Wehrstapel-Heinrichsthal. Viele Vereine klagen über Nachwuchssorgen. In Heinrichsthal-Wehrstapel ist es anders. Das zeigt ein Beispiel.

Der Doppelort lebt wie die meisten Dörfer in der Region vor allem durch seine Vereine. Sie sind Antrieb und Motor. In Wehrstapel gibt es eine Besonderheit - eine extrem aktive junge Gemeinschaft: Die KJG besteht seit 47 Jahren und betreut rund 70 Kinder. Fürs Zeltlager finden sich dazu jedesmal 50 - ebenfalls junge Leiter - im Alter zwischen 18 und 27 Jahren. Die KJG schafft eine Sache, auf die andere Vereine sicher neidvoll blicken: Die meisten Jugendlichen wachsen vom einfachen Gruppenmitglied langsam in die Leiterfunktion hinein. Meist gibt es sogar mehrere Kandidaten für die Vorstandswahl. Eine Truppe, auf die Ortvorsteher Fritz Kramer zu recht stolz ist.

Einmal im Jahr ist Wehrstapel ausgestorben – wenn die Kinder und Jugendlichen mit der KJG ins Zeltlager fahren. Wie wichtig ist solch ein Angebot mit Blick auf den Zusammenhalt im Ort und das Vereinsleben?

Fritz Kramer: Wenn die Gruppe ins Zeltlager fährt, ist das halbe Dorf auf den Beinen. Ein bisschen ist das dann hier so, als wäre der Rattenfänger durch den Ort gezogen und hätte alle Kinder mitgenommen. Wir freuen uns dann, wenn wir wenigstens Ferienkinder in der Schützenhalle haben. Aber ansonsten verbindet natürlich das gemeinsame Zeltlager. Das sind Erlebnisse, die prägen fürs ganze weitere Leben. Jeder hat dort seine Aufgabe, und wer aus der Rolle fällt, muss sich auch verantworten. Das ist schon seit mehr als 40 Jahren so.

In vielen Orten klagt man darüber, dass es immer die Gleichen sind, die sich engagieren. Wie gewinnt man neue Ehrenamtliche für die Vereine?

Am besten ist es, wenn man reinwächst. In Wehrstapel und Heinrichsthal sind die Vorstände super besetzt. Es kommen immer tolle neue Leute nach. Da haben wir wirklich keine Probleme. Bei der KJG läuft es ähnlich, da bekommen schon die Kleinen erste Aufgaben für die Gruppe.

Wehrstapel-Heinrichsthal ist ein Doppelort – welche besondere Bedeutung haben da die Vereine?

Eigentlich sind wir ja sogar ein Ort, geteilt in drei Teile, denn die Ruhr teilt Wehrstapel ja auch noch mal. Vereine sind die Basis dieser Gemeinschaft. Ob Pfarrgruppen, Elternverein, Schützen oder Sportler - ohne sie würde das Dorfleben nicht stattfinden. Übers Jahr gibt es durch sie viele Angebote, die jeden ansprechen.

Vereinsvorstände klagen darüber, dass die Verantwortung und die bürokratische Belastung zunimmt – sehen Sie das ähnlich. Gibt es Ideen, wie man das ändern kann?

Das ist in einigen Bereichen ein echtes Problem. Vor allem bei den Schützen, wenn es um Sicherungsauflagen geht, am Schießstand oder bei den Umzügen. Das ist schon grenzwertig, was so ein ehrenamtlicher Vorstand da verantworten muss. Doch sonst empfinde ich das nicht als Belastung. Wenn es hier was praktisch zu erledigen gibt, dann packt der Dorfverein selbst an.

Ein Mittel zur Entlastung könnten Kooperationen sein, gerade erst hat Ihr Sportverein das erfolgreich mit Eversberg gezeigt. Ist das ein Allheilmittel für viele Probleme in den Vereinen – vom fehlenden Nachwuchs bis zur Vereinsführung?

Ein Allheilmittel sicher nicht, aber in vielen Bereichen kann uns das weiterbringen. Bei anderen ist es wichtig, dass die Aufgabe im Ort bleibt. Je größer die Räume werden, desto eher geht die Identifikation verloren. Wir brauchen die überzeugten Vereinsmitglieder und ihre aktive Mitarbeit auch hier vor Ort.

Was beschäftigt den Ort gerade abseits vom Vereinsleben? Wo wünschen Sie sich Unterstützung der Kommune?

Das sind eigentlich Kleinigkeiten. Aber das Stellwerk-Häuschen mitten in Wehrstapel ist ein echter Schandfleck. Aber da bewegt sich die Bahn keinen Zentimeter. Wir haben schon angeboten, es zu mieten oder zu kaufen. Keine Chance. Das interessiert die nicht. Gefreut habe ich mich über die Entwicklung beim Sportplatz. Dort ist jetzt auch der Dorfmittelpunkt mit einer Feuerstelle und Outdoor-Trimmgeräten als IKEK-Projekt geplant. Und schön ist auch, dass sich das Baugebiet Holzborn nun langsam füllt. Es war zu überdimensioniert geplant und die verpflichtende Nahwärme hat viele abgeschreckt. Mittlerweile rücken auch bei der Stadt die Dörfer wieder mehr in den Fokus. Zuletzt hatten wir viel Kernstadt-Politik. Man muss aber auch sehen: Von einer attraktiven Kernstadt profitieren wir alle.