Bestwig. . Der Bauverein Bestwig kämpft um seine Immobilien, die zum Spottpreis verhökert worden sind. Aber wie konnte es soweit kommen? Erklärungsversuche.

Gegenseitige Schuldzuweisungen, gegenseitige Klagen und viele offene Frage. Die Aufklärung des Skandals um den Bauverein Bestwig wird vermutlich noch viel Zeit in Anspruch nehmen und mehrere Gerichte beschäftigen.

Aber wie konnte es überhaupt soweit kommen, dass hinter dem Rücken von Vorstand und Aufsichtsrat sämtliche Immobilien zu einem Spottpreis verhökert werden? Wie können Posten mit mutmaßlichen Strohleuten besetzt werden, die nicht einmal in der Gemeinde wohnen. Wie kann es sein, dass Mitglieder einer einzigen Familie an den entscheidenden Hebeln sitzen. Hätte man nicht Ungereimtheiten rechtzeitig entdecken können oder müssen? Wir haben bei Vorstand Dietmar von Rüden nachgefragt.

Angeblich sind Strohleute aus Leipzig, Berlin und Hamburg als Mitglieder in den Verein aufgenommen worden. Was machen Auswärtige in einem Bestwiger Bauverein, die gar keinen Bezug zu Bestwig haben?

Dietmar von Rüden: Der mutmaßliche Strohmann Robin Knüpfer aus Leipzig wurde mit der Ankündigung, er wolle in Kürze nach seiner Zeit als Berufssoldat nach Bestwig ziehen, in die Genossenschaft aufgenommen. Ihm sollte eine Wohnung des Bauvereins angeboten werden. In der Mitgliederversammlung im Oktober 2016 hat Peter Voßwinkel Robin Knüpfer als Aspiranten für den Aufsichtsrat vorgestellt. Bei unserer kleinen Genossenschaft war es in der Vergangenheit schwierig, Bewerber für den Aufsichtsrat zu finden. Der Vorschlag Robin Knüpfer kam für mich überraschend, aber zu dem Zeitpunkt war ich gutgläubig und bin meinem Vorstandskollegen nicht innerhalb der Versammlung in den Rücken gefallen. Bei Nils Roderjan (Architekt) und Marion Neumann (Ehefrau oder Lebensgefährtin) aus Hamburg, handelte es sich um Freunde von Peter Voßwinkel, aber zu dem Zeitpunkt waren wir arglos. Wolfgang Vetter und Ehefrau Bärbel Fleming-Vetter aus Berlin sind tatsächlich nach Bestwig gezogen und haben beim Bauverein gewohnt. Wir konnten aber nicht jeden Berliner unter Generalverdacht stellen.

Wie konnte überhaupt zugelassen werden, dass Ausführung und Kontrolle durch Besetzung von Posten in Aufsichtsrat und Vorstand in den Händen einer Familie liegen?

In 2016 sind nacheinander drei Aufsichtsratsmitglieder zurückgetreten und der Aufsichtsrat bestand nur aus zwei Mitgliedern. Das gab Peter Voßwinkel die Möglichkeit, Robin Knüpfer in den Aufsichtsrat zu holen. Die Mitglieder haben ihn gewählt, weil es keinen anderen Bewerber gab. Eine aus heutiger Sicht fatale Fehlentscheidung. Die Bestellung von Tatiana Voßwinkel erfolgte durch Peter Voßwinkel und Robin Knüpfer am 1. August 2017, nachdem ich die Zusammenarbeit mit den Voßwinkel-Firmen bis zur Klärung offener Punkte aufgekündigt habe und die Zahlung dubioser Vorschuss- und Abschlagsrechnungen verweigert habe. Obwohl Stephan Nüse und ich eine Sitzung in der zweiten August Hälfte - nach Urlaub von Stephan Nüse - verlangt haben, wurde diese Aufsichtsratssitzung mit der Bestellung von Ehefrau Tatiana gezielt in dessen Abwesenheitszeitraum gelegt. Als Vorstandsmitglied konnte ich das nicht verhindern. Ab diesem Zeitpunkt wurde versucht, die Voßwinkel-Interessen mit aller Gewalt durchzusetzen. Sogar meine eigene Abberufung stand schon auf der Tagesordnung einer Aufsichtsratssitzung, wurde aber nicht umgesetzt, mutmaßlich weil die Abberufung anschließend der Mitgliederversammlung hätte vorgelegt werden müssen. Die Besetzung der Posten mit Mitgliedern einer Familie ist laut unserer Satzung aus 2001 leider nicht ausgeschlossen. Wir glaubten damals, es diene dem Wohl der Genossenschaft, so lange der Fremdvergleich stand hält.

