Meschede. . „Du musst selbst gläsern werden“ - so beschreibt Andre Wiese vom „Postkeller“ in Meschede die Anforderungen an den modernen Wirt von heute.

Wenig Privatleben, um 17 Uhr den zweiten Job anfangen, Wochenenddienste, wenn andere feiern gehen. Was nicht sehr angenehm klingt, ist für Andre Wiese Alltag, denn er hat sich den Traum von der eigenen Kneipe verwirklicht, schon mit Anfang 30.

„Man liebt es oder man hasst es“, erklärt Wiese mit trockenem Humor die Situation. „Es muss Spaß machen, deswegen steht auf dem Dienstplan fast immer: Andre.“

Zwischen Original und Tradition

Für Wiese ist der Beruf als Wirt abwechslungsreich, da „jeder Jeck anders ist und seine ganz eigene Persönlichkeit hinter dem Tresen mitbringt.“ Aus diesem Grund änderte er auch einige Dinge im „Postkeller“, seit er ihn im Oktober 2014 übernommen hatte. „Dinge kopieren schafft man eh nicht. Jeder ist sein eigenes Original und das zeigt sich auch“, erklärt der Wirt seine Strategie.

Angst, das alte Stammpublikum zu verlieren hatte der Novize nicht, denn untereinander kennt man sich in Meschede – und solange das Bier noch so gezapft wird wie früher, kommen laut dem Mescheder auch die bekannten Gesichter.

Eine Tradition bewahrt er auf jeden Fall. Denn auch in seinen vergleichsweise jungen Augen ist der Wirt noch immer – wenn nötig – Therapeut und hat absolute Schweigepflicht. Die gilt auch für ein von Wiese persönlich geführtes Buch über die verrücktesten Ereignisse in seiner Kneipe. Leider bleibt auch der Presse ein Einblick darin verwehrt: Kneipengeheimnisse eben.

Neue Kunden, neue Anforderungen

Dafür sagt Wiese aber freimütig, was es seiner Meinung nach braucht, um sich als junger Wirt in einer Stadt zu etablieren. Die Kunden seien heute seiner Erfahrung nach viel informierter, da oft in Blick ins Internet genüge, um an Daten heranzukommen. Im Zeitalter der sozialen Netzwerke habe sich dadurch auch die Werbung geändert.

Ohne Präsenz im Internet glaubt Wiese nicht, dass man eine große Chance als Wirt habe: „Vor 15 Jahren hat sich niemand um Werbung kümmern müssen.“ Die neue Informationsvielfalt sorge dafür, dass Ausgehen viel gezielter stattfindet. Das hat Folgen: „Aus diesem Grund muss du selbst auch gläsern werden. Das sind nicht mehr die 90er Jahre, wo du irgendwo reingegangen bist. Kunden sind bereit, für einen Cocktail bis nach Dortmund zu fahren“, erklärt Wiese die neue Denkweise der Gäste. Aufgrund des geänderten Ausgehverhaltens müsse man offen für jede Zielgruppe sein. Dementsprechend stark variiert auch das Publikum in seiner Kneipe. Vom Abi-Treffen bis zur entspannten Flammkuchen-Runde ist alles vertreten.

Das nächste Projekt kommt

Für Wiese soll es aber nicht bei der Kneipe bleiben. Er plant und baut derzeit mit dem „H1“ eine neue Event-Gastronomie am Hennesee. Sie wird aber einen anderen Schwerpunkt haben als der Postkeller. Das Dasein als junger Wirt scheint ihm also tatsächlich zu gefallen. Für den Erfolg in der Branche braucht es seiner Meinung nach „Überzeugung, Authentizität, und eine gute Lage. Aber der Kunde stimmt schlussendlich mit den Füßen ab.“

Was ein junger Wirt unbedingt mitbringen muss? „Freundlichkeit, Flexibilität und Mut.“ Seine Entscheidung, sich im jungen Alter bereits hinter die Theke zu stellen, hat er nie bereut. Er würde auch anderen dazu raten, die den gleichen Traum haben. „Ich fühle mich hier pudelwohl“, fasst der Wirt die Situation zusammen.

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