Meschede. Drogen bei einer Durchsuchung entdeckt, Vorwurf des Handeltreibens: Ein Mann wird zum 19. Mal verurteilt - auf Bewährung.

18 Vorstrafen hat der 23-Jährige bereits. Mit 15 Jahren stand er in Meschede das erste Mal vor Gericht. Jetzt kommt die 19. Strafe hinzu: Zehn Monate Haft auf Bewährung wegen Drogenbesitzes. Dabei hatte der Mann noch Glück: Für einen Drogenhandel, der eine höhere Strafe bedeutet hätte, fanden sich nur Indizien, aber letztlich keine Beweise.

Der junge Mann lebt in Meschede, ist türkischer Staatsangehöriger, Kurde und Asylbewerber. Im vergangenen September war das Haus der Großfamilie in Meschede durchsucht worden – die Polizei hatte nach einer Handy-Auswertung aus einem anderen Strafverfahren Hinweise auf Drogen dort bekommen. Beim Klingeln weigerte sich der Vater, die Polizisten einzulassen.

Polizist als Zeuge

„Wir haben uns dann Zugang verschafft. Wir sind da entschieden“, sagte ein Polizist im Prozess vor dem Schöffengericht Meschede. In seinem Zimmer habe sich der 23-Jährige gerade an einem Koffer „zu schaffen gemacht“.

Es fanden sich 10,6 Gramm Marihuana in zehn kleinen Packungen: Für den Weiterverkauf, wie die Staatsanwaltschaft mutmaßte, aber nicht beweisen konnte; für seinen Eigenbedarf gekauft, wie der 23-Jährige behauptete – in der größeren Menge gebe es eben Rabatt beim Dealer, sagte er. Dessen Namen verriet er nicht.

Indizien, die für einen Handel sprechen: Es wurden weitere Klemmverschlusstüten gefunden, wie sie für eine Aufteilung von Drogen verwendet werden. Und: Seltsamerweise war das Handy des Mannes auf die Werkseinstellungen zurückgestellt worden – möglicherweise kurz vor der Durchsuchung. Aber es fanden sich keine anderen sicheren Spuren für einen Handel, typisch sind zum Beispiel Streckmaterial oder Waagen.

Freiwillig zur Entwöhnung in Klinik

2015 war das Haus der Familie schon durchsucht worden, 2016 auch. Zuletzt im März 2017: Danach konnte dem 23-Jährigen ein Drogenhandel nachgewiesen werden, seinerzeit in der Arnsberger Fußgängerzone – dafür gab es ein Jahr auf Bewährung. Er stand also unter laufender Bewährung, als im September wieder Marihuana gefunden wurde.

Seit dem Winter ist er freiwillig zur Suchtentwöhnung in einer Klinik, bezahlt von der Deutschen Rentenversicherung, und durch den Aufenthalt mit der Aussicht auf mildernde Umstände im neuen Strafverfahren. Der Angeklagte sagte vor Gericht aus, er wolle endlich von den Drogen wegkommen: „Ich bin mit den falschen Leuten abgehangen. Ich dachte, ich könnte meine Probleme wegrauchen.“

Nach eigenen Angaben verwendete er die 300 Euro, die ihm seine Eltern im Monat als Taschengeld zahlen, komplett für Drogen. Geld ist in der Familie offenbar vorhanden: Vor Gericht hatte der 23-Jährige nicht nur einen Pflicht-, sondern zusätzlich auch einen eigenen Wahlverteidiger, der bezahlt werden muss.

Einschlägig vorbestraft

Der 23-Jährige ist erheblich und einschlägig wegen Drogendelikten vorbestraft, außerdem wegen Bedrohung, versuchter Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung, Diebstahl, Hausfriedensbruch, Erschleichen von Leistungen, Einbruch.

Er saß auch schon im Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft forderte zehn Monate Haft ohne Bewährung für den Mann: Schließlich habe er unter laufender Bewährung gestanden, er sei ein „Bewährungsversager“. Die Verteidiger forderten eine erneute Bewährungsstrafe: „10 Gramm Marihuana ist nicht die Welt“, sagte sein Wahlverteidiger, die politische Diskussion, wie man mit Marihuana umgehen solle, laufe ja in Deutschland gerade an: „Da wird sich noch einiges ändern.“

Therapie fortsetzen

Richterin Christina Sellmann verurteilte den Mann zu einer erneuten Bewährung, „unter Rückstellung erheblicher Bedenken“. An das Urteil gekoppelt ist die Weisung, die Therapie in der Klinik solange fortzusetzen, wie es die Ärzte für notwendig halten.

Die Richterin ist sicher: „Schaffen Sie die Therapie nicht, werden Sie wieder straffällig.“ Zur Nachsorge muss der Mann nach dem Klinik-Aufenthalt anschließend zur Suchtberatung. Und er muss 500 Sozialstunden ableisten. Er hat aber noch 500 alte Sozialstunden offen, die er schon nach dem letzten Urteil nicht erfüllte.

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