Meschede. . Bisher galt: In Meschede gibt es keine Obdachlosigkeit. Doch seit einiger Zeit gilt diese Regel nicht mehr.
- Zum zweiten Mal lebt in Meschede eine Frau auf der Straße
- Sogar Bürgermeister Christoph Weber hat versucht der Obdachlosen zu helfen
- Doch bislang hat sie jede Unterstützung abgelehnt - bis sie nicht mehr konnte
In den Großstädten gibt es Obdachlose, hier in der ländlichen Region nicht. Diese Regel galt bislang. Doch sie bröckelt. Zum zweiten Mal hat es jetzt in Meschede jemanden gegeben, der auf der Straße gelebt hat. Ungewöhnlich daran ist: Wieder handelt es sich um eine Frau.
Niemand weiß, warum sie hier ist
Niemand weiß, warum sie nach Meschede gekommen ist. Auf einmal war sie da. Sie ist bereits älter. Ihr Lieblingsplatz ist an der Ruhr. Sie spricht wenig. Sie wickelt sich in Klamotten. Wenn sie auf einer Bank sitzt, sieht sie es aus, als ob sie sich unter einem Berg von Habseligkeiten vergräbt. Daher ist sie kaum zu erkennen.
Seit etwa einem Jahr lebt die Obdachlose in Meschede. Sie belästigt niemanden, sie holt sich nicht einmal ihre Sozialleistungen ab. Und doch stellt sie die Behörden vor Herausforderungen.
Die Zuständigen fragen sich: „Ist das ihr freier Wille?“
Schwierige Frage nach dem freien Willen
Die Frage ist schwierig, die Antwort noch viel schwieriger. „Jeder Mensch hat das Recht dazu, so zu leben wie er möchte. Bis zu einem gewissen Punkt darf jeder auf der Straße leben“, sagt Jörg Fröhling, Pressesprecher der Stadt Meschede. Wo ist dieser gewisse Punkt? Er lässt sich nur schwer fassen.
„Es kann niemand gezwungen werden, Hilfsangebote anzunehmen“, erklärt Fröhling. Erst wenn jemand gesundheitlich geschädigt ist, wenn er so krank oder psychisch krank ist, dass er sich gefährden würde, müssen die Behörden einschreiten.
Bürgermeister fragt persönlich nach
Das Sauerland zeichnet sich durch Nähe, durch Anteilnahme aus. Behörden in Großstädten nehmen Obdachlose anders wahr, hier in Meschede kümmern sich die Mitarbeiter aus dem Rathaus. Selbst Bürgermeister Christoph Weber hat sich der Frau persönlich vorgestellt. Er hat sich nach ihr erkundigt und ihr Hilfe abermals angeboten. Auch bei ihm hat sie dankend abgelehnt.
Ein Tagessatz von 13,63 Euro stünde der Obdachlosen zu. Das ist der Betrag, der nach den Hartz IV-Sätzen an wohnungslose Menschen ausgezahlt wird. Sie müssen sich das Geld in den Rathäusern abholen. Die Frau war noch nie da.
Bäcker stiften Lebensmittel
Die Bevölkerung hat ihr bislang geholfen. Bäcker haben ihr Lebensmittel gestiftet, Privatleute auch. Nach Informationen dieser Zeitung stammt die Frau aus dem Bereich Brilon. Mehr ist über sie nicht bekannt. Ihre Geschichte erinnert an die einer obdachlosen Frau, die über Monate im Kohlweder Tal und an der Wacholderheide in Eversberg gelebte hatte.
Sie lebte zwei bis drei Jahre wie eine Aussteigerin in der Natur. Ihre Besonderheit: Sie sprach nicht, mit niemandem. Menschen sorgten sich um sie, manche riefen die Polizei. Es schien, als könne sie Sorgen ihrer Mitmenschen nicht nachvollziehen. Sie ist inzwischen weitergezogen. Sie lebt heute im Kreis Soest, ihr Leben hat sie nicht verändert.
Ins Krankenhaus gebracht
In Meschede gibt es keine Obdachlosen. Die Regel gilt wieder. Die Frau, die sich unter ihren Habseligkeiten vergräbt, die jede Hilfe ausgeschlagen hat, musste doch Hilfe annehmen. Passanten hatten sie ein einem schlechten gesundheitlichen Zustand entdeckt. Sie riefen einen Rettungswagen. Die Frau befindet sich inzwischen im Krankenhaus, sie wird untersucht und behandelt. Ihr wird weitere Hilfe angeboten.
Noch weiß niemand, ob sie die haben möchte.
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