Waren Vorstand und Aufsichtsräte, die nun um die Existenz des Bauvereins kämpfen, nicht zu blauäugig?

Aus heutiger Sicht und mit dem heutigen Wissen würde ich das bejahen, aber in der damaligen Situation war das nicht absehbar. Wir haben Peter Voßwinkel vertraut. Er hat dieses Vertrauen missbraucht. Seit Anton Voßwinkel Vorstand und Peter Voßwinkel vermeintlicher Aufsichtsratsvorsitzender wurde, habe ich als Vorstand dem Aufsichtsrat gegenüber häufiger Bedenken geäußert, auch schon bevor es im Juli 2017 zum endgültigen Knall gekommen ist. Peter Voßwinkel verstand es leider häufig nur zu gut, die Bedenken im Aufsichtsrat wieder zu zerstreuen. Robin Knüpfer hat sich leicht überzeugen lassen und damit hatte Stephan Nüse keine Mehrheit für seine Meinung.

Die Gemeinde Bestwig hat zehn Anteile am Bauverein. Was sagen Sie zum Vorwurf, dass dort mit offenen Augen geschlafen worden ist, während im Bauverein die Situation eskaliert?

Die Gemeinde Bestwig hat zehn Anteile - aber nach Genossenschaftsgesetz hat jedes Mitglied unabhängig von der Anzahl der Anteile nur eine Stimme. Ich wüsste ehrlich nicht, was die Gemeinde hätte machen können. Die Situation ist erst im Juli/August 2017 eskaliert und da hat Peter Voßwinkel schnell seine Ehefrau eintragen lassen. Damit war das Kind quasi schon in den Brunnen gefallen.

Eidesstattliche Erklärungen von beiden Seiten

Anfang September 2017 gab es ein Treffen beim Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen mit Prüfungsdirektor Dr. Ranker, Wirtschaftsprüfer Engbert und Verbandsjurist Tackenberg. Anton Voßwinkel, Peter Voßwinkel und Robin Knüpfer nahmen daran teil - ebenso Stephan Nüse und Dietmar von Rüden. Im Zuge der Beratung wurde nach Angabe von Dietmar von Rüden festgestellt, dass Peter Voßwinkel nicht wirksam Mitglied des Aufsichtsrates geworden ist. Damit sei auch die Bestellung von Tatiana Voßwinkel nichtig und die Eintragung sei zu löschen. Laut von Rüden haben sich Peter Voßwinkel und sein Rechtsanwalt dieser Meinung angeschlossen.

Nachdem Anton Voßwinkel im Anschluss seine Mitwirkung zur Registerkorrektur verweigerte, habe von Rüden allein das Amtslöschungsverfahren beantragt. In der letzten Instanz hat das Oberlandesgericht Hamm die Löschung von Tatiana Voßwinkel aus dem Register abgelehnt, weil es im Registerverfahren nicht zu klären sei, ob eine Entlastung des Vorstands Peter Voßwinkel als notwendige Voraussetzung für seinen direkten Wechsel in den Aufsichtsrat stattgefunden hat.

Der Bauverein hatte laut Dietmar von Rüden eidesstattliche Erklärungen mehrerer unabhängiger Mitglieder eingereicht, die bestätigten, dass es in der Versammlung 2016 keine Abstimmung und keinen Beschluss zu einer Entlastung gegeben habe. „Familie Voßwinkel und ‘Freunde’ erklärten an Eides statt das Gegenteil“, so von Rüden. Damit bleibt Tatiana Vowinkel bis auf weiteres im Register.

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