Bestwig/Meschede. . Spucken. Pöbeln. Drohen. Mangelnder Respekt gegenüber der Polizei gibt es nicht nur in Großstädten. Auch im Sauerland ist sie spürbar gestiegen, sagt Polizei-Pressesprecherin Bianca Scheer.

  • Respektlosigkeit gegenüber der Polizei nimmt auch im Hochsauerlandkreis zu
  • Soziale Netzwerke werden zunehmend zum Tummelplatz für Pöbler
  • Im Alltag mischen sich inzwischen selbst Unbeteiligte ein

In Velmede legt sich ein betrunkener Mann mit einem Polizeibeamten an, spuckt ihm vor die Füße und wehrt sich massiv gegen einen Abtransport zur Wache. In Meschede kommt es zu einer Massenschlägerei und die Kontrahenten finden in den Beamten einen weiteren Gegner. Auch dort muss sich die Polizei massive Beleidigungen gefallen lassen. Wir haben mit Polizei-Pressesprecherin Bianca Scheer über die Vorfälle gesprochen.

Zuletzt haben Ihre Kollegen aus den Großstädten verstärkt über den mangelnden Respekt gegenüber Polizeibeamten geklagt. Sind die beschriebenen Fälle im Sauerland noch die Ausnahme oder häufen sich auch hier solche Vorfälle inzwischen?

Bianca Scheer: Auch in den ländlichen Regionen ist mangelnder Respekt gegenüber Polizisten merklich spürbarer geworden. Nicht nur Betroffene, oft auch Unbeteiligte fühlen sich plötzlich berufen, sich in polizeiliche Maßnahmen einzumischen. Bei Unfallaufnahmen oder bei der Ahndung von Verkehrsverstößen werden getroffene Maßnahmen kritisiert und verurteilt, ohne überhaupt den genauen Hintergrund zu kennen. „Anstatt hier harmlose Bürger abzuzocken, sollten sie lieber Verbrecher jagen“, ist einer der Sätze, der öfter fällt. Dass der vermeintliche Bankräuber gerade in dem Augenblick nicht den Überfall begeht, der Autofahrer aber durch das Schreiben einer Nachricht auf seinem Handy genau da eine konkrete Gefahr für den Straßenverkehr darstellt, wird gerne so lange ausgeblendet, bis der Beschwerdeführer genau von so einem Autofahrer angefahren wird. Dann werden plötzlich die Stimmen laut, dass die Polizei nicht genug kontrolliert.

Bianca Scheer, Pressesprecherin der Polizei in Meschede.
Bianca Scheer, Pressesprecherin der Polizei in Meschede. © Privat / WP Meschede

Was denken Sie, wenn Sie solche Äußerungen hören?

Kritik ist gut und wichtig und wird von uns durchaus gewünscht, aber es kommt vor allem immer auf die Art und Weise an, wie sie vorgebracht wird - und mittlerweile auch, wo sie vorgebracht wird. Denn gerade die sozialen Netzwerken geben vielen Leuten eine Plattform, in einer Art und Weise über die Polizei zu urteilen, die mit sachgerechter Kritik nichts mehr zu tun hat und in Beleidigungen und Diffamierungen jeglicher Art endet. Auch das ist eine Form von Respektlosigkeit. Eine weitere und neuere Form der Respektlosigkeit ist das Filmen von polizeilichen Maßnahmen und Einsätzen. Aufforderungen, dies zu unterlassen, werden ignoriert. Die Maßnahmen werden zum Teil massiv behindert und selbst bei Unfällen mit Kindern machen diese Gaffer nicht Halt, wie man zuletzt in Hagen sehen konnte. Filmen statt helfen scheint hier das Motto zu sein, was den Grad der Respektlosigkeit meiner Meinung nach auch schon überschritten hat - spätestens dann, wenn man bei den Filmaufnahmen die Einsatzkräfte auch noch behindert.

Gibt es eine besondere Klientel, die der Polizei verstärkt respektlos gegenüber tritt?

Respektlosigkeiten, Beleidigungen und auch tätliche Angriffe gibt es aus allen sozialen Schichten, aus allen Bildungsständen, aus allen Nationalitäten und durch beide Geschlechter. Alkohol spielt dabei oft eine entscheidende Rolle. Er enthemmt und lässt einen Dinge tun oder sagen, die man in nüchternem Zustand so nie von sich gegeben oder getan hätte. Manchmal wäre es schön, wenn man die Leute dabei filmen könnte, um es ihnen am nächsten Tag einmal vorzuspielen. Viele würden sich selbst nicht wiedererkennen und in Grund und Boden schämen, wenn sie sehen könnten, wie sie sich benommen haben. Dennoch gibt es aber auch Fälle, wo einfach die persönliche Einstellung gegenüber der Polizei, geprägt durch politische Gesinnung, Herkunft oder Geschlecht Auslöser für Respektlosigkeiten und Beleidigungen sind.

Gehen einem Beamten solche Beleidigungen nahe oder ist man inzwischen schon abgehärtet?

Es kommt immer auf die Art und Weise der Beleidigungen an. Was wurde gesagt, wie wurde es gesagt, aber auch, wo wurde es gesagt.

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Wenn ein Betrunkener auf der Wache pöbelt „Ihr Bullen seid doch alle doof“, hört man das fast kaum noch, denn die Beleidigung zielt auf die Berufsgruppe an sich ab und hat auch keinerlei Außenwirkung. Schwieriger wird es schon, wenn die Beleidigungen persönlicher Natur sind und oft auch gerne noch mit Drohungen gegen die Beamtinnen und Beamten und sogar gegen deren Familien einhergehen. Da ist dann ein Punkt erreicht, wo viele nicht mehr weghören wollen und können und das ist auch richtig so. Alles muss man sich nicht gefallen und bieten lassen. Wo genau dieser Punkt bei jedem liegt, hängt von Art und Umfang der Beleidigung ab, von der eigenen Persönlichkeit, aber auch der Tagesform und auch von dem, der die Beleidigungen äußert. Manche Leute können mich einfach nicht beleidigen!

Hand aufs Herz, macht Ihr Beruf unter diesen Umständen überhaupt noch Spaß?

Definitiv ja. Denn auch wenn Pöbeleien, Respektlosigkeiten und Beleidigungen zugenommen haben, so führt uns unser Beruf auch immer noch oft genug mit netten Menschen zusammen, die sich darüber freuen, dass die Polizei ihnen in einer bestimmten Situation helfen konnte. Freundlichkeit ist glücklicherweise immer noch keine Ausnahme geworden und sollte auf jeden Fall auch immer auf Gegenseitigkeit beruhen.