Berge/Arnsberg. .
Fast zwei Jahre ist es her, dass ein Rentner (66) aus Berge bei einem - wie es die Staatsanwaltschaft Arnsberg bei der Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahren formulierte - „schicksalhaften Unfall“ auf dem Sauerlandradweg ums Leben kam. Die Hinterbliebenen wollen sich damit nicht abfinden. „Wir wollen endlich wissen, wie unser Vater zu Tode kam“, sagen Judith und Björn Brüggemann auf dem Flur des Landgerichts Arnsberg.
Wurde er am 22. Juli 2014 auf dem Radweg an der Wenne von Wenholthausen in Richtung Berge von einer umstürzenden und vorher nicht ordnungsgemäß kontrollierten Eiche erschlagen, wie sie behaupten, oder lag der Baum bereits auf dem Weg - und der begeisterte Rennradfahrer fuhr mit hoher Geschwindigkeit dagegen? So stellt es der Landesbetrieb Straßenbau dar. Die Familie des Rentners aus Berge hat die Behörde, der die Verkehrssicherungspflicht für den Radweg unterliegt, unter anderem auf Schadenersatz und Schmerzensgeld verklagt.
„Mein Vater kannte den Radweg aus dem Eff eff“, sagt Judith Brüggemann am Freitag nach der Verhandlung vor der 4. Zivilkammer und schaut ihren Bruder betroffen an („es kommt alles wieder hoch“). Die Frau weiter: „Nach zwei Jahren möchten wir endlich eine Antwort darauf haben, ob der Unfall zu verhindern gewesen wäre.“ Die Staatsanwaltschaft hat die Frage verneint, die Hinterbliebenen werfen dem Landesbetrieb dagegen vor, dass dessen Mitarbeiter bei der Baumschau die Eiche nicht ordnungsgemäß, weil nur vom Auto aus, kontrolliert zu haben. „Wären sie ausgestiegen und hätten den morschen Baum nur kurz angefasst, wäre der umgekippt“, sagt Bernhard Kraas, Rechtsanwalt der Familie.
Fronten verhärtet
Der Versuch einer außergerichtlichen Einigung ist gescheitert. Auch beim Gütetermin im Landgericht kommen beide Seiten nicht überein. „Das stelle ich mir bei der gegebenen Sachlage auch schwierig vor“, sagt Richter Pagel. Zur gegebenen Sachlage gehört auch, dass sich 14 Wochen nach dem Unfall („uns wurde zunächst immer gesagt, dass unser Vater von einem Baum erschlagen wurde“) plötzlich Zeugen aus dem Wohnort des Opfers meldeten und berichteten, dass die Eiche zum Zeitpunkt des Unfalls bereits auf dem Radweg gelegen habe. „Wir können uns nicht erklären, warum dies erst 14 Wochen nach dem Ereignis passiert ist“, sagt Anwalt Kraas. Zumal der Todesfall „Dorfgespräch Nummer 1“ gewesen sei, über ihn ausführlich in den Medien berichtet wurde und Plakate „Zeugen gesucht!“ aufgehängt wurden.
Urteil am 18. Juli
Es sind mehrere Gutachten erstellt worden. Die Anwältin des Landesbetriebs hat am Freitag beantragt, die Amtshaftungsklage seitens der Hinterbliebenen abzulehnen. Die Zivilkammer will am 18. Juli ihre Entscheidung verkünden.