Meschede. . Durch den Brandanschlag auf ihr Gebäude sind die Grauen Wölfe ins Rampenlicht gerückt: Sie gelten als rechtsextrem. Was passiert dort?
Die Polizei fährt nach dem Brandanschlag auf den „Deutsch-Türkischen Freundschaftsverein“ am Lanfertsweg in Meschede im ganzen Hochsauerlandkreis verstärkt Streife - sowohl an türkischen als auch an kurdischen Einrichtungen. Das bestätigte Pressesprecher Holger Glaremin auf Anfrage.
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Die Polizei habe außerdem Kontakt zu beiden Seiten aufgenommen: Dabei werde die Hilfe derBeamten angeboten, gleichzeitig würden beide Seiten aber auch an ihre Pflichten erinnert, selber deeskalierend einzuwirken. Glaremin betont: „Die Polizei duldet keine Gewalt, egal von welcher Seite.“ Die Bevölkerung bittet er, verdächtige Beobachtungen sofort unter dem Notruf 110 zu melden.
PKK-Kreise bekennen sich
Wie berichtet, haben sich PKK-Kreise zu dem Brandanschlag bekannt, es gibt dazu ein Video, das von der Staatsanwaltschaft als authentisch eingestuft wird. Eine der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahestehende kurdische Jugendinitiative („radikaler Junger Blick“) hatte zuvor wegen der türkischen Militär-Offensive im nordsyrischen Afrin zu Vergeltungsschlägen in Europa aufgerufen – der Anschlag in Meschede könnte eine Folge gewesen sein.
„Wir haben absolut nichts damit zu tun“, sagt Murat Celik, Vorsitzender des kurdischen Vereins in Meschede, zu dem Brandanschlag. Im Gespräch mit dieser Zeitung distanzierte er sich von Gewalt: „Wir würden so etwas nie machen.“
Vorwurf ließ sich nicht beweisen
Unter Meschedes Kurden ist es ein offenes Geheimnis, dass hinter dem „Freundschaftsverein“ am Lanfertsweg tatsächlich die rechtsextremen türkischen „Grauen Wölfe“ stecken. Celik berichtet davon, dass dieser Verein die Namen von Mescheder Kurden (und auch von angeblichen Anhängern der so genannten Gülen-Bewegung, die von der türkischen Regierung verfolgt wird) in die Türkei weitergegeben haben soll – beweisen allerdings ließ sich dieser Vorwurf nicht.
Viele Kurden, berichtet Celik, würden inzwischen auf Reisen in die Heimat verzichten, aus Sorge, womöglich verhaftet zu werden. Celik sagt über das Verhältnis zwischen Kurden und Türken in Meschede, das durch den türkischen Einmarsch in kurdische Gebiete in Syrien zusätzlich belastet ist: „Direkt Freunde sind wir nicht. Aber wir gucken uns auch nicht schief an. Dafür ist Meschede zu klein.“
In türkischem Eigentum
Nachbarn beschreiben den türkischen Verein am Lanfertsweg als unauffällig. Die Räume der ehemaligen Kneipe „Landsknecht“, 1976 gebaut, waren ursprünglich Eigentum der Siedlungs- und Baugenossenschaft Meschede, inzwischen sind sie in türkischem Eigentum.
Hinter verschlossenen Türen geht es nach Recherchen dieser Zeitung bei Gesprächsabenden um „nationalen Kampf“, Gedenken an gefallene Soldaten oder die Schlacht von Gallipoli im Ersten Weltkrieg. Auch türkische rechtsnationale Politiker werden hofiert: Noch Anfang Februar wurde ein Mitglied der Nationalisten-Partei (MHP) in Meschede zum Vortrag begrüßt.
Antwort der Bundesregierung
Die Bundesregierung nahm 2014 in einer Anfrage im Bundestag Stellung zu Aktivitäten der „Grauen Wölfe“ in Deutschland. Dabei wird als einer der gewaltsamen Vorfälle ein Fußballspiel zwischen „dem offensichtlich türkisch-nationalistischen Fußballverein Anadoluspor Ramsbeck 2“ und dem kurdischen FC Mezopotamya Meschede aus 2012 erwähnt, bei dem türkische Fans kurdenfeindliche Äußerungen riefen und es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam.
Bürgermeister Christoph Weber sagte, es gebe „null Kontakt“ mit dem Verein, während mit anderen Moscheen und Gruppierungen ein offener Austausch gepflegt werde. „Man nimmt das Haus wahr - reinschauen können wir nicht.“ Ihn beunruhige der Anschlag, „das hat mich geschockt“, erklärte er.
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Als „Graue Wölfe“ werden Anhänger der im türkischen Parlament vertretenen rechtsextremen „Partei der Nationalistischen Bewegung“ (MHP) sowie auch andere türkische Ultranationalisten bezeichnet, heißt es in einer Drucksache des Bundestages.
Die „Grauen Wölfe“ würden einen ausgeprägten Rassismus gegenüber nicht türkisch-sunnitischen Bevölkerungsgruppen in der Türkei haben – also Kurden, Aleviten, Armenier, Griechen und Juden. Sie lehnen auch Christen, die EU und die USA ab.
In der Türkei waren paramilitärische Gliederungen der „Grauen Wölfe“ bis zum Militärputsch 1980 für tausende Morde an politischen Gegnern verantwortlich.
In Deutschland sind die Grauen Wölfe in Idealistenvereinen (Ülkücü-Vereinen) organisiert.
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