie ging zu zahlreichen Ärzten, ließ sich in Fachkliniken untersuchen, niemand konnte ihr helfen. „Dann habe ich den Entschluss gefasst, mich für eine Reha anzumelden“, sagt sie. Sie kam in die Johannesbad-Fachklinik Hochsauerland, mit falscher Diagnose.

Das war vor einem Jahr. Jetzt ist die Essenerin wieder in Bad Fredeburg in Behandlung, diesmal mit der richtigen Diagnose: posttraumatische Belastungsstörung.

Sie hat schlimme Dinge erlebt, ist traumatisiert, immer wieder kommen verdrängte Erinnerungen hoch. Mittlerweile geht es ihr wieder besser – und das Beste für sie: „Ich konnte meinen dreijährigen Sohn Paul mit zur Reha nehmen.

Wäre das nicht gegangen, hätte ich mich niemals dafür angemeldet.“ Sie wirkt glücklich, Paul sitzt auf ihrem Schoß, beide sind ein eingespieltes Team. Zur Zeit wird er in der hauseigenen Kita der Johannesbad Fachklinik betreut: der heilpädagogischen Kita Kleeblatt.

Das Angebot

Aktuell werden in der Kita 19 Kinder betreut – 15 aus der Fachklinik Hochsauerland, vier Kinder aus der Holthauser Mühle. Ihre Eltern sind dort in Behandlung, sie sind krank, leiden an Depressionen, Essstörungen, Angststörungen, sind drogen- oder alkoholabhängig.

Gemeinsam wird in der Kita viel gespielt, auch gruppenübergreifend.
Gemeinsam wird in der Kita viel gespielt, auch gruppenübergreifend. © Laura Handke

„Das wirkt sich auch auf die Kinder aus“, erklärt Nina Fleiter, Abteilungsleiterin Klinisch-Psychologische Leitung. Sie kümmert sich hauptsächlich um die Betreuung der Eltern. „Aber es ist schön, wenn die Kinder gleichzeitig behandelt werden können. Das wirkt sich positiv auf das Zusammenleben aus.“

Denn an den Kindern geht eine Erkrankung der Eltern meist auch nicht spurlos vorbei: „Sie haben oft Bindungsängste, leiden an Essstörungen, können ihre Emotionen nicht kontrollieren, manchmal ist auch ihre Entwicklung verzögert“, weiß Ida Veil.

Sie leitet die Kita und ist Heilpädagogin, will mit dem neunköpfigen Team dafür sorgen, dass es auch den Kindern wieder besser geht.

Die Betreuung

An drei Tagen in der Woche sind „lange Tage“ – heißt, die Kinder werden von 8 bis 17 Uhr betreut, an zwei Tagen bis 15.30 Uhr. „Wir haben zwei Gruppen, eine Kinder und eine Jugendgruppe ab acht Jahren“, erklärt Ida Veil.

Die Jugendlichen kommen meist nach der Schule, in den Ferien wird auch Ganztagsbetreuung angeboten. „Dann organisieren wir auch Ausflüge und Aktivitäten, damit die Kinder nicht das Gefühl haben, dass sie die ganzen Ferien verpassen“, so Ida Veil.

Es gibt Frühstück, es wird gemeinsam gespielt und gelernt, aber auch Einzeltherapien stehen auf der Tagesordnung. „Wir bieten aber auch gemeinsame Angebote für Eltern und Kinder an, das bringt die positive Entwicklung voran“, beschreibt Nina Fleiter.

„Die Kinder sollen bei uns wieder Kind sein, mit allem was dazu gehört. Sie sollen sich wohlfühlen und sich öffnen können.“

Hund Merle ist zweimal pro Woche in der Kita zu Besuch. Ihr können die Kinder beim Kuscheln ihre Geheimnisse anvertrauen.
Hund Merle ist zweimal pro Woche in der Kita zu Besuch. Ihr können die Kinder beim Kuscheln ihre Geheimnisse anvertrauen. © Laura Handke

Und da kommt manchmal auch die Goldenretriever-Hündin Merle ins Spiel.Gemeinsam mit Trauma- und Ergotherapeutin Tina Hebestreit stattet sie zwei Mal pro Woche der Kita einen Besuch ab. „Die Kinder lieben sie, legen sich manchmal zu ihr ins Körbchen, kuscheln mit ihr und vertrauen ihr auch ihre Geheimnisse an“, erzählt Tina Hebestreit.

In der Regel dauert die Betreuung der Kinder vier bis zwölf Wochen, in manchen Fällen auch 16 Wochen – abhängig von der Behandlungsdauer der Eltern. Kostenträger ist in der Regel die Rentenversicherung.Danach wird entschieden, wie es weitergehen soll.

Für einige reicht die Zeit, andere Patienten kommen nochmal wieder, auch auf eigenen Wunsch – so wie Sarah Botzek. Sie spürt die positive Entwicklung: „Ich bin viel entspannter geworden, Paul viel selbstbewusster. Es tut mir einfach gut, hier zu sein.“

>>> HINTERGRUND: 80 Prozent der Patienten sind Frauen

Die heilpädagogische Kita Kleeblatt ist im Dezember umgezogen. Jetzt befindet sie sich in den Räumen des ehemaligen St.-Georg-Krankenhauses. Sie gehört zur Johannesbad Fachklinik Hochsauerland. Betreut werden dort Kinder aus insgesamt drei Einrichtungen: der Johannesbad Fachklinik und der Holthauser Mühle.

Das Personal ist für die Therapien geschult – neben dem Alltag in der Kita werden die Kleinen beispielsweise auch durch Ergotherapeuten betreut.

Auf der Eltern-Kind-Station sind zu 80 Prozent Frauen, viele alleinerziehend. Auch Väter sind mit dem Nachwuchs in Bad Fredeburg zur Therapie, bei etwa zehn Prozent der Patienten sind es beide Elternteile.

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