Berge. . Zwei Teppichhändler aus dem Rheinland mussten sich jetzt vor dem Mescheder Amtsgericht verantworten. Verlierer ist ein Rentner aus Berge.

Mottenfraß, Flecken, Trittspuren und Löcher - der neu gekaufte Teppich war auf den zweiten Blick ganz klar gebraucht. Ein Rentner aus Berge ist auf Teppichhändler aus Köln und Leverkusen hereingefallen. Sie hatten ihm einen minderwertigen Teppich verkauft. Er zahlte dafür insgesamt 3300 Euro und gab noch zusätzlich seine eigenen gebrauchten Teppiche in Zahlung.

Betrugsprozess eingestellt

Der Betrugs-Prozess vor dem Amtsgericht Meschede gegen einen 32-jährigen Kölner und seinen 40-jährigen Schwager aus Leverkusen wurde jetzt gegen Auflagen nach Paragraf 153 a eingestellt. Zu dünn war Gericht und Staatsanwaltschaft die Beweislage, zu niedrig der entstandene Schaden und zu parteiisch das Gutachten.

Im Juni 2016 hatte der Berger den Flyer einer Teppichreinigung im Briefkasten. Er nahm Kontakt auf, man einigte sich auf einen Preis und drei Teppiche wurden abgeholt, gereinigt, ausgebessert. „Bis dahin alles zu meiner Zufriedenheit“, sagte der Rentner vor Gericht.

8500 Euro als erstes Preisangebot

Es ergab sich ein Gespräch darüber, ob der Berger nicht vielleicht auch einen neuen Teppich kaufen wolle. Man habe gerade einen neuen Seidenteppich und auch einen schönen Läufer im Auto. Der Senior ließ sich die Teppiche zeigen. Sie gefielen ihm. 8500 Euro war das erste Preisangebot.

Die Händler gingen runter bis auf 3000 Euro, wenn der Berger dafür seine alten, gerade gereinigten und restaurierten Teppiche in Zahlung geben würde. Beide Seiten wurden handelseinig. Auch ein Echtheitszertifikat wurde besorgt. „Ich habe den Leuten vertraut“, sagte der Rentner vor Gericht, „weil das erste Geschäft mit der Reinigung in Ordnung war.“

Teppich hatte Mängel

Doch dann hatte der neue Teppich offensichtliche Mängel, er behielt Beulen. Die Teppichhändler erschienen erneut und legten einen weiteren Teppich vor, der passte farblich nicht. Ein dritter Teppich gefiel endlich, doch dieser sollte noch mal 300 Euro mehr kosten, ob für den Teppich oder den Aufwand - das wurde nicht besprochen oder gar schriftlich festgehalten. „Widerwillig“ habe er auch das bezahlt“, sagte der Rentner.

In den nächsten Tagen habe seine Frau dann beim genauen Blick plötzlich festgestellt, dass die angebliche Neuware bereits gebraucht war. Sie erkannte Gebrauchsspuren, der Flor war heruntergetreten, die Farbe verblichen. „Wir haben ihn umgedreht und dann auch gesehen, dass er bereits ausgebessert war“, berichtete der Berger.

Angebot: Teppich aus dem Iran

Auf den erneuten Anruf reagierten die Teppichhändler scheinbar entgegenkommend, so der Rentner. „Sie wollten den Teppich austauschen, hätten allerdings gerade keinen passenden vorrätig. Im Sommer aber würden sie in den Iran reisen und von dort die gewünschte Farbe und Größe mitbringen.“ Er willigte ein.

Als er im Herbst erneut versuchte, Kontakt aufzunehmen, reagierten die Angerufenen nicht mehr. Er hatte jetzt zwar zwei Teppiche, von denen aber mindestens einer minderwertig war. Dafür hatte er 3300 Euro bezahlt und die eigenen Teppiche verloren. In der Hand hatte er nichts. „Das lief ja alles mündlich“, verteidigte er sich. „Ich bin ein gutgläubiger Mensch.“ Anfang 2017 hatte auch er dann den guten Glauben verloren und erstattete Anzeige.

Parteiischer Gutachter

Außerdem ließ er ein Gutachten erstellen, mit dem alle Juristen im Saal ein Problem hatten: Hatte doch der Gutachter nicht nur den möglichen Wert des Teppichs ermittelt, Mottenfraß, Flecken und Gebrauchsspuren bestätigt, sondern am Ende auch noch Stellung zum schlechten Ruf eines der Angeklagten genommen:

Man müsse nur mal im Internet über die Machenschaften des Familienclans nachlesen, hieß es da. Übereinstimmend erklärten die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, der Verteidiger und Richterin Christina Sellmann, dass er damit eine Grenze überschritten habe. Das Gutachten sei nicht mehr unparteiisch und damit anfechtbar.

Aussage gegen Aussage

In ihrem Plädoyer sah die Vertreterin der Staatsanwaltschaft zwar den Vorwurf des Betrugs erfüllt, bemängelte aber die schwache Beweislage. Sie fürchtete, dass auch ein erneuter Gerichtstermin mit weiteren Zeugen, einem unparteiischen Gutachten, das zusätzliche Kosten verursachen würde, letztlich kein zufriedenstellendes Ergebnis geben werde. Somit stehe Aussage gegen Aussage.

Das Gericht schloss sich diesem Antrag an. Es stellte das Verfahren gegen die Zahlung von Auflagen ein, weil kein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit vorliege, den Fall weiter zu verfolgen und der Schaden relativ gering sei.

Teppichverkäufer müssen zahlen

Beide am Handel beteiligten Teppichverkäufer müssen zahlen, 300 Euro der 32-jährige Kölner, der bisher noch nicht gerichtlich aufgefallen war, 450 Euro der 40-jährige Leverkusener, der einschlägig vorbestraft war. Beide schwiegen während des Verfahrens und machten nur Aussagen zur Person.

>>>HINTERGRUND
Die Verbraucherberatung rät grundsätzlich dazu, bei Haustürgeschäften vorsichtig zu sein und Bedenkzeit zu verlangen. „Dabei handelt es sich ja quasi um eine überfallartige Situation, auf die man gar nicht vorbereitet ist“, sagt Petra Golly von der Verbraucherberatung in Arnsberg. „Bei einem normalen Kauf hat man sich meist vorher informiert, Preise und Händler verglichen. Dazu hat man an der Haustür keine Gelegenheit.“

Petra Golly, Leiterin Verbraucherzentrale Arnsberg warnt vor Haustürgeschäften.
Petra Golly, Leiterin Verbraucherzentrale Arnsberg warnt vor Haustürgeschäften.

Der Gesetzgeber habe zum Schutz der Verbraucher das 14-tägige Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften eingebaut, über das der Käufer vorab schriftlich informiert werden müsse.

„Wenn es aber wie hier gar keinen schriftlichen Vertrag gibt, wird es schwierig nachzuweisen, was überhaupt vereinbart wurde. Da steht dann Aussage gegen Aussage.“

Petra Golly: „Gerade bei so hochpreisigen Artikeln raten wir, Angebote in Ruhe zu vergleichen und von Haustürgeschäften besser die Finger zu lassen.“

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