Südwestfalen. . Die Nennung der Nationalität von mutmaßlichen Tätern ist ein heikles Thema. Eine Schweige-Anweisung gibt es nicht, es kommt auf den Einzelfall an.

  • Nach den Übergriffen in der Silvesternacht hat die Kölner Polizei die Herkunft der Täter lange verschwiegen.
  • Wann die Nationalität eines Verdächtigen zu nennen ist – das ist für die Polizei-Pressesprecher auch in Südwestfalen keine leichte Entscheidung.
  • Verschweigen dient häufig nicht dem sozialen Frieden, heißt es.

Die junge Frau konnte knapp entkommen. Sonntagnacht in Arnsberg unterwegs, näherte sich der 20-Jährigen im Dunkeln ein Mann, forderte sie auf stehen zu bleiben, schubste sie, rief ihr zu, sie solle sich ausziehen. Die Frau trat nach ihm, konnte davonrennen. Der Verdächtige: „vermutlich Deutscher“. So steht es in der Pressemitteilung der Kreispolizeibehörde.

Die Nationalität wird genannt, so Polizeisprecher Ludger Rath. Und zwar immer dann, wenn es – wie auch in diesem Fall – für einen Fahndungserfolg wichtig ist. Oder wenn ein „überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht“, so steht es im Medienerlass des Düsseldorfer Innenministerium aus dem Jahr 2011, ergänzt Jörg Baum, Pressesprecher der Kreispolizei Siegen-Wittgenstein. Eine Schweige-Anweisung, die Nationalität von mutmaßlichen Tätern nicht zu nennen, gebe es nicht, hat Minister Ralf Jäger (SPD) betont.

Eine Gratwanderung für die Polizei

Wann aber besteht ein solches überwiegendes Informationsinteresse? „Das ist immer eine schwierige Entscheidung“, räumt Ludger Rath ein. Die Kölner Polizei hat sie offenbar falsch getroffen: Nach den Überfällen in der Silvesternacht ist sie in die Kritik geraten, weil sie Hinweise auf die Herkunft der Täter nicht veröffentlich hatte.

Verschweigen – das sei gerade im ländlichen Raum fatal, erklärt Frank Meiske, Polizei-Pressesprecher im Kreis Soest. Wenn ein Asylbewerber als Täter verdächtigt wird, macht er dies immer dann öffentlich, wenn es sich um eine herausragendes Delikt handelt oder die Tat für die Öffentlichkeit sichtbar gewesen ist. Denn in den kleinen Kommunen des Kreises spreche sich ohnehin schnell herum, ob der Täter aus der Asylbewerberunterkunft komme, erklärt er. Wenn er das nicht klar benenne, fühlten sich viele Bürger verschaukelt. „Das dient dann auch nicht dem sozialen Frieden“, so Meiske.

Den Eindruck, dass mittlerweile offener von den Pressestellen kommuniziert wird, woher Täter kommen als vor wenigen Jahren noch, will Ludger Rath aus dem Hochsauerlandkreis nicht ganz wegwischen: Mit der steigenden Zahl der Flüchtlinge gebe es zum einen mehr potenzielle Täter ausländischer Herkunft, auch wenn die Flüchtlinge im Vergleich zur deutschen Bevölkerung nicht überproportional häufig straffällig würden.

Zum Schutz der Zuwanderer

Es gebe aber auch ein gesteigertes Interesse „zu differenzieren“, so Rath. Denn die Herkunft der Täter zu veröffentlichen, kann auch dem Schutz der großen Mehrheit der Asylbewerber und Zuwanderer dienen, die sich hier gesetzestreu verhalten, erklärt Frank Meiske. Sonst bestehe die Gefahr, dass Gerüchte entstünden und jedes Vergehen den Menschen in den Asylunterkünften zugeschrieben werde, so Meiske. Und so hat Ludger Rath im Hochsauerlandkreis auch über einen zweiten Fall von sexueller Belästigung am Wochenende berichtet – begangen durch einen „Zuwanderer“. Auf Nachfrage erklärt er, dass der Mann aus Afghanistan stammt.

In der Stadt Hagen dagegen, gibt man sich zumindest bei Erfolgsmeldungen, wenn also ein mutmaßlicher Täter geschnappt worden ist, zugeknöpfter. Dann wird die Nationalität nicht genannt, erklärt Polizeisprecher Tino Schäfer: „Das ändert an der Tat nichts. Wir wollen niemanden stigmatisieren.“