Meschede. . Jeder kann fit werden: Dazu ermutigen zwei der stärksten Männer der Welt. Beim Besuch in Meschede sagen die Brüder Pürzel, wie das geht.

Vom Erscheinungsbild her können sie in jedem Wikinger-Film eine Hauptrolle spielen: Die Brüder Andreas und Alexander Pürzel sind zwei der kräftigsten Männer der Welt. Die beiden Österreicher gaben in der „Sportwerkstatt“ von Stephan Entian in Meschede Tipps zur Fitness. Und fit werden kann jeder, machen sie im Interview ausdrücklich Mut. Man muss es nur wollen.

„Boah, was für ein gutes Gefühl“

Jeder Arzt rät dazu, sich mehr zu bewegen. Haben Sie Tipps, wie ein Sport-Muffel zu einem Aktiven werden kann?

Andreas Pürzel: Man muss den inneren Schweinehund überwinden. Wenn jemand nach einer Trainingseinheit aufrechter geht und sich dann im Spiegel sieht und denkt: „Boah, was für ein gutes Gefühl“ - dann ist das ein guter Schritt in die richtige Richtung. Man muss als Untrainierter ein Gefühl dafür bekommen, wie es sich anfühlt, trainiert zu sein. Natürlich dauert es seine Zeit, bis man einem das ansieht. Aber zum Beispiel Verspannungen sind so schnell zu beseitigen. Wichtig ist dann, je nach persönlichem Ziel, für sich zu protokollieren, ob man stärker oder ausdauernder wird oder ob man abnimmt – etwa durch Umfang-Messungen oder durch Fotos.

Alexander Pürzel: Um den inneren Schweinehund zu überwinden, musst du das finden, was du gerne machst. Dann machst du das auch lieber. Dazu gehört ein Umfeld, in dem du gerne bist. Dann fällt der Sport auch leichter.

Keine flüssigen Kalorien

Zu welcher Ernährung raten Sie?

Andreas Pürzel: Pauschal würde ich sagen, man kann nicht genug Protein essen. Bei einer trainierten jungen Person sollte das irgendwo zwischen 2 und 3 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht und pro Tag liegen, bei einem Untrainierten zwischen 1,3 bis 2 Gramm. Mehr hat keine Nachteile, sondern nur Vorteile. Je älter man ist, umso höher sollte dieser Wert sein.

Aber in der Realität ist leider genau das Gegenteil der Fall.

Die Brüder Pürzel und Stephan Entian (Mitte).
Die Brüder Pürzel und Stephan Entian (Mitte). © Jürgen Kortmann

Wir arbeiten mit Anfängern so, dass man Gewohnheiten ändert. Die meisten möchten abnehmen. Ich rate von flüssigen Kalorien ab. Dadurch nimmt man nur zu. Stattdessen sollte man Wasser trinken. Seinen Kaffee sollte man ohne Milch nehmen. Oder statt Zucker Süßstoff verwenden. Essen sollte man Lebensmittel mit geringer Kaloriendichte, alle Gemüsesorten zum Beispiel.

Alexander Pürzel: Wer mit Ernährung nichts am Hut hat, der sollte aufschreiben, was er isst. Man sollte seine Lebensgewohnheiten sichtbar machen. Und man sollte wieder lernen, selber Gerichte zuzubereiten. Aber es ist ja so einfach, wenn man irgendwo hingeht und sich etwas bestellt – und bekommt dann reichlich Kalorien. Aber das ist der falsche Weg. Man sollte auch nicht hungrig einkaufen gehen.

Körperkult - oder Körperwahn?

Unter jungen Leuten wird viel Aufhebens um einen fitten Körper gemacht. Verstehen Sie diesen Körperkult - oder ist das schon Körperwahn?

Alexander Pürzel: Man muss jungen Leuten beibringen, was da auch für ein Geschäft dahinter steckt. Der Jugendliche muss das finden, was er gerne macht. Das ist es, was wir zu vermitteln versuchen.

Bärenstark: Die beiden Pürzel-Brüder.
Bärenstark: Die beiden Pürzel-Brüder. © Jürgen Kortmann

Dem Jugendlichen muss einleuchten: Es gehört Regelmäßigkeit und Disziplin dazu, um etwas zu erreichen. Da gehören Jahre eines konsequenten Trainings dazu. Die meisten Stars, die Jugendliche haben, sind irgendwo um die Mitte 20, Ende 20 Jahre alt. Die haben eben diese 15 Jahre Training schon hinter sich.


