Bestwig. . Hausdurchsuchungen und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Zum sich anbahnenden Skandal beim Bauverein Bestwig gibt es weitere Details.

Beim genossenschaftlichen Bauverein Bestwig bahnt sich ein Skandal an. Zwei Vorstandsmitglieder des Vereins sollen ohne das Wissen weiterer Vorstandskollegen und Aufsichtsratsmitglieder den gesamten Immobilienbesitz des Vereins zu einem Spottpreis verhökert haben.

Betroffen sind insgesamt 26 Häuser mit 124 Wohnungen. „Habgier und kriminelle Energie kennen kaum noch Grenzen“, heißt es in einem Schreiben des Vereins an seine Mitglieder, das unserer Redaktion vorliegt. Und weiter: „Der Erhalt unserer Genossenschaft ist nach 99 Jahren tatsächlich gefährdet.“

Ermittlungen gegen vier Beschuldigte

Oberstaatsanwalt Thomas Poggel aus Arnsberg bestätigte gestern auf Nachfrage unserer Zeitung die brisanten Hintergründe: „Wir ermitteln gegen Verantwortliche der Genossenschaft“. Weil der Kaufpreis mit knapp 800 000 Euro möglicherweise deutlich zu gering sei, gehe es um Untreue zu Lasten des Bauvereins. Die Zahl der Beschuldigten belaufe sich auf insgesamt vier.

Mehrere Hausdurchsuchungen

Bereits im April hatten Steuerfahndung, Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei zeitgleich in Berlin und Bestwig bei Hausdurchsuchungen zahlreiche Unterlagen beschlagnahmt. Erfolgt waren diese Durchsuchungen unter anderem aufgrund verschiedener Strafanträge, die der Bauverein gestellt hatte. Bei den Durchsuchungen hatten die Ermittler Kaufverträge über Häuser der Genossenschaft gefunden.

Demnach sind sämtliche Immobilien und Garagen des Vereins an eine Objektgesellschaft verkauft worden, die erst einen Tag vor Vertragsabschluss gegründet wurde. Es bestehe laut Bauverein der begründete Verdacht, dass die Häuser von jener haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft in das Privat- oder Firmeneigentum jener Familie übertragen werden sollen, gegen die nun ermittelt wird.

Die Friedensstraße in Bestwig. Auch hier gibt es einige Häuser des genossenschaftlichen Bauvereins.
Die Friedensstraße in Bestwig. Auch hier gibt es einige Häuser des genossenschaftlichen Bauvereins. © Mustafa Amet

Laut Bauvereins-Vorsitzendem Dietmar von Rüden war es den Beschuldigten damals gelungen, durch geschicktes Besetzen von Posten in Aufsichtsrat und Vorstand, in der Lage zu sein, die entsprechenden Kaufverträge abzuschließen. Der Kaufpreis, so befürchten der aktuelle Vorstand und Aufsichtsrat, soll am Ende über fingierte Rechnungen ebenfalls an die Familie überwiesen werden. Wie Oberstaatsanwalt Thomas Poggel gestern mitteilte, dauere die Untersuchung der Unterlagen, die bei den Hausdurchsuchungen sichergestellt worden seien, an. Er geht davon aus, dass mit einem Ergebnis erst in einigen Monaten zu rechnen ist.

26 Häuser mit 124 Wohnungen

Dem Bauverein zufolge sind als Kaufpreis für sämtliche 26 Häuser mit 124 Wohnungen 796.000 Euro vereinbart worden. Wie Dietmar von Rüden mitteilt, gebe es Schätzungen, nach denen der tatsächliche Wert auf vier bis fünf Millionen taxiert sei.

Gemeinsam mit einer Rechtsanwaltskanzlei werde derzeit alles versucht, damit es nicht zu einer Eigentumsübertragung komme. „Auch wenn es sich für uns offensichtlich nicht um einen gutgläubigen Käufer, sondern um einen weiteren Strohmann der Familie handele, müssen wir diesen Umstand auch beweisen“, heißt es in dem Schreiben des Bauvereins an die Mitglieder. Trotz aller Bemühungen könne der Verein derzeit nicht garantieren, dass die Immobilien nicht übertragen werden.

Einstweilige Verfügung erwirkt

Beim Landgericht Arnsberg habe der Verein immerhin eine einstweilige Verfügung erwirken können, nach der dem damaligen Vorsitzenden gegen Androhung eines Ordnungsgeldes (250.000 Euro, wahlweise bis zu sechs Monate Haft) untersagt wird, Grundbesitz der Genossenschaft zu veräußern oder zu belasten, sowie Verbindlichkeiten für die Genossenschaft einzugehen. Außerdem sei ihm unter anderem untersagt, über Rechte oder Forderungen der Genossenschaft zu verfügen.

Nach Bekanntwerden der Auffälligkeiten war der damalige Vorsitzende von der Mitgliederversammlung mit sofortiger Wirkung als Vorstand abberufen worden. Weil die Rechtmäßigkeit jener Versammlung allerdings von Seiten der Beschuldigten angezweifelt wird, steht in Kürze ein Gerichtstermin an, der darüber Klarheit bringen soll.

Verschiedene Ansichten

Eine weitere Baustelle ist in diesem Zusammenhang auch die Wahl des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden, gegen den jetzt ermittelt wird. Er war seinerzeit von seinem Vorstandsposten in den Aufsichtsrat gewechselt. Mangels einer gültigen Entlastung für seine Vorstandstätigkeit sei seine Wahl vom Prüfungsverband später allerdings als nichtig festgestellt worden, sagt Dietmar von Rüden.

Allerdings existieren auch darüber auf beiden Seiten verschiedene Meinungen. Die Gegenseite war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Gemeinschaftlich handeln zum Wohle des Einzelnen

Ein genossenschaftlich organisierter Bauverein hat das Ziel, seine Mitglieder mit preisgünstigem Wohnraum zu versorgen. Im Mittelpunkt steht das gemeinschaftliche Handeln zum Wohle des Einzelnen.


  • Die Mitgliedschaft in der Genossenschaft ist Bedingung für die Nutzung einer Wohnung. Mitglied werden kann jeder, der die vorgeschriebene Einlage in Höhe von 600 Euro entrichtet.

  • So erreicht das Mitglied eine Teilhaberschaft an dem gesamten Wohnungsbestand. In den jährlich stattfindenden Mitgliederversammlung wird der Jahresabschluss erläutert und der Aufsichtsrat gewählt.

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