Meschede/Brilon. Martin Wiese übernimmt ein Briloner Unternehmen. Dahinter steckt ein ungewöhnliches Konzept und ein klares Bekenntnis.
Fünf Chefs geben ihre Verantwortung ab, treten ins zweite Glied, arbeiten aber weiter und überlassen dem Nachfolger die alleinige Unternehmensführung. Gleichzeitig stehen sie mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung weiterhin im täglichen Geschäft zur Verfügung. Das geht? Martin Wiese ist davon überzeugt.
Der Mescheder hat die Briloner Firma Gördes - Modell & und Formenbau - zum Jahresbeginn übernommen. „Das wird sicher an der ein oder anderen Stelle in Zukunft noch rumpeln“, sagt er gut gelaunt. „Aber der Teamgedanke steht bei allen im Vordergrund.“
Gemeinsam hatten Hans-Günter Rehm, Thomas Tepel, Josef Gördes, Manfred Wiese und Wolfgang Hillebrand - sie alle arbeiteten bei einem Modellbaubetrieb in Heringhausen - die Firma 1989 in Brilon auf der grünen Wiese gegründet. „Niemand hatte geglaubt, dass das funktioniert“, erzählt Martin Wiese, der immer schon nah an der Firma dran war. Sein Vater ist einer der Gründer. „Man wächst mit der Selbstständigkeit und der Firma auf.“
Ein ungewöhnlicher Gesellschaftsvertrag verband die Gruppe: Wenn der Älteste in Rente geht, wird eine gemeinschaftliche Lösung für die Nachfolge gesucht. „Geschickt“, nennt Wiese das, „denn je älter man wird, desto weniger hat man Lust noch in die Firma zu investieren.“ Die Gesellschafter beschlossen die Firma zu verkaufen. Martin Wiese, der als Maschinenbauer eine gute Position bei Egger hatte, dachte nach, sprach mit seiner Familie und bot mit. „Die Firma läuft gut und gibt 14 Menschen Arbeit. Mir war es wichtig, dass es weitergeht.“
Position bei Egger
Leicht fiel ihm die Entscheidung nicht. Er habe gern bei Egger gearbeitet und ihm sei klar gewesen, dass er in Zukunft mehr arbeiten wird. „Aber mich ärgert es einfach, dass immer weniger Leute bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.“ In seinem Umfeld habe er immer wieder erlebt, dass junge Menschen verantwortungsvolle Positionen ablehnten. „Und dann habe ich mir überlegt, wenn du nicht so sein willst, musst du es jetzt tun.“
Gefallen habe ihm auch, dass er als Chef selbst gestalten könne. „Bisher musste ich für eine gute Idee immer erstmal Überzeugungsarbeit leisten.“ Wiese war es wichtig, dass ein gut laufendes Unternehmen nicht an der fehlenden Übernahme scheitert. „Ich hänge am Sauerland. Ich tu das auch für die Region.“ Er ist überzeugt, dass es sich lohnt. „Wir können Fachkräften hier eine gute Perspektive bieten.“
Ein Mitarbeiter besucht zurzeit die Meisterschule. „Ich hoffe, dass er wiederkommt.“ Im nächsten Jahr will er wieder ausbilden. Wieses Ziel ist es den Kundenstamm, zu dem Sauerwald in Nuttlar und Arconic, ehemals Tital, in Bestwig gehören, weiter auszubauen und den Umsatz zu steigern, um vor allem den Mitarbeitern den Arbeitsplatz zu sichern. „Sie sind mein Kapital“, sagt er.
14 Monate dauerte es, bis die Finanzierung stand. „Das ist von beiden Seiten sehr fair gelaufen.“ Seit dem 1. Februar ist Martin Wiese alleiniger Geschäftsführer. Zurzeit wird er noch von den ehemaligen Gesellschaftern eingearbeitet. „Die wenigsten glauben mir, dass die ehemaligen Unternehmer weiter im Betrieb als Angestellte arbeiten und ihre Erfahrung einbringen“, sagt er. „Ich sehe das anders. Ich kenne sie ja alle, seit ich auf der Welt bin. Sie können bei mir weiterarbeiten, solange sie wollen.“
Wiese ist sicher, dass seine Existenzgründung dauerhaft Bestand hat. „Ich glaube einfach nicht, dass Arbeit bestraft wird. Und wenn es mit diesen Leuten nicht klappt, dann läuft grundsätzlich was falsch. An uns hat es dann nicht gelegen.“
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