Meschede. . Mit 52 verliert Frank Höppner seine Stelle, weil seine Chefin den Buchladen aus Altersgründen schließt. Eine existenzielle Krise, die sich zum Guten wendet.
Wenn man mit 52 plötzlich vor dem Nichts steht, weil die Chefin ihr Geschäft schließt, man drei Kinder zu versorgen hat, ein Haus abbezahlt werden muss und man dann noch in einer Branche arbeitet, die von vielen Seiten totgesagt wird - ist das existenzbedrohend. Frank Höppner ist froh, dass es für ihn weitergeht und sogar in der Branche, für die er brennt - dem Buchhandel. Zum Jahresbeginn fand er im Buchladen Wortreich von Katrin Föster eine Vollzeitstelle.
Vor 30 Jahre Lehre begonnen
„Eigentlich war mir schon länger klar, dass es nicht bis 65 so weitergehen wird“, erzählt der Mescheder. Vor 30 Jahren begann er seine Lehre im CAB-Bücherstudio - damals noch in Arnsberg. Seitdem die Filiale in Meschede eröffnet wurde - vor 28 Jahren - war Höppner das Gesicht und der Berater am Von-Stephan-Platz. Doch seine Chefin wurde älter, und mehr und mehr kristallisierte sich heraus, dass sich niemand finden würde, der die Filiale übernimmt.
Von der Literaturwissenschaft zum Medienmanagement
Der Beruf des Buchhändlers wandelt sich deutlich - von der Literaturwissenschaft zum Medienmanagement.
Das so genannte Cross-Channel-Management ist weit verbreitet. Bücher, CDs und DVDs werden nicht mehr nur stationär, sondern auch zunehmend online verkauft. Das ist auch über den örtlichen Fachhandel möglich. Bestellungen sind bei Wortreich beispielsweise per Telefon, Mail oder online möglich, wobei man direkt sehen kann, ob ein Buch auch vorhanden ist. Man kann es dann zurücklegen oder nach Hause liefern lassen.
Auszubildende sind schwer zu finden. Von Meschede aus müssen sie mittlerweile die Berufsschule in Köln oder Frankfurt besuchen.
Viele junge Leute, die den Beruf anstreben, gehen von falschen Vorstellungen aus „gern zu lesen“ - reicht nicht.
Auch Frank Höppner hatte sich die Übernahme durchgerechnet - und sich dagegen entschieden. „Ich hatte mich bei der IHK beraten lassen. Mit der Konkurrenz von zwei weiteren Buchhandlungen und der Baustelle des HeRuM-Marktes war mir das zu riskant.“
Auch die Arbeitsagentur konnte ihm keine Unterstützung für die Existenzgründung zusagen. Die Branche sei zu unsicher, der Business-Plan zu schwach. „Das Risiko war mir zu groß. Da hängt ja die ganze Familie dran“, erzählt er. „Wenn ich 30 gewesen wäre, ja, dann hätte ich das mit der Selbstständigkeit vielleicht versucht, aber so?“ So stieg die Sorge, arbeitslos zu werden.
Im November stand Frank Höppner dann im Buchladen von Katrin Föster: „Er wollte wissen, ob die Gerüchte stimmen“, erinnert sich die 47-Jährige schmunzelnd: „Erstens, dass ich mein Geschäft zum Ende des Jahres schließe, und zweitens, dass ich ein Geschäft in Schmallenberg übernehme. Und dann wollte er wissen, ob ich wüsste, was übers CAB-Bücherstudio erzählt wird.“
Gerüchteküche
Das erste Gerücht konnte Katrin Föster entkräften, doch das zweite stimmte. Und vom dritten hatte sie tatsächlich noch nichts gehört. „Viel geredet wird immer“, sagt sie und zuckt mit den Schultern. „Hätte ich das gewusst, hätte ich manche Entscheidung anders gefällt.“
Gerade erst hatte die Meschederin die Buchhandlung „Bücher und mehr“ in Schmallenberg übernommen, weil sie weiter wachsen wollte, um rentabel arbeiten zu können. „Wenn ich geahnt hätte, dass das CAB-Bücherstudio schließt, hätte ich das sicher nicht gemacht. Die Marktbereinigung vor Ort hätte mir gereicht“, sagt die Diplom-Volkswirtin.
Sie sei davon ausgegangen, dass es dort mit Frank Höppner einen Mitarbeiter gibt, „der den Laden schon wuppt.“ Doch jetzt kam der Buchhändler wie gerufen. Denn Katrin Föster wollte selbst nur noch zwei Tage im Rebell im Laden stehen. Die übrige Zeit arbeitet sie in Schmallenberg. „Es ist gut, dass ich für hier einen erfahrenen Mitarbeiter gefunden habe, der mich entlasten kann und weiß, was er tut.“
Gegen den Jugendwahn
Vom Jugendwahn manch anderer Branchen hält sie nicht viel. „Einmal bin ich selbst schon 47, und dann glaube ich auch, dass viele junge Leute nicht so zuverlässig und einsatzbereit sind wie Ältere und Erfahrene.“ Wenn man seinen Job mit Herzblut betreibe, dann sei das Alter völlig egal - „dann ist man ganz anders belastbar. “
Und die Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter sei eben gerade in den kleinen Betrieben sehr wichtig. „Alles andere kostet Geld.“ Dafür sei sie dann auch als Chefin bereit, den Kollegen entgegen zu kommen.
Veranstaltungen
Frank Höppner kennt diese kurzfristigen Absprachen im Team aus seiner Zeit im CAB-Bücherstudio. „Da haben wir das auch so gehandhabt.“ Manches andere wird für ihn neu sein: Das Sortiment ist etwas anders, Katrin Föster verkauft ihre Bücher auch online, dazu gibt es bei ihr regelmäßig Lesungen und Veranstaltungen rund um Bücher und Genuss. „Ich erwarte schon, dass meine Mitarbeiter auch ihre persönlichen Lieblingsbücher vorstellen“, sagt sie.
Branche, die begeistert
Der Mescheder ist froh, dass er in einer Branche bleiben kann, die ihn auch nach 30 Jahren immer noch begeistert. Auch eine seiner Kolleginnen hat wieder einen Job gefunden - in der Bücherstube Eva Linhoff. Eine zweite nimmt sich eine Auszeit und eine dritte ging in Rente. Für Frank Höppner hat sich alles zum Guten gewendet: „Mein Herz hängt einfach am Buchhandel.“
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