Meschede. . Als Reaktion auf die Sex-Attacke in Meschede hat Landrat Dr. Karl Schneider die Polizei „ausdrücklich“ zu mehr Offenheit gegenüber der Presse aufgefordert. Das verlangte er bei einer Führungstagung der Polizei.
Landrat Dr. Karl Schneider hat die Polizei „ausdrücklich“ zu mehr Offenheit gegenüber der Presse aufgefordert. Das sagte Schneider, der auch Chef der Kreispolizeibehörde ist, bei einer Führungstagung der heimischen Polizei in Olsberg. Er reagiert damit auf den öffentlichen Umgang der Polizei mit der Sex-Attacke von zwei marokkanischen Asylbewerbern im Dezember auf zwei Frauen in Meschede. Der Landrat stellt klar: „Es gibt hier keinen Maulkorb-Erlass der Kreispolizeibehörde HSK und auch keine Weisung, irgendetwas zu verschweigen.“
Bekannt wurde der Vorfall, der sich bereits am 27. Dezember ereignet hatte, erst in der letzten Woche durch die Berichterstattung in dieser Zeitung. Auch der Landrat war darüber nicht informiert – auch er erfuhr davon bei der Zeitungslektüre. In der Zwischenzeit hat er sich informieren lassen. Er hat das Informationsverhalten als „unglückliche Verkettung“ empfunden.
So haben sich nach Auskunft der Kreispolizeibehörde die beiden Opfer am 27. Dezember bei der Polizei gemeldet, nachdem sie in der Fußgängerzone von den beiden Tätern begrapscht worden seien. Dies sei von der Polizei nicht öffentlich gemacht worden: Das geschehe bei Sexualstraftaten im Sinne eines ministeriellen Erlasses nur, wenn es für Ermittlungszwecke notwendig sei, ansonsten stehe der Opferschutz im Mittelpunkt. Denn viele Opfer von Sexualdelikten möchten nach wie vor keine Veröffentlichung. Für die Ermittlung war das aus Polizeisicht nicht notwendig, weil schnell zwei 21 und 20 Jahre alte Asylbewerber als Täter feststanden – die da allerdings schon untergetaucht waren.
Andere interne Einschätzung
Zum Jahreswechsel ereigneten sich dann die vielen sexuellen Übergriffe in Köln. Die Nachfrage dieser Zeitung, ob sich Ähnliches hier abgespielt habe, wurde von der Polizei-Pressestelle verneint. Hintergrund dafür sei eine andere polizeiinterne Einschätzung gewesen – im Grunde ein Missverständnis: „Es war nicht beabsichtigt, der Presse nichts davon zu erzählen. Hier hat es keine bewusste Vertuschung gegeben.“ Denn Köln wird intern als „Tumultdelikt“ geführt. Solche Tumulte aber hat es im HSK nicht gegeben, wohl aber das Sexualdelikt aus dem Dezember, das allerdings mit den Vorfällen von Köln kaum zu vergleichen sei. Der Landrat sagt: „Das war eine Frage der Einordnung. Man hätte auch zu einer anderen Einschätzung kommen können.“ Als Konsequenz habe er eine größere Sensibilisierung innerhalb der Polizei gefordert. Er meint: „Meine Devise ist: Aus Behörden wird sowieso alles bekannt. Sagt es dann besser so früh wie möglich.“
„WE-Meldungen“ für den Polizeichef
Zu den Details des Mescheder Vorfalls nimmt der Landrat keine Stellung: „Das ist operatives Geschäft der Polizei. Es ist nicht meine Aufgabe, Polizeiakten zu bewerten.“ Als Chef der Kreispolizeibehörde wird er von der Polizei bei bestimmten Bedrohungsfällen oder bei Todesfällen eigens über eine so genannte „WE-Meldung“ unmittelbar informiert – WE steht dabei für „Wichtiges Ereignis“. Was wichtig ist, entscheidet die Polizei. Diese Meldungen, zuletzt beispielsweise beim SEK-Einsatz in Arpe, erreichen ihn in der Woche direkt im Büro im Kreishaus oder am Wochenende bzw. am Abend per Fax zuhause. Schneider muss den Erhalt auch quittieren. Die gleichen WE-Meldungen gehen auch an das Innenministerium in Düsseldorf. Als wichtiges Ereignis wurde der Vorfall von Meschede nicht eingestuft.