Calle. . Bei den Vorwahlen setzte er sich für Bernie Sanders ein, jetzt drückt John Grosser die Daumen für Hillary Clinton. Im Interview erklärt er, warum das so ist.

  • Sauerländer mit US-Pass besucht Wahlparty in einer Kölner Taco-Bar
  • Er sagt: „Es gibt nur wenige Skandale, die Trump etwas anhaben können“
  • Der Aufstieg von Trump ist aus Sicht von John Grosser kein amerikanisches Problem

Hillary Clinton oder Donald Trump: Amerika wählt einen neuen Präsidenten. Einer fiebert besonders mit: John Grosser (24) aus Calle. Er hat den deutschen und den amerikanischen Pass.

Am Dienstag wird gewählt. Wie verbringen Sie die Wahlnacht?

John Grosser: Ich bin Mitglied der Democrats Abroad. Wir veranstalten eine Wahlparty in einer Kölner Taco-Bar. Ein Gefolgsmann von Trump hat gesagt: Wenn die Mexikaner einwandern, stehen an jeder Straßenecke mexikanische Taco-Wagen. Das soll eine Anspielung darauf sein, wir machen uns sozusagen ein wenig lustig darüber.

Nach den ganzen Skandalen rund um Donald Trump: Hat er noch eine Chance auf das Amt?

Ich habe bemerkt, und das ist in den letzten Wochen und Monaten klar geworden, dass es nur wenige Skandale gibt, die Trump etwas anhaben können. Er äußert sich rassistisch und sexistisch, will die Folter wieder einführen und lehnt es nicht ab, wenn Gegner der USA mit Spionage gegen die Amerikaner vorgehen. Und trotzdem bekommt er viele Prozente bei den Umfragen und viele Stimmen. Für uns in Deutschland wirkt das total absurd. In Amerika ist die Stimmung aber so polarisiert, dass die, die die Republikaner wählen, immer die Republikaner wählen, egal, welcher Kandidat aufgestellt ist. Wir dürfen auch nicht denken, das ist nur ein Witz, den nehmen wir nicht ernst. Er hat in den Reihen der Republikaner viele Unterstützer. Wir müssen Trump ernst nehmen.

Hillary Clinton hat auch keine weiße Weste, was ihr Image angeht. Schadet das beim Stimmenfang?

Clinton wird seit 30 Jahren gezielt von den Republikanern angegriffen. In der E-Mail-Affäre gab es lange Untersuchungen unter einem republikanischen FBI-Chef. Ihr kann aber keine Straftat und kein kriminelles Verhalten nachgewiesen werden. Ihr werden Sachen angekreidet, eben diese E-Mails, die andere Minister auch gemacht haben. Auf Portalen wie Wikileaks wird immer verbreitet: Es gibt neue Mails von Clinton. Schaut man sich diese aber an, sieht man, wie sie mit Nobelpreisträgern spricht oder fragt, wie man ein kleines Mädchen aus Haiti holen kann, damit es in den USA Zugang zu Bildung bekommt. Diese E-Mails beeinflussen also nicht die Wähler, weil Clinton falsch gehandelt hat, sondern weil die Wähler falsch informiert sind.

Würden Sie den Medien dafür die Schuld geben?

Die Medien bauschen natürlich vieles auf. Bei dieser Wahl ist es ja so, dass sich alle nur noch anschnauzen, so wird es eben gesagt. Clinton veröffentlicht mehrere 10 000 Worte zu ihrem Programm, zum Umweltschutz oder dass man ein Heilmittel gegen Alzheimer finden muss. Die Medien berichten davon nichts, weil es eben nicht interessant ist. Neue Mails sind interessant. Donald Trump und seine Beleidigungen sind interessant. Das ist das Spannende. Die Wählerschaft schaltet auf einen anderen Sender, wo Trump jemanden beleidigt, statt auf dem zu bleiben, wo es um Inhalte geht.

Wie konnte Donald Trump so weit kommen? Liegt das an der Mentalität der Amerikaner?

Das ist kein amerikanisches Problem. In Großbritannien sind die Menschen auf nationalistische Parolen reingefallen. Da wurde versprochen, statt Millionen Pfund nach Europa zu schicken, soll es in die Gesundheitschecks fließen. Dann kommt der Brexit und davon ist keine Rede mehr. In Deutschland bekommen nationalistische Parteien deutlich zu viele Stimmen, in Frankreich ist es noch extremer. Auf den Philippinen herrscht jemand wie Trump, Duterte, der Barack Obama beleidigt. Donald Trump verspricht, hochkomplexe Probleme, an denen andere Menschen jahrelang feilen und arbeiten, zu lösen, indem er sagt: Ich bin toll, ich mache das, ich löse das. Seine Wähler sind nicht dumm, sie hoffen nur, dass die Probleme wirklich so leicht gelöst werden können.

Was passiert, wenn Donald Trump nun doch Präsident wird? Was wären die ersten spürbaren Auswirkungen?

Der ganze Fortschritt aus den letzten Jahren wird verloren sein. Unter Barack Obama wurden exekutive Anordnungen erlassen, obwohl der Kongress ihn blockiert hat. Weil aber eben der Kongress diese Anordnungen nicht abgesegnet hat, können diese vom nächsten Präsidenten rückgängig gemacht werden. Wie zum Beispiel die Verschärfung der Waffengesetze. Außerdem würde Amerikas Stand in der Welt radikal sinken. Jemand der Folter einführen will und Saudi-Arabien nukleare Waffen zur Verfügung stellen möchte, wird in der Weltbevölkerung nicht mehr respektiert.

Und wie wäre es mit Hillary Clinton als Präsidentin?

Das beste Wort wäre: Stabil. Es wäre ein Übergang von einer demokratischen Regierung in die nächste demokratische Regierung. Clinton würde intelligent und gezielt Lösungen aus den vergangenen Jahren weiterführen, verbessern, perfektionieren. Sie würde sich in Verbindung mit den Demokraten und den Republikanern für Amerika einsetzen.

Was würden Sie den amerikanischen Wählern gerne sagen?

Geht wählen!