Gleidorf. . Ursula Groß ist zur neuen Pfarrerin der Kirchengemeinde Gleidorf gewählt worden. Diese Wahl kann ihr bei Gegenwind den Rücken stärken.
- Bis zur offiziellen Einführung werden noch einige Wochen vergehen
- Auch die Evangelische Kirche spürt den Fachkräftemangel
- Kirchengemeinden sind froh, wenn sich auf offene Stellen jemand bewirbt
In Gleidorf hat gestern ein Gottesdienst stattgefunden, bei dem Mitglieder des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Gleidorf in einer Wahl über die Besetzung der Pfarrstelle entschieden haben. Ursel Groß, zuständig für viele Hochsauerländer Einrichtungen, war die einzige Bewerberin, die sich beworben hatte. Mit einer Mehrheit an Ja-Stimmen wurde sie zur neuen Pfarrerin gewählt. An den nächsten beiden Sonntagen wird das Ergebnis in den Gottesdiensten der Gemeinde bekannt gegeben. Wir sprachen vorab mit Pfarrer Stefan Berk, der als Superintendent der leitende Theologe des Wittgensteiner Kirchenkreises ist, zu dem auch die Gleidorfer Gemeinde gehört. Er erläuterte das Vorgehen bei einem Wahlgottesdienst in der evangelischen Kirche.
Was passiert genau in einem Wahlgottesdienst?
Superintendent Stefan Berk: Das Presbyterium - das gewählte Parlament einer Ortsgemeinde - entscheidet in geheimer Abstimmung, wer die offene Pfarrstelle bekommen soll. Nach einem normalen Gottesdienst, der vom Superintendenten - dem leitenden Pfarrer eines Kirchenkreises - gehalten wird, gibt jedes Mitglied seine Stimme schriftlich ab. Danach werden die Stimmen öffentlich ausgezählt und das Ergebnis wird bekannt gegeben. Bis zur Einführung vergehen dann aber noch einige Wochen, weil Einspruchsfristen abgewartet werden müssen - es geht bei einem Pfarramt ja um mehr als einen Job.
„Froh, wenn wenigstens eine Bewerbung kommt“
Wie sieht es bei den Kandidaten aus?
Bis vor einigen Jahren gab es häufig zwei oder sogar drei Kandidaten oder Kandidatinnen, die zur Wahl standen. Inzwischen sind die Kirchengemeinden froh, wenn sie wenigstens eine interessante Bewerbung bekommen. Der berüchtigte Fachkräftemangel vor allem in ländlichen Regionen ist auch in der Evangelischen Kirche zu spüren.
Welche Bedeutung hat dieser Wahlgottesdienst innerhalb der evangelischen Kirche?
Es ist altes protestantisches Prinzip, dass die Kirchengemeinde vor Ort ihren Pfarrer oder ihre Pfarrerin selbst wählt. Denn die Verantwortung für die Gottesdienste und alle gemeindlichen Angelegenheiten liegen beim Presbyterium. Dieser alte demokratische Grundsatz drückt sich in der Pfarrwahl sehr deutlich aus - und umgekehrt bedeutet das für die gewählte Pfarrerin, den gewählten Pfarrer: Sie oder er kann sich immer auf eine ordentliche Wahl berufen, auch wenn es mal Gegenwind in der Gemeinde gibt. Das stärkt seine Position, und das ist gut so.
Kann eine Gemeinde auch mitbestimmen, wenn sie einen Pfarrer oder eine Pfarrerin nicht mehr will? Und wie ist dann der Weg?
In unserer westfälischen evangelischen Kirche ist die Abberufung eines Pfarrers oder einer Pfarrerin eine sehr aufwändige und schwierige Angelegenheit. Das ist nach 1945 ganz bewusst so eingeführt worden, weil man während der Nazi-Diktatur die böse Erfahrung gemacht hatte, dass Pfarrer, die politisch nicht ins Bild passten, einfach abgesetzt wurden.
„Konflikte durch Gespräche mit Beteiligten lösen“
Wie stehen Sie dazu?
Das Prinzip ist auch heute noch gut, damit ein Pfarrer oder eine Pfarrerin nicht von einer aktuellen Meinung eines Presbyteriums abhängig ist, wenn es um Verkündigung, um Gottesdienste, um theologische Fragen geht. Diese große Portion Freiheit in diesem Amt ist notwendig und sorgt für eine gute Unabhängigkeit. Und wenn es wirklich mal so weit kommt, dass eine Gemeinde und ein Pfarrer oder eine Pfarrerin nicht mehr miteinander auskommen, gibt es ein paar Wege - auch wenn die zugegebenermaßen kompliziert und langwierig sind. Deshalb versuchen wir immer, solche Konflikte durch Gespräche mit allen Beteiligten zu lösen, und das gelingt auch in der Regel.
Das ist die neue Pfarrerin
Pfarrerin Ursula Groß ist 57 Jahre alt und wohnt derzeit in Hilchenbach (Siegerland). Aufgewachsen ist sie in Herdecke-Kirchende am Rand des Ruhrgebietes.
Einschließlich ihres Vikariat war sie 22 Jahre in der Kirchengemeinde Kreuztal tätig. Zum 1. August 2008 wechselte sie in den Kirchenkreis Wittgenstein.
Zuständig is sie für folgende Einrichtungen im Hochsauerland: Seniorencentrum St. Raphael, Haus Monika, Seniorenwohnen im Park, Kliniken in Bad Fredeburg, Haus auf der Insel in Oberkirchen, Störmanns Hof in Eslohe sowie für Vertretungsdienste in der Kirchengemeinde Gleidorf und in der Kirchengemeinde Dorlar.
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