Meschede. . Nachts oder frühmorgens mal eben ein Taxi in Meschede bestellen? Das geht oft nicht mehr. Erste Unternehmen geben es offen zu.
Wer spätabends oder nachts in Meschede ein Taxi benötigt, bekommt immer häufiger nur das: ein Tuten in der Telefonleitung - und niemand hebt ab. Nach Recherchen dieser Zeitung nehmen die Unternehmer zu bestimmten Zeiten keine Anrufe mehr entgegen. Das gilt insbesondere alltags. Vor Feiertagen und an Wochenenden wird länger gefahren - jedoch bis auf Ausnahmen auch nicht die ganze Nacht.
„Im ländlichen Raum gibt es massive Probleme“, bestätigt Jörg Beer. Er ist Geschäftsführer einer sperrig klingenden Vereinigung in Dortmund, dem Verband des privaten gewerblichen Straßenpersonenverkehrs Nordrhein-Westfalen. Darin sind die meisten der heimischen Taxifahrer organisiert.
Kosten von 120 Euro bei Einnahmen von 20 Euro
„Gerade unter der Woche“, sagt Beer, „sind Fahrten ab einem gewissen Zeitpunkt wirtschaftlich nicht mehr darstellbar.“ Er macht eine fiktive Rechnung auf: Der Unternehmer hat Kosten von 120 Euro, nimmt aber nur 20 Euro ein.
Beer spricht von einer „dramatischen Unterversorgung“ im ländlichen Räum. Er rät Gastronomen dazu, die örtlichen Taxiunternehmen schon im Vorfeld darauf hinzuweisen, wenn besondere Aktivitäten oder Feierlichkeiten stattfinden und dadurch ein erhöhtes Aufkommen erwartet wird.
Gemeinsame Schichtpläne
In einigen Städten und Gemeinden gibt es nach seiner Erfahrung bereits gemeinsame Schichtpläne - die Unternehmen wechseln sich also zu unattraktiven Zeiten miteinander ab. Letztlich hält Beer aber auch staatliche Förderungen als letztes Mittel für vorstellbar: „Wir sind formal immerhin ein Teil des öffentlichen Personennahverkehrs.“
Offiziell dürfen die Taxifahrer die Beförderung nicht verweigern, sie müssen eigentlich 24 Stunden lang eine Beförderung ermöglichen: So steht es in den Gesetzen und Konzessionen. Theoretisch können die Aufsichtsbehörden, wie der Hochsauerlandkreis, solche Verstöße mit Bußgeldern ahnen. Doch die Sorge davor schwindet bei den Unternehmern.
Ummeldung zum Mietwagen
Sie drohen mit einem Trick, den sie zum Teil tatsächlich anwenden: Das Taxi wird abgemeldet und stattdessen auf einen Mietwagen-Service umgestellt. So können weiterhin Kranken- und Dialysefahrten sowie bestellte Fahrten unternommen werden - nur am Taxi-Stand und an der Straße dürfen diese Wagen nicht mehr stehen. Eine 24-Stunden-Pflicht gilt für sie nicht. Die mögliche Folge bei massenhaften Umwidmungen: Es gibt gar keine Taxis mehr.
Auch Friedhelm Völmecke betreibt neben seinen Taxis schon einen Mietwagen ohne das typische Weiß - er nutzt ihn beispielsweise für Kranken- und Dialysefahrten. Völmecke, seit 45 Jahren im Geschäft, ist der einzige, der in Meschede offen über das Problem spricht: „Alltags beim Nachtgeschäft legen wir Geld dazu“, sagt er.
Staatliche Förderung denkbar?
Auch er hält es für denkbar, dass irgendwann der Staat mit einer Förderung einspringen muss. Hinzu komme, dass die Unternehmer nicht mehr viel quer subventioniere könnten: „Auch am Wochenende ist es in Meschede ruhig geworden.“ Seit zehn Jahren, so schätzt Völmecke, sei das Geschäft rückläufig - Stück für Stück. Das Kerngeschäft seien heute Kranken- und Dialysefahrten, ab morgens 4 Uhr.
Der Nebeneffekt: Auch in den frühen Morgenstunden ist es nach Recherchen dieser Zeitung schwierig ein Taxi zu bekommen. Ab wann es abends und nachts vorbei ist, schwankt: Nach Gesprächen mit Fahrern, die anonym bleiben wollen, kann es sein, dass alltags bereits ab 22.30 Uhr niemand mehr fährt. Spätestens zwischen 23 und 0 Uhr stellen die Fahrer ihre Wagen ab.
Nach Informationen dieser Zeitung am ehesten noch unterwegs: Taxi Hoffmann - mit entsprechenden Wartezeiten.
Problem: aggressive Fahrgäste
Was den Taxifahrern bei Nachtfahrten auch in Meschede zunehmend zu schaffen macht: aggressive Fahrgäste. „Das macht oft keinen Spaß mehr, die sollten doch froh sein, dass wir sie nach Hause bringen“, sagt einer, der regelmäßig am Steuer unterwegs ist.
„Angemacht und angegriffen“ – auf diese Formel bringt Unternehmer Völmecke manche Erlebnisse seiner Fahrer. Zunehmendes Problem, so schätzen es die Fahrer ein, ist dabei nicht einmal Alkohol – es sind Drogen.
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