Andreas Pürzel: Genau, das ist die übergeordnete Frage wie für jedes Leben: Ich muss das finden, was ich gerne machen. Das ist der Knackpunkt. In der Jugend, wo man noch unabhängig ist, kann man unheimlich viel ausprobieren. Eines davon ist eben der Sport. Viele versuchen, gewisse Makel an sich selbst zu kompensieren. Es ist natürlich viel, viel besser, etwas durch Sport zu kompensieren als durch Alkohol oder durch Rauchen. Wir haben auch angefangen, weil wir ausschauen wollten wie der Schwarzenegger. Aber wir haben eben anfangs ausgesehen wie extrem dünne Spaghetti. (lacht)

Auf den Trainer kommt es an

Wie findet man ein gutes
Fitnessstudio?

Alexander Pürzel: Ich brauche jemanden in einem Studio, der unbedingt will, dass ich als Kunde besser werde. Ich darf als Meister kein Problem damit haben, dass mein Lehrling mich irgendwann einmal übertrumpfen könnte. Ich muss als Trainer oder als Studiobesitzer den Anspruch haben, dass meine Kunden so mündig werden, dass sie einmal mehr wissen als ich selber. Bei einer großen Fitness-Kette ist nie Liebe und Leidenschaft drin.

Andreas Pürzel: Es kommt auf gute Trainer an. Darauf muss ich als Kunde achten. Ein guter Trainer entscheidet, was an Geräten in den Trainingsplan hineinkommt, nicht der Laie. Schließlich entscheidet auch ein Zahnarzt und nicht der Patient, wie man einen Zahn behandelt.

„Wir wollen ja angeschaut werden“

Wie reagieren die Leute bei Ihrem Anblick? Zucken die nicht ein wenig zurück angesichts so vieler Muskeln, angesichts so breiter Rücken?

Andreas Pürzel: In unserem Umfeld ist es ja normal, weil andere noch praller sind! Wenn wir zum Flughafen gehen, denken wir immer: Solange die Leute so neugierig schauen, ist alles okay. Das ist unser Anspruch. Wir wollen ja angeschaut werden. Für uns ist das auch eine Bestätigung. Es ist nun einmal eine Sportart, die optisch erkennbar bleibt.

Muskeln als Panzerung

Ist so ein kräftiger Körper eigentlich verletzlicher als ein normaler?

Andreas Pürzel: Nein! Ich fühle mich durch die Panzerung meiner Muskulatur viel sicherer. Meine Organe sind viel geschützter, ich habe mehr Gerüst. Und ich bin auch koordinativ sicherer. Seitdem ich trainiere, treten keine gesundheitlichen Probleme auf. Wenn Probleme auftreten würden, dann trainiert man falsch.


Alexander Pürzel: Ich bin manchmal unbeweglich in der Frühe. Aber Schmerzen? Keine! Ganz ehrlich! Und ich habe in der Woche dreimal über 250 Kilo auf dem Rücken liegen und hebe vom Boden über 300 Kilo auf. Wenn man sich einen Fußballplatz anschaut oder eine Skipiste, dann gibt es viel mehr Verletzungen als im Fitnessbereich. Bei jedem Skikurs landen ein paar Leute im Krankenhaus, bei jedem Fußballspiel gibt es Zerrungen.

>>>HINTERGRUND<<<

Andreas Pürzel betreibt Bodybuilding. Er ist 32 Jahre alt, wiegt 93 Kilogramm, sein Wettkampfgewicht liegt bei 80 Kilo. Er hat Architektur studiert, ist staatlich geprüfter Fitnesstrainer.

Alexander Pürzel betreibt Kraftdreikampf aus Kniebeuge, Kreuzheben und Bankdrücken. Darin ist er aktueller Europameister. Er ist 34 Jahre alt, wiegt 122 Kilogramm, sein Wettkampfgewicht liegt bei 119,99 Kilo. Er hat Geschichte und Sport studiert, arbeitet als Lehrer, ist ebenfalls staatlich geprüfter Fitnesstrainer.

Beide Brüder geben in der ganzen Welt Vorträge zum Thema Fitness und haben Fachbücher dazu veröffentlicht. In Wien betreiben sie das Fitnessstudio „Das Gym“ mit 1000 Mitgliedern.

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