Berlar. . Wegen eines brütenden Schwarzstorchpaars sollen die fünf Windräder bei Berlar abgeschaltet werden. Das fordern Naturschützer.
- Verein für Umwelt- und Naturschutz Hochsauerland will Windpark bei Berlar tagsüber stilllegen
- Die Windräder gefährden ein brütendes Schwarzstorchpaar, so die Naturschützer
- Hochsauerlandkreis als Behörde lehnt Forderung ab: „Nicht gerechtfertigt“
Die fünf Windräder bei Berlar sollen sich tagsüber nicht mehr drehen. Das fordert der Verein für Umwelt- und Naturschutz Hochsauerland von der Kreisverwaltung. Grund ist ein Schwarzstorchpaar, das in der Nähe des Windparks brütet. Die Windkraftanlagen sollen per Anordnung des Kreises am Tage abgeschaltet werden, um das Paar nicht zu gefährden. Die Kreisverwaltung wird dem aber nicht nachkommen: „Eine Änderung der Betriebszeiten ist nicht notwendig“, sagte HSK-Pressesprecher Jürgen Uhl auf Anfrage.
Die Naturschützer haben den Horst in einem Bachtal im Bereich von Berlar bereits im letzten Jahr nachgewiesen. Jetzt steht für den Verein fest: Er wird auch in dieser Saison wieder angeflogen.
Schlamm vom Hennesee
Die Schwarzstörche suchen sich nach Feststellung der Naturschützer ihre Nahrung nördlich an Teichen im Bereich des Kahlen Kopfes zwischen Wehrstapel und Velmede, vor allem Amphibien und Wasserinsekten. Genau in diesem Bereich soll allerdings künftig der Schlamm gelagert werden, den der Ruhrverband aus dem Vorbecken des Hennesees ausbaggern will. Die Sedimente behindern den Zulauf der Talsperre.
Flugwege versperrt
Wie berichtet, sollen deshalb von Mai bis Oktober rund 50 000 Kubikmeter Sediment entfernt werden. Zum Transport der schätzungsweise 100 000 Tonnen schweren Fracht zu derzeit stillgelegten Klärschlammteichen am Kahlen Kopf werden 4500 Lkw-Fahrten erforderlich sein. Damit verliert der scheue Schwarzstorch nach Ansicht des Naturschutzvereins sein Revier dort im Norden. Westlich wiederum versperrt ihm die Hochspannungsleitung zwischen Nierbach und Klause die Flugrouten. Bleibt der Südosten: Und dort steht der Windpark.
Der Verein für Umwelt- und Naturschutz fordert deshalb in einem Schreiben an die Kreisverwaltung „eine umgehende Regulierung der Betriebszeit des Windparks“: Er müsse „in der Zeit von einer Stunde vor Sonnenaufgang und eine Stunde nach Sonnenuntergang“ abgeschaltet werden. Das soll bis zum Ende der Brutzeit Mitte Oktober gelten.
Kreis sieht keine Hindernisse
Die Kreisverwaltung teilt die Einschätzungen des Vereins nicht: „Die Schlammteiche sind kein essentielles Nahrungshabitat für den Schwarzstorch“, sagt Pressesprecher Jürgen Uhl. Ortstermine hätten gerade ergeben, dass die Teiche aktuell durch die Trockenheit leer stünden – und deshalb zur Nahrungssuche gar nicht geeignet.
Er verweist auch auf die Hochspannungsleitung: Deren Existenz habe die Schwarzstörche ja nicht gehindert, sich wieder anzusiedeln: „Die Leitung hat keine Scheuchwirkung.“
Der Schwarzstorch finde offenbar genügend Nahrung im Bereich des Nierbachtales: „Die Besiedlung des Tals durch den Schwarzstorch ist durch nichts beeinträchtigt.“ Deshalb werde die Kreisverwaltung auch nichts am Windpark ändern: „Ein nachträglicher Eingriff in die einschränkungslos genehmigte Betriebszeit ist nicht gerechtfertigt.“
„Russisches Roulette“
Winfried Rampe (Olsberg-Bruchhausen) bearbeitet für den Naturschutzverein die rechtlichen Angelegenheiten. Er kennt auch das Flugverhalten der Schwarzstörche: Fliegen sie mit Futter zurück zu ihrem Horst, nehmen sie den direkten Weg – mitten durch den Windpark.
„Wenn die Windräder stillstehen, hat der Schwarzstorch Glück. Wenn sich die Windräder drehen, spielt er russisches Roulette“, sagt Rampe. Sein Verein bezieht sich auf Abstandsempfehlungen von 3000 Metern, die zwischen Brutplätzen und Windrädern liegen sollen: Das gelte als „allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft“.
Horst-Standort ist geheim
Der Brutplatz im Bereich Berlar liegt sogar näher: Damit erhöhe sich das Tötungsrisiko. Die exakte Lage möchte der Verein öffentlich nicht nennen. Zum einen soll kein „Storch-Tourismus“ einsetzen, wie es Rampe bezeichnet. Zum anderen weiß Rampe aus Erfahrung: „Wenn im Sauerland ein Brutplatz bekannt ist, dann ist er alsbald weg.“
Er verweist auf den Bereich am Habichtscheid bei Bödefeld, wo ein Baum mit einem Horst „beseitigt“ worden sei, außerdem seien im Valmetal vier Jungvögel tot gefunden worden – gestorben entweder durch eine Infektion oder weil sie vergiftet worden seien, so Rampe.
Zweifel an Kröten-Vorkommen
Dem Ausbaggerungsprojekt des Ruhrverbandes steht der Verein „im Grundsatz nicht ablehnend gegenüber“, falls diese umweltverträglich durchgeführt werde. Die Naturschützer vermuten an den Teichen nämlich auch Vorkommen der streng geschützten Geburtshelferkröte. Auch das zweifelt der Kreis an: „Es gibt keine Hinweise, dass es an den Teichen eine Population gibt“, sagt Jürgen Uhl.
Hier gibt es eine Karte mit allen Windrädern in Südwestfalen
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