Meschede.

Das Kirchenleben kann im Gegensatz zu gängigen Vorurteilen auch erfrischend anders sein. Einen Beweis dafür liefert Meschede. Im Gemeinsamen Kirchenzentrum leben die katholische und die evangelische Gemeinde unter einem Dach. Am Sonntag wird das gefeiert. Einer der Mitbegründer ist der evangelische Pfarrer Hartmut Köllner.

Herr Köllner, wie gestaltet sich das Zusammenleben mit zwei konfessionellen Gemeinden unter einem Dach?

Hartmut Köllner: Die Gemeinden arbeiten sehr unkompliziert zusammen. Ganz wichtig ist im gemeinsamen Haus der Kalender des Hausmeisters, in dem die Wünsche der beiden Gemeinden aufeinander abgestimmt werden. Es gibt zwei Gremien. Die eine Gruppe beschäftigt sich mit dem Betrieb und der Organisation des Hauses. Die andere Gruppe ist die ökumenische Planungsgruppe, die für die inhaltlichen Punkte des Gemeinsamen Kirchenzentrums zuständig ist. Diese veröffentlicht alle drei Monate den sogenannten ökumenischen Kalender. Zudem gibt es, je nachdem, was für Projekte anstehen, verschiedene Projektgruppen zur Vorbereitung und Umsetzung der Projekte. Außerdem gibt es auch dauerhafte Planungsgruppen. Die jüngste Projektgruppe verantwortet den monatlichen ökumenischen Gottesdienst, der sich „kreuz & quer- ökumenischer Gottesdienst für Suchende, Fragende und andere gute Christen“, nennt. Das innovative Projekt begeistert uns und spricht auch Menschen an, die im Leben der Gemeinden nicht oder nicht mehr vorkommen.

Wie entstand die Idee, ein gemeinsames Kirchenzentrum einzurichten?

Im Jahr 1969 bin ich nach Meschede gekommen. In der Mescheder Gartenstadt hatte sich damals eine Gruppe gebildet, die für die vielen jungen Familien im Neubaugebiet einen Kindergarten forderten. Das brachte die beiden Gemeinden an einen Tisch. Die spontane Idee, ein gemeinsames Kirchenzentrum zu bauen, trug ich mit Eckhard Gerber dem katholischen Pfarrer Franz-Josef Grumpe vor, der sich schnell auf den Gedanken einließ. Wir begannen zu planen. Zunächst dachten wir ganz traditionell an eine Kirche und ein Gemeindehaus. Am Ende haben wir den Bereich zwischen den Gebäuden überdacht und ein großes Foyer geschaffen, das dem Haus seinen Charme gibt. In verschiedenen Bauabschnitten entstanden der Kindergarten, der „AKI“ und das Gemeinsame Kirchenzentrum, das wir dann im September 1976 einweihten. An der Planung der neuen Mitte für den Stadtteil beteiligten sich auch die Stadt und die Siedlungs- und Baugenossenschaft, um die Nahversorgung zu sichern.

Wie würden Sie die Beziehung zwischen der katholischen und evangelischen Gemeinde, die unter einem Dach zusammenleben, beschreiben?

Wir haben eine offene, freundschaftliche Beziehung. So können viele Fragen, ob inhaltlich oder baulich, unkompliziert und problemlos gelöst werden. Jede Gemeinde besitzt einen Teil des Hauses und wir nutzen alle Bereiche gleichberechtigt.

Was war für Sie in den letzten 40 Jahren ein besonders schöner Moment oder Tag?

Es gab viele schöne Momente. Es gäbe viel zu erzählen. Besonders schön war der Tag, an dem ich 2004 aus dem Pfarramt verabschiedet wurde. Da kam so vieles zusammen und da wurde so viel lebendig.

Was bleibt für Sie in nicht so guter Erinnerung?

In der katholischen und evangelischen Gemeinde gibt es weniger Personal. So musste das Angebot an Gottesdiensten in beiden Gemeinden stark reduziert werden.

Wie würden Sie zurückblickend die Entwicklung des Gemeinsamen Kirchenzentrums beschreiben und bewerten?

Das gemeinsame Haus wurde mitten im kurkölnischen Sauerland zu einem Ort gelingender lokaler und regionaler Zusammenarbeit und zum ökumenischen Vorzeigeobjekt. Es gab unterschiedliche Phasen der Arbeit im Haus. Die wechselnde Anzahl der Kinder im Quartier prägte die Arbeit ebenso wie die unterschiedlichen Migrationsströme, die uns erreichten. Weil das Haus sich sehr gut für die Bildungsarbeit eignet, wurde es von der Katholische Kirche zum „Bild-Punkt“ erklärt. Auch der Evangelische Kirchenkreis hat das Haus mit seinen Möglichkeiten entdeckt. So nutzt er es intensiv für die Proben der Chöre der Stiftung Kirchenmusik im Sauerland.

Abschließend: Welche Perspektive hat das Gemeinsame Kirchenzentrum?

Beide Gemeinden müssen klären, welche Bedeutung das Haus in Zukunft haben soll. Hält die Tendenz der Zentralisierung der Arbeit in der Kernstadt an, dann geht das auf Kosten der Nähe zu den Menschen. In der Ordnungspartnerschaft und in der Stadtteilkonferenz haben die Gemeinden gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen viele Probleme im Stadtteil gelöst. Beim Stadtteil-Fest am Sonntag werden sie wieder zusammenarbeiten. Das sollte auch weiter gepflegt und entwickelt werden.