Meschede. . Es hatte was vom Film „Grasgeflüster“: Mitten in einem Dorf wird Marihuana in einem Haus angebaut - nur anders als im Film riefen Nachbarn die Polizei.

Oberstaatsanwalt Thomas Poggel glaubt, dass die Täter einen entscheidenden Fehler gemacht haben: „Die haben das Sauerland unterschätzt.“ Mitten in Eversberg hatte eine Bande in einem Haus über mehrere Wochen eine riesige Marihuana-Plantage betrieben – bis eines nachts im April dieses Jahres die Polizei von Anwohnern alarmiert worden war, weil sie Sorge vor Einbrechern hatten. Drei Männer, die dabei gestellt worden waren, saßen gestern auf der Anklagebank des Schöffengerichts. Sie müssen in Haft.

Auf eine bessere Zukunft gehofft

Die Angeklagten sind 26, 32 und 33 Jahre alt, sie stammen aus Vietnam und hatten auf eine bessere Zukunft in Europa gehofft. Viel berichten sie nicht darüber, wie sie nach Eversberg gekommen sind. Nur so viel ist bekannt: Die Männer waren mit Visum offiziell in die Tschechische Republik eingereist, dort sind sie später angeworben worden: Sie könnten im Hochsauerlandkreis in der Gastronomie arbeiten, versprachen ihre Auftraggeber.

Stattdessen fanden sich die Männer im Drogen-Haus von Eversberg wieder. Sie gingen kaum vor die Tür, zogen sich tagsüber zurück, vor allem nachts begann ihre Arbeit: Wässern, düngen, Wärmelampen ausrichten, ernten und verpacken – die Geräusche kamen den Nachbarn zunehmend merkwürdig vor. Mehr als 2000 Hanfpflanzen befanden sich vom Keller bis zum Dachboden in dem Haus, Gewicht etwa 32 Kilogramm.

Die Männer hatten durchaus gärtnerisches Talent: Das Labor der Polizei bescheinigte ihnen, beste Qualität hergestellt zu haben. Wert der kompletten Ware im Straßenverkauf: etwa 500 000 Euro. „Für mich war es eine Befreiung, als die Polizei kam“, sagte einer der Angeklagten. Er will schnell wieder nach Hause, zu Frau und seinen Kindern. Ausgenutzt sei er worden, sagte ein anderer. Der dritte Angeklagte erklärte, er habe keine Arbeit in Tschechien gehabt. Für ihn sei die kommende Abschiebung nach Vietnam die schlimmste Strafe.

Dazu wird es kommen, wie Oberstaatsanwalt Thomas Poggel erläuterte: Nach etwa der Hälfte der Haftzeit werden die Angeklagten in ihre Heimat ausgewiesen. Zu jeweils drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilte das Schöffengericht die Angeklagten. Sie hatten ein Geständnis abgelegt – und im Gegenzug nach Verhandlungen von Staatsanwaltschaft, Gericht und Anwälten die Aussicht auf die vergleichsweise milde Strafe bekommen.

Spur verliert sich

Wer die Hintermänner der Erntehelfer waren, das bleibt unbekannt. Der Vermieter des Hauses hatte weiter untervermietet – hier verliert sich die Spur. Und dann war da noch ein Wagen mit niederländischem Kennzeichen, der kurz nach der Entdeckung der Drogen-Plantage in Eversberg aufgetaucht war. Waren hier die Auftraggeber unterwegs, um die fertig abgepackten Pakete abzuholen? Die Polizei konnte damals nur das Kennzeichen des Wagens anhand einer Überwachungskamera an einer Tankstelle ermitteln. Ergebnis: Es war ein Mietwagen, die angegebenen Personalien der Fahrer waren falsch.