Latrop. . Zwischen Sauerländer Dorf und Großstadt: Zusammen mit seinen Huskys leitet Erzieher Andreas Achenbach Coolness-Trainings für junge Straftäter.

Mit seinen zwölf Huskys ist Andreas Achenbach nicht nur in der Natur rund um Latrop unterwegs, sondern auch in Großstädten: In Dortmund, Paderborn und Hagen leitet der Erzieher Coolness-Trainings für jugendliche Straftäter. „Kurve kriegen“ heißt das Präventionsprojekt des Landes und der Polizei NRW, bei dem der 56-Jährige und seine Hunde auf junge Leute treffen, die so einiges an Aggressionen und Gewalterfahrung mitbringen. Im Interview berichtet Andreas Achenbach, was passiert, wenn Teilnehmer und Huskys aufeinandertreffen.

Wie reagieren Hunde auf aggressive Menschen?

Andreas Achenbach: Meine Hündin Lea ist mein Sensor. Bei Menschen, bei denen sie sich nicht sicher ist – zum Beispiel, weil sie eine latente Aggression in sich tragen – distanziert sie sich erst einmal und schaut aus der Ferne. Die Hunde folgen einem ganz anderen Wertesystem als wir Menschen. Aussehen, Kleidung, Beruf und Status sind ihnen völlig egal. Es kommt ihnen auf eine klare, authentische Haltung der Menschen an.

Für das Projekt „Kurve kriegen“ arbeiten sie mit jungen Straftätern. Kommt jeder Jugendliche dafür in Frage?

Es gibt Ausschlusskriterien. Wenn jemand zum Beispiel im Vorfeld durch tierquälerisches Verhalten aufgefallen ist, dann ist das ein klares No-Go. Die Teilnehmer schon eine grundaffine Haltung zu den Tieren haben. In manchen Kulturen gelten Hunde zum Beispiel als schmutzig und sind keine Haustiere. Solche Menschen haben dann keinerlei Bezug zu den Tieren, dann funktioniert auch die tiergestützte Pädagogik nicht.

In welcher Lebenslage sind die Teilnehmer der Trainings, die eben „die Kurve kriegen“ sollen?

Es sind Kinder und Jugendliche, die noch nicht strafmündig sind – also jünger als 14 Jahre – aber schon mehrfach Straftaten begangen haben. Raub, Körperverletzung, Erpressung, Vergewaltigung, all das kommt vor. Die meisten fallen innerhalb kürzester Zeit mit mehreren Straftaten auf. Auch wenn sie noch nicht strafmündig sind, ist eine Anzeige bei der Polizei wichtig, damit man auf sie aufmerksam werden kann. Pädagogen vor Ort klopfen ab, was den Jugendlichen liegt und bieten ihnen eventuell eine Teilnahme an meinem Coolness-Training an – das auf freiwilliger Basis stattfindet.

Was ist das Ziel des Trainings?

Es geht um Respekt, Aufmerksamkeit und Disziplin. Das will ich im wöchentlichen Training von den Jugendlichen sehen. Dazu muss ich erst einmal eine Beziehung zu ihnen aufbauen. Dabei ist ganz wichtig: Ich bringe ihnen als Mensch eine wertschätzende Haltung entgegen. Ich differenziere zwischen ihrer Person und dem, was sie getan haben. Dazu gibt es einen einfachen Satz, den ich immer wieder kommuniziere: Ich verstehe, warum du dich so verhältst, aber ich bin damit nicht einverstanden. In der Gruppe und mit den Hunden lernen die Teilnehmer respektvolles Verhalten. Sie wollen, dass die Hunde bei ihnen bleiben. Wenn sie aber aus der Rolle fallen oder aggressiv werden, wenden sich die Tiere von ihnen ab.

Welche Fortschritte bemerken Sie während des mehrwöchigen Projekts?

Das ist bei vielen ein langer Prozess, weil sie ihr Verhalten über Jahre hinweg entwickelt haben. Wenn mir zum Beispiel ein Jugendlicher, der sonst oft schwänzt oder dem Unterricht verwiesen wird, weil er durch gewalttätiges Verhalten aufgefallen ist, ganz stolz berichtet, dass er seit dem letzten Training jeden Tag in der Schule war und in der Pause keinen Ärger angezettelt hat, dann ist das schon ein großer Fortschritt für ihn. Dieses Verhalten dann zu festigen ist das Ziel des Trainings.

Spielt es eine Rolle für Ihre Arbeit, was die eigentliche Ursache für das aggressive Verhalten der Jugendlichen war?

Bei vielen hat es sicher damit zu tun, dass die Eltern resigniert haben und oft auch gar nicht mehr wahrnehmen, was ihre Kinder tun.

Frustriert das?

Nein, eigentlich nicht. Denn ich kann es nicht ändern, meine Aufgabe ist die Arbeit mit den Kindern.

Wie ist das Gefühl, wenn Sie nach einem Trainingstag, zum Beispiel in der Dortmunder Nordstadt, zurück nach Latrop kommen?

Das ist super! Ich brauche das. Ich bin ein absoluter Landmensch. Und die Hunde genauso. Nach einem anstrengenden Trainingstag, egal ob es für den Kopf oder die Beine anstrengend war, brauchen wir alle auch wieder Entspannung. Aber genau dieser Wechsel macht mir an meinem Job so viel Spaß.

>> ANTI-AGGRESSIONS-TRAININGS

  • Erzieher Andreas Achenbach lebt seit 2004 in Latrop.
  • Mit seinen Huskys bietet der 56-Jährige Fortbildungen sowie verschiedene Anti-Aggressions- und Coolness-Trainings an, auch außerhalb des Präventionsprojekts „Kurve kriegen“.

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